Die separate Sammlung von UrinSiedlungswasserwirtschaft könnte billiger und nachhaltiger werden Neue Züricher Zeitung 21.6.2001 Um die Umweltbelastung durch Abwässer zu vermindern und die hohen Ausgaben für Entwässerungsanlagen zu reduzieren, fordern Forscher der Eawag ein Umdenken bei der Abwasserreinigung. Mit einer separaten Sammlung des Urins könnten die Gewässerverschmutzung verringert und Nährstoffe aus dem Abwasser eliminiert werden. Das Siedlungsentwässerungssystem der Schweiz hat einen Wert von mehr als 10 000 Franken pro Einwohner bei laufenden Kosten von mehreren hundert Franken pro Person und Jahr. Dieses System entfernt die Ausscheidungen des menschlichen Körpers schnell und gründlich, und in den Kläranlagen wird Abwasser von mehr oder weniger annehmbarer Qualität produziert. Dennoch gibt es Probleme beim Gewässerschutz. Dazu zählen nicht nur lokale Ereignisse, bei denen es durch die Überlastung von Kläranlagen bei Regenwetter zu einem Fischsterben kommt. In den letzten zehn Jahren wurde in der Schweiz auch ein Rückgang der Forellenfänge um über 40 Prozent verzeichnet. Versuche haben gezeigt, dass Mikroverunreinigungen durch Substanzen wie Hormone, Pharmaka und Kosmetika einen Beitrag zur gesundheitlichen Beeinträchtigung der Fische leisten. Da diese Stoffe in Kläranlagen nicht oder nur ungenügend beseitigt werden, können sie mittlerweile in der aquatischen Umwelt in Konzentrationen nachgewiesen werden, die bei Laborversuchen mit einzelnen Organismen oder Zellkulturen toxische Effekte auslösen. Die moderne Abwasserreinigung bemüht sich zwar, die neu identifizierten Problemstoffe mit aufwendigen und teuren Technologien zu beseitigen. Um die Qualität des gereinigten Abwassers aber auf lange Zeit zu verbessern, ohne laufend teure Lösungen für neue Probleme entwickeln zu müssen, fordern Wissenschafter der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) in Dübendorf ein fundamentales Umdenken. Die Forscher wollen das bewährte System der Abfalltrennung und des Sammelns von Problemstoffen, das wir seit Jahren erfolgreich praktizieren, auch beim Abwasser anwenden. Die Idee besteht darin, den Urin, mit dem der Mensch Hormone und pharmazeutische Wirkstoffe ausscheidet, von Fäkalien, Toilettenpapier und Spülwasser getrennt zu sammeln und zu entsorgen. Die getrennte Erfassung und Reinigung von Urin würde verhindern, dass problematische Substanzen im heutigen Umfang in die Umwelt gelangen. Urin enthält den grössten Teil der Nährstoffe, die aus dem menschlichen Metabolismus ausgeschieden werden. Allein im Kanton Zürich gelangen jährlich 130 Tonnen Phosphor und rund 3500 Tonnen Stickstoff über die Kläranlagen in die Gewässer. Daher wäre es naheliegend, den Urin als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Dünger zu verwenden und so den Nährstoffkreislauf ein Stück weit zu schliessen. Denn die heutige Abwasserreinigung entspricht keineswegs einem nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt. Durch unsere Kulturpflanzen entnehmen wir den Böden laufend Nährstoffe, die über die Nahrungsmittel und Abwässer in die Flüsse und Meere gelangen. Um die Nährstoffe im Boden zu ersetzen, wird daher in der Landwirtschaft Kunstdünger eingesetzt, der, wie im Fall von Stickstoff, unter einem hohen Verbrauch an Energie aus der Luft gewonnen wird. Auch der in Kunstdüngern enthaltene Phosphor belastet die Umwelt, weil er meist aus fossilen Lagerstätten stammt, die zahlreiche Schwermetalle enthalten. Diese gelangen mit dem Dünger in den Boden. Die Urintrennung hat noch weitere Vorteile zu bieten: Schätzungen gehen davon aus, das für den Erhalt und den Ausbau der schweizerischen Siedlungsentwässerung in den kommenden 35 Jahren über 50 Milliarden Franken investiert werden müssen. Da eine Urintrennung die aufwendige und teure Beseitigung von Nährstoffen weitgehend überflüssig macht, so die Forscher, kann zumindest auf eine Aufrüstung der Kläranlagen verzichtet werden. Um zu prüfen, ob sich eine Urintrennung ökonomisch und ökologisch lohnt, wurde an der Eawag das Projekt Novaquatis ins Leben gerufen, das Forscher aus den Bereichen Ingenieurwissenschaften, Mikrobiologie, Chemie, Agronomie und Sozialwissenschaften zusammenführt. Dabei wird auch eine neue Technologie entwickelt, deren Herzstück das Trenn-WC ist. Bei einem solchen WC wird im vorderen Teil der Urin aufgefangen und in einen Speicher geleitet, während die Fäkalien im hinteren Becken wie bei der konventionellen Toilette weggespült werden. Doch wie soll der Urin vom Speicher im Haushalt zur zentralen Reinigungsanlage gelangen? Eine Möglichkeit wäre die zeitliche Trennung von Urin- und Abwassertransport. Diese Trennung bietet sich an, weil die bestehende Kanalisation nachts nur wenig Abwasser führt. So kann der in kleinen Haustanks gelagerte Urin bei trockenem Wetter während der Nacht ferngesteuert in die Kanalisation gelassen werden, wo er in Richtung Kläranlage fliesst. Simulationen haben gezeigt, dass die Nacht zumindest in kleinen Einzugsgebieten ausreicht, um den Urin in die Kläranlagen zu bringen. Sobald die Urinfracht die Kläranlage erreicht, wird sie zu einer speziellen Behandlungsanlage umgeleitet. Damit der Transport über die Schwemmkanalisation funktioniert, müssen allerdings zahlreiche Haushalte über ein Trenn-WC verfügen. Eine zurzeit realistischere Variante ist die gestaffelte Entleerung der Urintanks in den Haushalten über den Tag. Da die Kapazität der heutigen Kläranlagen auf die Verarbeitung der jeden Morgen auftretenden Spitzenbelastung mit Ammonium ausgelegt ist, würde die Zwischenlagerung des Urins bereits eine erhebliche Entlastung bedeuten. Eine Siedlungswasserwirtschaft, die Urin getrennt erfasst und behandelt, könnte zwar viele aktuelle Probleme lösen; die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass viele Fragen noch einer genaueren Untersuchung bedürfen. Wie können die Mikroverunreinigungen aus dem Urin eliminiert werden? Wie verhalten sich diese Stoffe, wenn sie mit dem Dünger in den Boden gelangen? Werden die mit Urindünger produzierten Nahrungsmittel von den Konsumenten akzeptiert? Sind die Männer bereit, sich beim Urinieren zu setzen? Gibt es kulturelle Barrieren gegenüber dem Trenn-WC? Wenn ja, wie können diese überwunden werden? Das Projekt Novaquatis wurde Mitte letzten Jahres gestartet und sucht in den kommenden vier Jahren Antworten auf solche Fragen. Vertreter aller beteiligten Akteure - Sanitärhersteller, Haushalte, Landwirtschaft und Industrie - sollen möglichst frühzeitig in die Entwicklung mit einbezogen werden. Ein wichtiger Teil des Konzeptes sind dabei Pilotprojekte. So wurde in der Überbauung «Kraftwerk 1» in Zürich vier Wohnungen mit Trenn-WC ausgestattet; ein erster Testlauf startet diesen Sommer. Gregor Klaus
Fischsterben in StäfaMalerfarbe in den Zürichsee gelangt Neue Zürcher Zeitung, Ressort Zürich und Region, 8. Juni 2001, Nr.130, Seite 49 ekk. In Stäfa sind am Donnerstagmittag einige Fische im Zürichsee gestorben, nachdem Farbrückstände ins Wasser gelangt waren. Wie die Kantonspolizei Zürich mitteilte, waren zwei Arbeiter mit Malerarbeiten beschäftigt; um die Mittagszeit wusch einer der beiden in einem Eimer mit Wasser die Pinsel aus. Das mit Acrylfarbe versetzte Abwasser schüttete er in einen Schacht, dessen Abfluss in den See mündet.
Umwelt / Hormonell wirksame Stoffe im Wasser verringernFruchtbarkeit von Tieren gestört Südwestpresse 8.6.2001 Die Einleitung hormonell wirksamer Substanzen in die Gewässer muss nach Ansicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) dringend verringert werden. Notwendig seien dafür Änderungen des Chemikalienrechtes. Hormonell aktive Chemikalien gelangten über das Abwasser aus Haushalten und Industrie in Flüsse, Seen und Meere. Eine große Rolle spielten dabei Arzneimittel wie die Anti-Baby-Pille, deren Substanzen größtenteils ins Abwasser gelangten. Industriechemikalien sowie künstliche und pflanzliche Hormone in den Gewässern verursachten bei Tieren Störungen der Fruchtbarkeit sowie Geschlechtsumwandlungen. dpa Hildner hofft auf Einsicht in München - Abwasseranlagen in Dörfern sind nahezu unbezahlbarFrankenpost 1.6.2001 PRESSECK. - Einen Aufstand in Elbersreuth und Reichenbach befürchtet Pressecks Bürgermeister Erhard Hildner, sollte es wirklich zu dem vom Freistaat geforderten Bau der Abwasseranlagen in den beiden Pressecker Ortsteilen kommen. ,,Die Kosten für die Anschlussnehmer sind unrealistisch und dem Bürger nicht vermittelbar. Die Beiträge von 7,38 Mark pro Quadratmeter Grundstücksfläche und 39,06 Mark für die Geschossfläche in Reichenbach sowie 11,62 Mark und 55,68 Mark in Elbersreuth sind viel zu hoch'', schreibt Hildner an den bayerischen Umweltminister Dr. Werner Schnappauf. Die Pressecker Verwaltung habe bei der Grobkalkulation der Herstellungsbeiträge für Reichenbach Belastungen von 4692 bis 28859 Mark je Anwesen und für Elbersreuth von 6779 bis 69683 Mark errechnet. Die Einleitungsgebühren für das Abwasser würden bei beiden Anlagen zudem bei nahezu zehn Mark pro Kubikmeter liegen. ,,Aus meiner Sicht ist eine Durchführung der Baumaßnahmen nur denkbar, wenn die Fördermittel von knapp 58 beziehungsweise rund 60 Prozent entscheidend aufgestockt werden'', teilt der Pressecker Bürgermeister dem Minister unumwunden mit und weiß sich hierin mit allen seinen Marktgemeinderäten einig. Eine Alternative wäre nach Ansicht Erhard Hildners die Errichtung von vollbiologischeen Kleinkläranlagen, welche die Hauseigentümer jeweils auf ihren Grundstücken errichten. Diese erreichten ebenfalls einen Reinigungsgrad von 96 Prozent. Die gereinigten Abwässer könnten direkt in den Vorfluter oder die vorhandenen Ortskanäle eingeleitet werden. ,,Die hierbei entstehenden Investitionskosten liegen bei zirka 1200 Mark pro Anwesen. Auf Grund der errechneten Herstellungsbeiträge bleibt uns keine andere Möglichkeit, als über die Alternative nachzudenken'', schreibt Hildner weiter. Wenn zu den vollbiologischen Kleinkläranlagen noch wie in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen eine entsprechende Förderung auch durch den Freistaat Bayern erfolgen würde, könnte man dem ländlichen Raum insgesamt einen Dienst erweisen, merkt der Bürgermeister an. ,,Ich bin mir sicher, dass Ihnen, Herr Umweltminister, diese Problematik nicht unbekannt ist, und ich bin davon überzeugt, dass Reichenbach und Elbersreuth kein Einzelfall sind. In Gesprächen haben die betroffenen Bürger ganz massiv zum Ausdruck gebracht, dass die hohen Beitragssätze und Einleitungsgebühren bei einer zentralen Abwasserbeseitungsanlage unter den jetzigen Voraussetzungen unzumutbar sind'', legt Erhard Hildner in seinem Brief dar. Der Bürgermeister erhofft sich nun eine baldige Antwort aus München. kpw |