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AtommüllSämtliche radioaktive und verseuchte Materialien, die bei der Nutzung von Radioaktivität durch den Menschen anfallen und keine weitere Verwendung finden, werden A. genannt. Hierzu zählen kontaminierte Arbeitskleidung (Kontamination) genauso wie abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken. Je nach Aktivität unterscheidet man schwachaktiven A. (Aktivität kleiner als 0,1 Curie/m3), mittelaktiven A. (0,1-1.000 Curie/m3) und hochaktiven A. (über 1.000 Curie/m3). |
Überall, wo mit radioaktiven Stoffen gearbeitet wird, entsteht A.: Forschung, Industrie (Lebensmittelbestrahlung, Leuchtfarben), Medizin (Nuklearmedizin, Strahlentherapie), Atomwaffenproduktion und vor allem im Kernkraftwerksbereich: Kernkraftwerk, Wiederaufarbeitung und Brennstoffkreislauf. A. muss so gelagert werden, dass keine radioaktiven Substanzen in die Umwelt gelangen und die von ihm ausgehende radioaktive Strahlung Menschen und belebte Umwelt nicht erreicht; die hierfür vorgesehenen Anlagen heißen Endlager. Das eigentliche Problem stellt der hochaktive A. dar, der fast ausschließlich aus dem Kernkraftwerksbereich stammt: abgebrannte Brennelemente aus dem Kernkraftwerk, die direkt endgelagert werden sollen, und A. aus Wiederaufarbeitungsanlagen (Brennstoffkreislauf). Der hochaktive A. muß die unvorstellbar lange Zeit von über 100.000 Jahren mit größter Sorgfalt von der Umwelt ferngehalten werden (Halbwertszeit). Die Wiederaufarbeitung vermindert durch die Plutoniumabtrennung die Aktivität des A. aus Kernkraftwerken lediglich um den Faktor 2-5 unter Beibehaltung der Plutoniumaktivität und führt zu hohen radioaktiven Belastungen beim Betrieb. Die Aktivität des A. ist bei direkter Endlagerung, wie auch nach Wiederaufarbeitung, erst nach einigen Mio Jahren auf die von Natururan abgeklungen. Endlagerung: Die Endlagerung ist weltweit ein nicht gelöstes Problem. Keines der 26 Länder, die mit Kernenergie arbeiten, hat bisher eine sichere, dauerhafte und politisch akzeptierte Lösung gefunden, den nuklearen Abfall zu beseitigen (World Watch Institute). Schwach- und mittelaktiver A. wird in Fässern in alten Bergwerken und Salzstöcken gelagert. Die Versenkung im Meer wurde 1984 weltweit gestoppt, da die benutzten Behälter nur wenige Jahrzehnte Sicherheit boten. Für hochaktiven A. sind Salzstöcke in Erprobung. Der hochaktive A. aus der Wiederaufarbeitung soll in verfestigter Form in Glasblöcke eingeschmolzen und in geringerer Menge in Beton- und Bitumenblöcke gegeben werden. Radioaktive Belastungen der Umwelt können entstehen, wenn die Behälter durch Strahlenbelastung und Hitze spröde werden oder gar brechen. Dabei können radioaktive Gase aus dem Salzstock entweichen. Die größte Gefahr besteht, wenn radioaktive Substanzen ins Grundwasser gelangen. Ob dies möglich ist, hängt ab von der geologischen Stabilität des Salzstocks (auch gegen Erdbeben), den Grundwasserströmen um den Salzstock und möglichen Strukturveränderungen des Salzes durch die Strahlung und hohe Wärmeabgabe des A.. Salzstöcke, z.B. in den USA oder in der BRD, die lange als sicher galten, zeigen bereits nach wenigen Jahren Grundwasserprobleme. Viele Länder werden gezwungen sein, bis weit ins 21. Jahrhundert den A. in oberirdischen Zwischenlagern (Brennstoffkreislauf) zu lagern. Situation in den alten Bundesländern: Da für hochaktiven A. noch keine Endlager existieren, wächst der A.-Berg an hochaktivem Müll jährlich um 600t. Bis zum Jahr 2000 werden sich etwa 7.500 t in Kompakt- und Zwischenlagern (Brennstoffkreislauf) angesammelt haben. Ob bis zum Jahr 2000 der Salzstock Gorleben (bei Hannover) als Endlager für hochaktiven A. zur Verfügung stehen wird, ist offen. Es zeichnet sich immer stärker ab, daß der Salzstock in Gorleben ungeeignet ist. Neben Topfrissen, die prinzipiell mit Betoninjektionen abzudichten sind, scheinen auch tektonische Risse vorzuliegen. Beim Jahreswechsel 1991/92 kam es zudem zu unerwarteten Salzlaugenzuflüssen. Versuche, den Salzstock gegen wasserführende Risse abzudichten, schlugen bisher fehl. Durch diese "Entsorgungspraxis" wird nach Angaben von Greenpeace von den drei Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague, Sellafield und Dounreay in 30 Betriebsjahren mindestens soviel Radioaktivität ins Meer abgegeben wie beim Atomunfall in Tschernobyl freigesetzt wurde. 97 Prozent aller radioaktiven Einleitungen in die Meere stammen in Nordeuropa aus den drei Wiederaufarbeitungsanlagen. Beispiel: Aus der WAA Sellafield gelangen täglich neun Millionen Liter radioaktive Abwässer in die Irische See. Aufgrund der Meeresströmung verteilen sie sich weiträumig: Nach weniger als neun Monaten erreichen sie die Nordsee, danach gelangen sie teilweise in die Ostsee, die Baltische See und sogar bis in die kanadische Arktis. Und die radioaktiven Frachten der Abwässer nehmen seit Jahren zu: Von 1993 bis 1995 leitete der WAA-Betreiber in Sellafield, die British Nuclear Fuels (BNFL), 27mal soviel radioaktives Technicium-99 ins Meer wie in vergleichbaren Zeiträumen zuvor. Die Bilanz von La Hague: Die eingeleitete Radioaktivität hat sich von 1989 bis 1995 verfünffacht. |