Juli 2002

Wasser-/Abwassernachrichten

(News-Archiv)

Handel: Weltbank und EU wollen Wassermarkt öffnen 

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sind alarmiert    

Von Tom Kirschey - Neues Deutschland 30.07.02

Weltbankpräsident James D. Wolfensohn hat kürzlich eine umfassende Privatisierung der Wasserver- und Abwasserentsorgung gefordert und Kritikern der Wassermarktliberalisierung vorgeworfen, die Privatwirtschaft zu Unrecht für soziale und ökologische Probleme in der Welt verantwortlich zu machen.   Hintergrund der Äußerung ist eine neue Privatisierungsoffensive der Weltbank im Rahmen der Dienstleistungsverhandlungen (GATS) der Welthandelsorganisation (WTO). Bereits im Februar hatten die Weltbank-Präsidenten eine neue Entwicklungsstrategie für den Privatsektor im Bereich öffentlicher Leistungen wie Bildung, Gesundheitswesen und Wasserversorgung der Öffentlichkeit vorgestellt, die in die Verhandlungen um das »General Agreement on Trade in Services« (GATS) einfließen sollten. Ende Juni forderten die Ratsvertreter der Europäischen Union weltweit 109 Staaten auf, »den Markt öffentlicher Leistungen« zu liberalisieren. Dieser »Markt« setze 61 Prozent des Bruttosozialprodukts aller Staaten um, so die Weltbank. Durch die verstärkte Förderung privater Unternehmen im öffentlichen Dienstleistungsbereich, so Wolfensohn, werde angesichts der schlechten Versorgungslage in vielen Regionen der Welt die einzige Alternative für ärmere Bevölkerungsgruppen geschaffen. Dafür sollte nach Auffassung der Weltbank das Investitionsklima durch Deregulierung, Privatisierung, Marktöffnung und Subventionen verbessert werden. Die Weltbanktochter »International Finance Corporation« (IFC) würde hierfür verstärkt Kredite anbieten.

USA wollen Einfluss der Multis erweitern

Professor Robert Wade von der »London School of Economics« sieht in der neuen Initiative die »weit reichendste Schwerpunktverschiebung der Weltbankpolitik im letzten Jahrzehnt«. Ziel ist laut Wade, die Empfängerstaaten zu verpflichten, Entwicklungsgelder zur Subventionierung privater Unternehmen einzusetzen. Dies geschehe auf Druck der USA, so Wade, die den Einflussbereich ihrer Multis erweitern wollten. Die Initiative der Weltbank trifft wohl kaum zufällig mit den GATS-Verhandlungen zusammen. Nach bisherigem Verhandlungsstand können Marktteile von der Privatisierung und Gleichstellung einheimischer und ausländischer Unternehmen ausgenommen werden, wenn sie hoheitliche Aufgaben erfüllten und der öffentlichen Wohlfahrt verpflichtet seien. Diese Position soll für den Wassersektor ausgehebelt werden. Offenbar plant die Weltbank im gleichen Zuge, wieder verstärkt Großstaudämme zu fördern. Diese hätten zwar »hohe Risiken«, aber auch einen »hohen Nutzen«. Zudem stellt die Weltbank Großstaudämme als ökologisch unproblematisch und für die Armutsbekämpfung erforderlich dar. Patrick McCully vom »International Rivers Network« (IRN) wirft Wolfensohn und der Weltbank vor, die weltweite Diskussion um die Ergebnisse der Weltstaudammkommission und die Empfehlungen der Internationalen Wasserkonferenz in Bonn vom Dezember 2001 zu ignorieren. Wolfensohn veranschlagt die Kosten für den Aufbau einer leistungsfähigen Wasserversorgung auf 180 Milliarden US-Dollar. IRN und viele Entwicklungshilfeorganisationen halten diese Zahl für deutlich überhöht, um Privatinvestitionen der globalen Wassermultis zu rechtfertigen. Außerdem kritisiert das IRN, dass die Konzentration auf Großprojekte und auf die städtische Wasserversorgung die Situation für die ländliche Bevölkerung, für welche die Versorgungslage meist besonders problematisch ist, weiter verschlechtern wird, da private Unternehmen sich nur auf profitable Projekte einlassen würden. Auch in Deutschland hat das globale Tauziehen um den Wassermarkt und andere öffentliche Leistungen begonnen. Der nordrhein-westfälische Landtag hat auf Initiative der CDU-Fraktion kurz vor Beginn der Sommerpause durch eine Ausschussanhörung unter der Überschrift »Umweltstandards halten – Gebührenlast der Bürger konsequent senken« (Drucksache 13/1739) eine Debatte um die Rolle von Umweltstandards in Gesellschaft und Politik entfacht.

Tauziehen um Wasser nun auch in Deutschland

Bemerkenswert sei, dass der Vorstoß hierzu von der CDU-Fraktion kommt, so NABU-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck. Die Unionsparteien auf Bundesebene hätten zwar mit der Ankündigung, ökologisch sinnvolle Reformprojekte der rot-grünen Regierung rückgängig zu machen, ihre totale Ignoranz gegenüber der Zukunftssicherung gezeigt, die Landes-CDU hingegen würde diesen gesellschaftlichen Anliegen verantwortungsvoll nachkommen, so Tumbrinck weiter. Auslöser der CDU-Initiative waren jedoch wohl auch parteipolitische Erwägungen, nachdem bekannt wurde, dass die Bestechungsgelder des Kölner Skandals zum Bau von Müllverbrennungsanlagen über die Abfallgebühren auf den Bürger umgelegt wurde. Bislang sind sich jedoch Deutschlands Parteien darin einig, dass der Wassermarkt, anders als die Märkte für Elektrizität und Telekommunikation, nicht geöffnet werden sollte.

Mikroben verzehren Abfälle der Zellstoff- und Papierindustrie

25.7.2002 - finnfacts.com

Nützliche Bakterien verzehren bei Myllykoski Paper Oy schon seit über zehn Jahren Abwasserinhaltsstoffe. Die biologische Reinigung ist heute eines der effektivsten Klärverfahren der Zellstoff- und Papierindustrie.

Die im südlichen Finnland am Ufer des Kymijoki liegende Papierfabrik von Myllykoski Paper Oy pumpt ihre Abwässer zur Reinigung in eine biologische Kläranlage auf der anderen Seite des Flusses.

In dem biologischen Klärprozess werden dem Abwasser zunächst die Feststoffe wie Rinden- und Faserteilchen, Füllstoff und Streichpaste entzogen. Danach kommen lebende Mikroben zum Zug. Sie nutzen die im Abwasser enthaltenen organischen Stoffe als Nahrung und beseitigen so die Sauerstoff zehrenden Komponenten. Auf diese Weise werden bis zu 95 Prozent der bei der Halbstoffherstellung ins Wasser in Lösung gehenden Sauerstoff verbrauchenden Last eliminiert. Gelangen mit dem Abwasser stark Sauerstoff zehrende Komponenten in die Gewässer, kann es infolge O2-Mangels für die Fische eng werden.

In der letzten Stufe der Anlage erfolgt das Abscheiden der entstandenen Mikrobenmasse, und das nun klare Abwasser wird zurück in den Kymijoki geleitet. Dem Abwasser zugesetzter flüssiger Sauerstoff verhindert eventuelle Geruchsbelästigungen. Der getrocknete Klärschlamm wird mit Lkw auf die Deponie gebracht.

Weniger Wasser

In den neunziger Jahren stieß Myllykoski Paper Oy jährlich rund 10 Millionen Kubikmeter Abwasser aus. Diese Menge konnte inzwischen durch Einengung von Wasserkreisläufen und sparsameren Wassereinsatz um fast eine Million Kubikmeter reduziert werden - und das bei gleichzeitiger Erweiterung der Produktion.

Der Phosphorausstoß von Myllykoski Paper Oy hat sich in den neunziger Jahren auf ein Viertel des früheren Wertes reduziert, und diese Tendenz hält weiter an. Der mit dem Abwasser in die Vorfluter gelangende Phosphor verursacht da Eutrophierung.

Nünchritz, Glaubitz und Zeithain gründeten den Abwasser-Vollverband „Elbe-Floßkanal“ 

SZ-online, Sachsen im Netz, 11.7.2002

„Wollen stabile Gebühren und Beiträge“ 

Gespräch : Jürgen Müller

Aus dem Abwasser-Teilverband „Elbe-Floßkanal“, dem die Gemeinden Nünchritz, Glaubitz und Zeithain angehören, wurde gestern Abend ein Vollverband. Die SZ sprach mit dem amtierenden Verbandsvorsitzenden Bernd Lotze.

Worin unterscheidet sich ein Teilverband von einem Vollverband?

Der 1994 gegründete Abwasserzweckverband „Elbe-Floßkanal“ errichtete und betrieb das Klärwerk in Grödel sowie die Hauptsammler. Die Ortsnetze dagegen blieben in der Hoheit der Gemeinden. Diese Ortsnetze gehören künftig auch dem Vollverband, wurden den Gemeinden zum derzeitigen Restwert abgekauft.

Welche Vorteile soll solch ein Vollverband bringen?

Die Haushalte der Kommunen werden von Investitionen für Abwasser entlastet. Die Beitrags- und Gebührenhoheit geht an den Verband über. Es wird eine einheitliche Globalberechnung im Verbandsgebiet geben. Auf Dauer wollen wir stabile Beiträge und Gebühren in allen Mitgliedsgemeinden erreichen.

Solch ein Vollverband braucht Personal, Büroräume, Fahrzeuge, Telefonanschluss, Versicherungen. Zahlen diese Kosten die Kunden mit?

Die Kosten waren ja im Wesentlichen schon vorher vorhanden, wurden durch Verrechnungen innerhalb der Gemeinden beglichen. Der Verband hat in Grödel seinen Sitz, die Räume sind vorhanden, wurden lediglich hergerichtet.

Wie ist der Vollverband besetzt?

Er ist paritätisch besetzt, jede der drei Gemeinden hat eine Stimme. Wichtige Entscheidungen wie Haushalt, Investitionen, Satzungen, Gebühren oder Beiträge müssen mit dreiviertel Mehrheit getroffen werden. Bei drei Mitgliedern heißt das also einstimmig.

Also auch ein Austritt einer Gemeinde, der damit praktisch unmöglich ist?

Ein Austritt ist möglich, wenn sich die drei Gemeinden einig, alle sachlichen Gründe geklärt sind. Aber es stimmt, eine einzelne Gemeinde kann ohne Zustimmung der anderen den Verband nicht verlassen.

Röderau-Bobersen hat in seiner letzten Ratssitzung vor der Eingemeindung nach Zeithain eine eigene Abwassersatzung sowie Beiträge und Gebühren beschlossen. Ist dies nun alles wieder hinfällig?

Nein, das ehemalige Gemeindegebiet von Röderau-Bobersen wird vorläufig nicht Mitglied des Verbandes, behält seine Hoheit über das Abwasser. So steht es auch in der Eingliederungsvereinbarung. Zu gegebenem Zeitpunkt kann die Gemeinde Zeithain natürlich den Antrag stellen, dass Röderau-Bobersen Mitglied wird.

Und Diesbar-Seußlitz?

Diesbar-Seußlitz wird ja voraussichtlich ab 1. Januar nächsten Jahres Ortsteil von Nünchritz. Die weitere Entsorgung in diesem Gebiet muss dann genau betrachtet werden. Zunächst ist vorgesehen, dass wie in Röderau-Bobersen verfahren wird. Vor dem 30. Juni 2003 wird da aber wohl nichts passieren.

Welche Auswirkungen hätte das für die dortigen Bewohner?

Zunächst bleibt alles, wie es ist. Ergeben notwendige Untersuchungen, dass eine Zusammenführung für alle günstiger ist, sollte dieser Weg natürlich beschritten werden.

Wo sehen Sie Einsparpotenzial, um die Kosten zu senken?

Wir wollen die Betriebskosten um fünf bis zehn Prozent senken. Beispielsweise durch günstigere Wartungsverträge. Durch eine höhere Anzahl von Anlagen haben wir da eine gute Verhandlungsbasis. Ziel ist es die jetzigen Kosten beizubehalten. Und das heißt konkret, dass sich die Gebühr bei knapp drei Euro pro Kubikmeter einpegelt.

Was ist mit Weißig?

Auch dort werden die tatsächlichen Kosten ermittelt und den Gebühren und Beiträgen der Globalberechnung gegenübergestellt. Die Weißiger sollten dann das zahlen, was für sie günstiger ist.

Müssen Besitzer von Kleinkläranlagen in abgelegenen Orten wie Jacobsthal, Lorenzkirch, Kreinitz, Roda oder Zschaiten fürchten, dass sie ihre Anlagen nicht mehr nutzen dürfen und mit kilometerlangen Leitungen an die zentrale Kläranlage angeschlossen werden?

Der Gesetzgeber sieht ausdrücklich auch dezentrale Anlagen vor. In den nächsten fünf bis acht Jahren wird also nichts passieren. Wir werden auch keine teuren, Kilometer langen Leitungen bauen. Problematisch ist Kreinitz wegen des Trinkwasserschutzgebietes. Dort sind dezentrale Anlagen gegebenenfalls in der Zukunft unzulässig.

Ist die zentrale Verbandsanlage in Grödel überdimensioniert?

Sie ist für 12 000 Einwohner ausgelegt, auf 18 000 erweiterbar. Letzteres ist nicht vorgesehen. Derzeit sind 8 000 Einwohner angeschlossen, bis Ende nächsten Jahren kommen etwa 2 000 dazu. Die Anlage ist dann zu etwa 90 Prozent ausgelastet. Das ist ein guter Wert.

 

Aus Wasserhähnen kommt ein Medikamenten-Cocktail

Offenbach-Post 1.7.2002

Berlin (dpa) - Arzneimittel reichern sich über das Abwasser in nennenswerten Dosen auch in Flüssen und Seen an und gelangen so zum Teil auch ins Grund- und Trinkwasser. Darauf hat das Umweltbundesamt am Donnerstag in Berlin hingewiesen. Auch in geklärtem Wasser finde sich teilweise ein Cocktail aus Arzneispuren, der über das Trinkwasser bis zum Verbraucher gelangen könne. Bisher sei aber weitgehend unbekannt, ob und wie sich dies auf Mensch und Natur auswirke. Das Amt forderte, dass die Arzneihersteller Umweltrisiken strenger prüfen müssen.

Als Beispiel nannte das Amt die Anti-Baby-Pille. Deren Hormone würden wieder ausgeschieden und gelangten so in den Wasserkreislauf. Auf Grund der Verkaufsdaten der Pille gingen Experten davon aus, dass die Oberflächengewässer in Deutschland mit 2 Mikrogramm pro Liter des Östrogens 17alpha-Ethinylestradiol belastet sind. Bereits 0,5 Mikrogramm pro Liter führten bei Fischen zu Hormonstörungen: Fischmännchen verweiblichten und bildeten Eidotter aus, das Geschlechterverhältnis verschiebe sich und die Fische bekämen weniger Nachwuchs. Auch im Trinkwasser sei das Östrogen vereinzelt nachgewiesen worden.

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, warnte davor, die Folgen der Arzneimittel auf Mensch und Natur zu vernachlässigen. «Wir wollen ohne jeden Alarmismus frühzeitig sagen, wo wir zukünftig Probleme sehen.» Den Angaben zufolge wurden allein im Jahr 2000 in Deutschland etwa 29 000 Tonnen Humanarzneimittel-Wirkstoffe verkauft. Davon waren 7000 Tonnen synthetische Wirkstoffe. Dazu kämen etwa 2320 Tonnen Tierarzneimittel. «Irgendwo bleibt alles», sagte Troge.

Vor allem in und in der Nähe von Klärwerken seien zahlreiche Arzneiwirkstoffe etwa gegen Epilepsie gefunden worden. Bei einer Berliner Kläranlage wies das Amt Wirkstoffe von schleimlösende Hustenmitteln sowie Tropfen gegen Pollenallergie nach. Deren Konzentration im Wasser stieg in der Grippe- bzw. Heuschnupfenzeit deutlich an. Das Umweltbundesamt ist seit kurzem auch dafür zuständig, die Wirkung von Arzneien auf die Umwelt zu prüfen.

Troge kritisierte, dass bei Humanarzneien bisher keine detaillierte Bewertung von Umweltrisiken vorgeschrieben ist. Er forderte, von den Herstellern eine aussagekräftige Umweltprüfung zu verlangen. Es gehe nicht an, dass mögliche Gefahren für Umwelt und Mensch auf Kosten der Steuerzahler erforscht würden. Allerdings müsse den Herstellern ausreichend Zeit für diese Untersuchungen gelassen werden. Es dürfe «niemand in den Bankrott getrieben werden».

Verhalten und Effekte von Arzneien in der Umwelt seien weitgehend unbekannt, sagte Troge. Viele dieser Wirkstoffe seien chemisch sehr stabil und reicherten sich an. Gerade bei Hormonen gingen manche Wissenschaftler zudem davon aus, dass kleine Dosen sogar stärker wirkten als mittlere. Bei Einnahme würden die Arzneistoffe im menschlichen Körper teilweise in veränderte Wirkstoffe umgewandelt. Die Wirkung dieser so genannten Metaboliten sei noch weniger bekannt als die der Ursprungswirkstoffe.

 
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