September 2001

Wasser-/Abwassernachrichten

(News-Archiv)

Patient Ostsee erholt sich langsam (14.2.2001)

Netzzeitung 14. Feb 09:27

In den letzten zehn Jahren haben die Baltischen Staaten mehr als 2000 Kläranlagen gebaut. Das Binnenmeer wird langsam sauberer.

RIGA. Das chronisch kranke Ökosystem Ostsee hat sich seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion etwas erholt. Inzwischen sind in den 1991 unabhängig gewordenen baltischen Staaten nach Angaben der Umweltministerien mehr als 2000 neue Kläranlagen aller Größen gebaut worden. Vorher lief das Abwasser aus Estland, Lettland und Litauen im Regelfall als ungefilterte Dreckbrühe ins Baltische Meer.

Fisch weniger belastet 

Nach Ergebnissen einer Studie der Helsinki-Kommission zum Schutz der Meeresumwelt (Helcom), die im Sommer veröffentlicht wird, kommen Ostseefische heute wesentlich unbelasteter auf die Verbrauchertische. Blei- und Quecksilberkonzentrationen sind in den letzten zehn Jahren um rund 40 Prozent zurückgegangen. Insektizide und Dioxine sind sogar um 90 Prozent rückläufig. «Die Seeadlerpopulation hat sich dadurch erholt und bei den Robbenbeständen sehen wir eine positive Entwicklung», sagt Günther Nausch vom Warnemünder Institut für Ostseeforschung.

Wieder gutes Badewasser

Die Phosphatwerte seien deutlich rückläufig. Und mittlerweile könne an nahezu der gesamten Ostseeküste von guter bis hervorragender Wasser- und damit Badequalität gesprochen werden, so Nausch. Die Experten sind sich einig: Ein wichtiger Grund für diese guten Nachrichten ist die verbesserte Zuflussbilanz der baltischen Staaten. Deren Einleitungen hatten früher enorme Auswirkungen, weil im kleinen Binnenmeer Ostsee Schadstoffe wesentlich weniger verdünnt werden können als in Meeren mit großem Wasseraustausch.

Westliches Know How

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs konnten westliches Geld und Fachwissen in die Abwasserreinigung osteuropäischer Sorgenkinder gepumpt werden. Vorher war man sich von Helsinki bis Kopenhagen und Lübeck auch schon einig, dass im Interesse der Umwelt allgemein und Touristen sowie Fischerei im Besondern die Schadstoffzufuhr in die Ostsee drastisch gesenkt werden musste. Ohne eine Reduzierung der Emissionen aus den nordöstlichen Anrainerländern aber mussten alle Anstrengungen letztlich erfolglos bleiben.

Milliarden-Investitionen

Also steckten die westeuropäischen Anrainerstaaten nach 1991 hunderte von Millionen Mark in neue Kläranlagen in den baltischen Reformstaaten. Schätzungsweise etwa ein Drittel der Kosten für neue Kläranlagen haben westliche Länder getragen, erklärt Egon Tiht, Wasserexperte im estnischen Umweltministerium. Ein weiteres Drittel komme aus dem Staatsbudget und der dritte Teil werde mit zinsgünstigen Krediten finanziert. Auch in Litauen und Lettland baut man mit westlicher Hilfe. Insbesondere die skandinavischen Staaten haben sich dabei mit ihren staatlichen Umweltorganisationen hervorgetan. Die Gesamtsumme der Investitionen beträgt weit mehr als eine Milliarde Mark, schätzt das Baltischen Umweltforum, eine vor Ort arbeitenden Expertenkommission.

Noch keine Entwarnung

Bis 2015 könne es noch dauern, bis in Litauen, Lettland und Estland der Bau neuer Kläranlagen abgeschlossen ist, heißt es aus den Umweltministerien. Doch solange in den russischen Gebieten bei Kaliningrad und Petersburg Wasser weiter als Nebensache gilt, behält im Ostseerat, dem Zusammenschluss der Ostseeanrainer, der Bereich Umwelt höchste Priorität, wie gerade zuletzt die derzeitige deutsche Präsidentschaft betonte. Wohl deshalb mögen die Ostsee-Experten noch nicht von Entwarnung sprechen. (dpa/nz)

Arzneimittelrückstände belasten Flüsse und Grundwasser

Betablocker und Aspirin im Abwasser 

VDI nachrichten Düsseldorf, 9. 2. 01 - Was geschieht eigentlich mit in der Toilette weggespülten Aspirintabletten, Antibiotika oder Antibabypillen? Wo landen die mit dem Urin ausgeschiedenen Rückstände eingenommener Arzneimittel? Klar: Im Abwasser und damit in der Kläranlage. Beim biologischen Abbau im Klärwerk werden diese Stoffe aber nicht vollständig entfernt und daher mit dem gereinigten Abwasser in Flüsse eingetragen - bis zu einigen Mikrogramm je Liter. Analytiker des Instituts für Seenforschung, Langenargen, fanden jetzt Röntgenkontrastmittel und Antiepileptika im Bodensee bis in 250 m Tiefe. 

Arzneimittel und kosmetische Inhaltsstoffe im Abwasser bergen Gefahren. So können eingetragene Antibiotika zur Resistenzbildung bei bestimm- ten Bakterien führen. Auch ist unklar, wie Fische und andere aquatische Organismen auf einen zwar niedrigen, aber konstanten Pegel von Arzneimitteln reagieren. Die Gefahr für den Menschen dagegen ist eher gering, „weil die gemessenen Konzentrationen weit unter den Wirkungsschwellen der Substanzen liegen", betont Prof. Rolf-Dieter Wilken vom Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz. Um die Umweltrisiken durch die Arzneistoffe zu reduzieren und eine Aufnahme über das Trinkwasser zu ver- hindern, hat die EU ein neues Forschungsvorhaben auf den Weg gebracht. Wissenschaftler aus sieben Ländern suchen nach Möglichkeiten, den Eintrag der Substanzen in die Umwelt zu minimieren. „Dafür gibt es prinzipiell drei Wege", erläutert Projektkoordinator Wilken. Zum einen können Wasserwerke mit UV-Bestrahlung, Ozonisierung oder Aktivkohlefilter arbeiten, um das Trinkwasser von den Substanzen frei zu halten. Außerdem wird untersucht, was getan werden muss, um den biologischen Abbau der Stoffe im Klärwerk zu forcieren. Die dritte Möglichkeit setzt an der Quelle an. „Patienten, die permanent Medikamente einnehmen, könnte man mit einer Zweiwege-Toilette ausrüsten, die den arzneimittelhaltigen Urin getrennt auffängt", so Wilken. Der wird dann getrennt entsorgt oder nachts in die dann nicht ausgelasteten Klärwerke geleitet, wo längere Verweilzeiten dafür sorgen, dass die Stoffe abgebaut werden. cf 

 
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