September 2002

Wasser-/Abwassernachrichten

(News-Archiv)

Sand und Binsen filtern Regenwasser

Schwäbische Zeitung, 30.09.2002

Die Gemeinde Kolbingen investiert 1,12 Millionen Euro in ein neues Regenüberlaufbecken mit Bodenfilter. Weiter gab der Gemeinderat grünes Licht für die Planung des notwendigen Nachklärbeckens auf der Mühlheimer Kläranlage. Die Kosten für dieses Projekt liegen bei 825 000 Euro.

Machbar sind diese Millioneninvestitionen nur dank hochprozentiger Zuschüsse, die mit der Einleitung der Kolbinger Abwässer nach Mühlheim zugesagt worden sind.

Vor Ort liessen sich der Gemeinderat über die Konzeption des neuen Regenüberlaufbeckens (RÜB) und dem abwassertechnisch vorgeschriebenen Bodenfilter informieren. Die gesamte Regenwasserbehandlung wird so dimensioniert, dass langfristig die Einwohnerzahl von Kolbingen auf 1700 steigen kann. Die Beckengröße ist auf 640 Kubikmeter Inhalt festgelegt. Für die Bemessung des geforderten Bodenfilters gibt es, so das Büro Breinlinger, derzeit noch kein verbindliches Verfahren. "Hier bewegen wir uns im Experimentalbereich. Es gibt noch keine Erfahrungswerte", kommentierte Bürgermeister Konstantin Braun die behördliche Vorgabe von 600 Quadratmetern Filterfläche. Das RÜB setze sich aus Teilerbauwerk, Rechen, Sedimentationskammer, Beckenüberlauf und Klärüberlauf zusammen.

Interessant waren die Ausführungen des Planungsbüros über den notwendigen Bodenfilter, in welchem das Mischwasser, das bei Regen aus dem RÜB abläuft, gefiltert wird, ehe es zur Versickerung gelangt. Der Bodenfilter besteht aus einer 75 Zentimeter starken Sandschicht, die mit Schilf und Binsen bewachsen ist. Die Vorgabe, Abwasser aus dem RÜB vor der Versickerung über einen Bodenfilter nachzureinigen, ist relativ neu; es fehlen noch konkrete Bemessungszahlen.

Auch bei der Standortfrage waren dem Gemeinderat die Hände gebunden. Wasserwirtschaftlich wie topografisch ist der beschlossene Standort westlich der jetzigen Kläranlage, inmitten des gemeindeeigenen Waldgrundstückes, für Überlaufbecken wie Bodenfilter der richtige. Aufgrund der Höhenverhältnisse ist es daher auch notwendig, bei einer zukünftigen Bebauung zwischen dem bestehenden Ostsammler und der alten Kläranlage, die nach dem Anschluss nach Mühlheim abgerissen wird, das dort anfallende Regenwasser dezentral versickern zu lassen.

In der ausführlichen Beratung stand die Planung des Nachklärbeckens, das Kolbingen auf der Mühlheimer Kläranlage bauen wird, ebenfalls zur Debatte. Diese Maßnahme wurde mit Gründung des Abwasserzweckverbandes zwischen Mühlheim, Mahlstetten und Kolbingen notwendig, um die Wassermenge von 70 Litern je Sekunde korrekt nachzuklären. Die Kosten für Nachklärbecken, Maschinen- und Elektrotechnik belaufen sich auf rund 825 400 Euro. Mit 90 Prozent Zuschuss wird gerechnet.

ETH Zürich: Nanopartikel verschleppen Schwermetalle in Fliessgewässern

Mitgeteilt durch: ETH Zürich - 27 September 2002

Weltweit erstrecken sich die Bergbauaktivitäten über eine Fläche, die dem Sechsfachen der Schweiz entspricht. Insbesondere stillgelegte Bergwerke können drastische Auswirkungen auf die angrenzenden Ökosysteme haben. Fliessgewässer etwa müssen die äusserst sauren Ausflüsse der Bergbauminen aufnehmen. Diese enthalten extrem hohe Konzentrationen von gelösten Schwermetallen und Aluminium. In der Zone, in der sich die sauren Bergbauabwässer mit neutralen Fliessgewässern mischen, bilden sich weissliche, watteartige Flocken. Diese können sich auf dem Flussbett ansammeln oder mit dem fliessenden Wasser mitgerissen werden.

Flocken haben Lebensdauer von mehreren Wochen

Einem ETH-Forscher des Instituts für Terrestrische Ökologie ist es zusammen mit Wissenschaftlern aus Deutschland und den USA gelungen, die elementare Zusammensetzung, chemische Struktur und Entstehung dieser Flocken aufzuklären. Die Resultate werden in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins «Science» (Ausgabe vom 27. September) präsentiert. Die Entstehung der watteartigen Substanz verläuft über die Bildung grosser strukturierter Komplexe mit 13 Aluminium-, 40 Sauerstoff- und 48 Wassserstoff-Atomen und deren anschliessender Aggregation. Der Komplex hat ein Molekulargewicht von über 1000 und einen Durchmesser von rund einem Nanometer. Dieses «Nanopartikel» bildet sich in der Mischzone von Bergbauausflüssen und Fliessgewässern innerhalb von Minuten und hat eine Lebensdauer von mehreren Wochen. Die grossen Mengen von giftigen Schwermetallen, die auch in den Abwässern der Bergwerke vorhanden sind, werden an die Nanopartikel chemisch gebunden und können so flussabwärts transportiert werden. Auch in Gebieten, in denen saurer Regen und schwach puffernde Böden aufeinandertreffen, wurden die gleichen weissen Aluminiumflocken gefunden, so im Erzgebirge in Sachsen, Deutschland. Mit diesen Untersuchungen wurde ausserdem gezeigt, dass Nanopartikel auch in Ökosystemen eine bedeutende Rolle spielen können.

»I', wenn i des gewusst hätt'«

Reutlinger General-Anzeiger, 27.09.2002

GEA-Telefonaktion »Wasser im Keller«: Nichtwissen ist oft schlimmer als das Wasser

Sie möchten es nicht glauben. Aber es ist eine Erfahrung, die sie nicht erst seit gestern machen: Die Berater am GEA-Expertentelefon, die gestern Abend mit Anrufen, passend im Bild, förmlich überschüttet wurden. Thema: Wie kann man sich gegen Wasser im Keller schützen - gerade in diesem »Jahrhundertsommer«, der alle Regen-Statistiken der letzten Generationen über den Haufen geworfen hat. Fazit: Man kann.

Mit Einschränkungen: Die bei weitem häufigsten Fälle von überlaufenden Kellern werden von Hochwasser ausgelöst, das nicht »von oben«, sondern durch den Rückstau in der Kanalisation kommt. Und das passiert, weil das Wasser unterhalb der Straßenoberkante durch die Hausanschlüsse der Kanalisation in die Gebäude dringt. Das kann es aber nur, wenn die Kanalanschlüsse im eigenen Haus nicht mit einem simplen Rückstauventil geschützt sind. Böse, aber keineswegs neue Entdeckung am GEA-Expertentelefon: Die meisten Hauseigentümer wissen davon nichts, noch weniger die Mieter und oft genug auch der Klempner um die Ecke nicht, der leicht und gar nicht teuer Abhilfe schaffen könnte. Dass soviel »Dummheit« schwer ins Geld gehen kann, kann man sich bei der Vorstellung ausmalen, dass durch einen »normalen« Kellerabfluss innerhalb von zehn Minuten bis zu 15 000 Liter Wasser eindringen können. Da kommt dann nicht nur das eigene Abwasser zurück.

 

Abwassergebühr steigt kräftig

NORDBAYERISCHE NACHRICHTEN,27.09.2002

Kontroverse Debatte im Stadtrat — In nächsten Jahren kommen weitere Erhöhungen WAISCHENFELD (tw) — Zum 1. Oktober steigt die Abwassergebühr in der Stadt deutlich an. Kostete bisher der Kubikmeter Abwasser 1,90 Euro so wird er künftig bei 2,15 Euro liegen. Dies beschloss der Stadtrat nach einer kontroversen Diskussion einstimmig.

Die Gründe für die Anhebung der Abwassergebühr sind der Anstieg der Betriebskosten durch einen erhöhten Stromverbrauch, die Klärschlammentsorgung und der Reparaturen am Abwassernetz sowie zum anderen die bald abgeschlossene Kanalbaumaßnahme in Köttweinsdorf, an der sich die Allgemeinheit durch die städtische Kreditaufnahme von 236 742 Euro nach dem Solidaritätsprinzip beteiligen muss.

Besonders der Anschluss von Köttweinsdorf an die zentrale Kläranlage macht das Abwasser für alle Bürger teurer. Die gestiegenen Unterhaltskosten schlagen dabei nur mit acht Cent Erhöhung zu Buche. Insbesondere der Unterhalt des Kanalnetzes und das Entsorgen des Klärschlammes kosten seit 1999 jährlich rund 25 000 Euro mehr. Im vergangenen Jahr lagen die Unterhaltskosten bei rund 189 000 Euro. Hinzu kommt noch die kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung, wonach sich eine Berechnungsgrundlage von rund 237 000 Euro ergibt, die auf alle Anschlussteilnehmer umzulegen ist.

Dies müssen auch die Einleiter aus der Gemeinde Plankenfels mittragen, nicht aber die Kosten für die Kanalisation in Köttweinsdorf, die nur auf die Anschlussteilnehmer aus Waischenfeld umgelegt werden können. Weiterhin steigen auch die Ausgaben zur Beschaffung von technischem Gerät in der Kläranlage an. Lag dieser Posten im Jahre 2000 noch bei rund 5000 Euro, so beträgt er jetzt 6800 Euro.

Bürgermeister Edmund Pirkelmann (BB Breitenlesau/Siegritzberg) rechnete den Stadträten vor, dass die Abwassergebühr wegen gestiegener Unterhaltskosten, aber vor allem auch wegen des Anschlusses von Köttweinsdorf eigentlich auf 2,24 Euro pro Kubikmeter angehoben werden müsse. Damit war der Stadtrat nicht einverstanden, Berthold Görl (BB Nankendorf) forderte, in die Berechnung künftige Anschlussbeiträge (rund 15 000 Euro) mit aufzunehmen. Schließlich einigte sich der Stadtrat darauf, die Abwassergebühr vorläufig auf 2,15 Euro anzuheben. Vorläufig deshalb, weil in den nächsten Jahren noch weitere Außenorte an die zentrale Kläranlage angeschlossen werden sollen. Dann erhöht sich die Abwassergebühr zwangsläufig erneut

MEZ

Wasser, Abwasser: schwierige Suche nach Preismodell

Leipziger Volkszeitung, 25.09.2002l

Grimma. Bei der Suche nach einem neuen Gebührenmodell für Wasser und Abwasser setzt der Versorgungsverband Grimma-Geithain (VVGG) die Mitgliedsgemeinden unter Termindruck. Bis zum 4. Oktober will Verbandsgeschäftsführer Lutz Kunath von allen Gemeinden wissen, welches von vier Modellen favorisiert wird.

Die Stadt Grimma erhielt das entsprechende Schreiben vom VVGG am 11. September. Bei den vier Modellen geht es zunächst um die Art und Weise, wie künftig die Grundgebühr für Wasser und Abwasser bemessen werden soll. Zur Auswahl stehen:

1. Grundgebühr gestaffelt in acht Gruppen je nach verbrauchter Wassermenge;

2. Grundgebühr je nach Größe des Zählers;

3. Grundgebühr je Einwohner, ähnlich wie bei der Abfallgebühr im Muldentalkreis;

4. Grundgebühr nach Wohnungseinheiten bzw. Wohnungsgleichwerten (so wie gegenwärtig praktiziert).

Den Gemeinden sind für die Diskussion in ihren Parlamenten die vier Varianten mit Anmerkungen des Verbandes sowie die kompletten Kalkulationen übergeben worden. Damit sind für jedes Modell gleichzeitig die finanziellen Auswirkungen für bestimmte Abnehmergruppen sichtbar. Dabei geht der Verband von gegenüber dem Jahr 2000 erneut gestiegenen Preisen aus.

Hauptsächlich diese Tatsache dürfte der Grund dafür sein, dass sich der Beratende Ausschuss des Versorgungsverbandes nicht eindeutig auf ein Modell festgelegt hat, da dessen Bestreben bekanntlich in Richtung einer Senkung der Kosten geht. So gab es für die Gemeinden lediglich zwei Empfehlungen, für Variante 3, Grundgebühr je Person, und für Variante 2, Grundgebühr je nach Zählergröße. Die Verbandsführung selbst hält Variante 1 (gestaffelt nach Verbrauchsmenge) aus rechtlichen Gründen für nicht durchführbar. Variante 2 (Zählergröße) sei nach den Worten von Verbandsvorsitzendem Heinrich Hiersemann nur scheinbar gerecht, weil in der Praxis 98 Prozent aller eingebauten Zähler von gleicher Größe sind. Mit denen könne man acht Familien in einem Wohnhaus genauso versorgen wie drei Personen in einem Einfamilienhaus. Variante 3 (Grundgebühr je Person) gilt als gerechteste Lösung, werde auch vom Oberverwaltungsgericht für geeignet gehalten, zur Umsetzung bedürfe es aber großen Aufwandes. Die momentan gültige Variante 4 (Wohnungseinheiten) sei laut Hiersemann "rechtlich zulässig, aber nicht gerade gerecht".

Vor diesen Hintergründen haben einige Gemeinden bereits entschieden, andere haben sich vom Verbandsgeschäftsführer die Modelle vorstellen lassen, sich aber noch nicht festgelegt. Sollte die Verbandsführung auf ein einheitliches Votum gehofft haben, dürfte sie enttäuscht werden. Zumal der jetzige Fahrplan von verschiedenen Seiten für übereilt gehalten wird. Trebsen beispielsweise hat keine Variante favorisiert, sondern will erst das Ergebnis der derzeit laufenden Prüfung der OEWA-Verträge abwarten. Daraus könnten sich, so glaubt man, Einsparmöglichkeiten ergeben. Diese Haltung vertritt im Übrigen auch die Bürgerinitiative Wasser. In einer kürzlich verbreiteten Information des Vereines heißt es dazu: "Die vier Preisblattvorschläge stellen nach unserer Meinung keine Lösung dar, da sie vor allem nicht von einer Kostensenkung ausgehen."

Gestern Abend befasste sich der Grimmaer Stadtrat mit dem Thema.

A. Neumann

 

Spielkreis Hohe jetzt mit eigener Kläranlage

Dewezet, 24.09.2002

Hohe (tz). Der Spielkreis Hohe hat während der Sommerferien eine eigene Kläranlage – ein Drei-Kammer-System – erhalten, die kürzlich von Vertretern des Landkreises, des Planungsbüros und von Bürgermeister Joachim Lienig abgenommen wurde.

Aus Platzmangel konnte am Spielkreis keine Schilfbeet-Kläranlage errichtet werden. An ein Drei-Kammer-System müssen zudem das Jugendheim des Kirchenkreises und zwei private Gebäude angeschlossen werden. Wie Bürgermeister Lienig unterstrich, habe die Gemeinde Hehlen mit dem Spielkreis-Projekt eine Vorreiterrolle übernommen und habe rund 10 000 Euro investiert. Nach der kürzlich erfolgten Abnahme der Schilfbeet-Anlagen (wir berichteten) und dem in Kürze zu erwartenden Bau der noch ausstehenden Anlagen wäre die Abwasser-Entsorgung in Hohe dann erledigt, so das Gemeindeoberhaupt, so dass nun für die Dorferneuerung grünes Licht gegeben werden könne.

 

Gebühren steigen drastisch

ZVW Online 19.9.2002

Kaisersbacher Bürger müssen beim Abwasser deutlich mehr Geld ausgeben Welzheimer Zeitung Welzheim und Umgebung 19.09.2002 Von unserem Redaktionsmitglied Rainer Stütz

Kaisersbach. Es war keine frohe Botschaft, die die Verwaltung in der letzten Gemeinderatssitzung zu verkünden hatte. Im Abwasserbereich steigen die Gebühren drastisch und das auch noch rückwirkend zum 1. Januar 2002.

Die Zahlen sprechen für sich. Die Normalgebühr für Kanal und Klärwerk beträgt momentan 1,92 Euro je Kubikmeter. Beschlossen hat der Gemeinderat nun einen Satz von 2,85 Euro je Kubikmeter. Das ist fast ein Euro mehr als bisher. Für einen Vier-Personen-Haushalt sind somit für ein Jahr rund 200 Euro mehr an Abwassergebühren aufzubringen.

Der Grund für die starke Erhöhung sind aufgelaufene Fehlbeträge aus den Vorjahren und bereits erledigte Investitionen im Kanalbereich in der Ortsmitte. Hinzu kommt, dass die Gemeinde mit Blick auf den geplanten Bau einer Kläranlage die Gebühren erhöhen muss, um dafür Zuschüsse vom Land erhalten zu können. Die Großbaumaßnahme zieht Kosten von mehr als zwei Millionen Euro nach sich. Mit den neuen Sätzen kann die Gemeinde den Schwellwert überschreiten, um eine Förderung zu erhalten. Die Erweiterung der Kläranlage Ziegelhütte soll in drei Bauabschnitten vom Jahr 2003 bis 2005 verwirklicht werden. Kämmerer Dieter Zimmermann: „Wir müssen die Gebühren erhöhen, um die Fehlbeträge abzubauen.“ Bürgermeister Bodo Kern ergänzte, dass in den Teilorten bereits höhere Gebühren gelten, die von privaten Abwasserverbände erhoben werden.

Die neuen Abwassergebühren werden mit der nächsten Rechnung zu Beginn des neuen Jahres fällig. Bereits Ende letzten Jahres hatte die Verwaltung angekündigt, dass 2002 mit höheren Sätzen zu rechnen ist.

 

Experten aus Fernost und die Nähe zu Vater Rhein

Zwei Koreaner kämpfen mit Bakterien gegen Wasserverschmutzung

Main Rheiner 18.9.2002

Von unserem Redaktionsmitglied Klaus Kipper

Unzählige Kabel schlängeln sich über die Tische um den Kontakt zwischen undefinierbaren Geräten herzustellen. Alufolie umschließt hier und da Verbindungen und stünden nicht Laptops auf einem Rolltisch, über deren Bildschirme unablässig Zahlen und Kurven flimmern, könnte der ungeübte Betrachter schnell den Eindruck gewinnen, in der unteren Etage der Rheingütestation seien Hobby-Bastler am Werk.

Das Gegenteil ist der Fall. Dort, wo der Rhein mit Hilfe von vielen Messverfahren permanent auf seine Reinheit überprüft wird, haben zwei koreanische Ingenieure ein neues Beschäftigungsfeld gefunden. An der technischen Universität Berlin hat das Duo ein Verfahren zum Aufspüren von Schadstoffen verfeinert, das es nun am „lebenden Objekt“ zu testen gilt. Kurz: Byoung Chan Kim und Jin Hyung Lee bringen Bakterien zum Leuchten.

Das von den Ingenieuren entwickelte Gerät ist mit einzelligen Kleinstlebewesen bestückt, die auf unterschiedliche Schadstoffe mit Farbwechsel reagieren – eine bestimmte Farbe signalisiert so das Vorhandensein eines speziellen Schadstofftyps. Es solches Verfahren, wie es von den beiden Koreanern entwickelt wird, ist völlig neu, verfolgt Dr. Peter Diehl die Arbeit seiner Gäste mit besonderem Interesse und erklärt warum: „Die Messung von Schadstoffen durch Bakterien ist wesentlich effizienter, da diese deutlich empfindlicher reagieren, als dies mit bislang eingesetzten Messmethoden möglich ist.“

Vier Wochen testeten die Besucher ihre Anlage erstmals in der Praxis – direkt am Rhein. Die Bedingungen sind optimal, die Möglichkeiten vielfältig, erklärt sich schnell, warum die beiden Doktoranden in der Nibelungenstadt gelandet sind. Verlaufen die Tests in der Rheingütestation erfolgreich, soll das Gerät in Korea weiterentwickelt werden, um es nicht nur dort kommerziell nutzen zu können – im Bereich der Abwasser- und Flussüberwachung. Denn die Wasserverschmutzung sei in Korea ein wirkliches Problem, erzählen Byoung Chan Kim und Jin Hyung Lee. Die Forderung nach einem hohen Qualitätsstandard in der Trinkwasserversorgung und der gleichzeitig hohe Industrialisierungsgrad des Landes erfordern besondere Anstrengungen. Dieser Herausforderung wollen sich die beiden Ingenieure mit ihrer Neuentwicklung jetzt stellen.

 

Salzeinleitung weiter umstritten

Appenzeller Zeitung 18.9.2002

Fischer und Umweltschützer wehren sich gegen die Pläne der KVA Bazenheid

Fischer und Umweltschützer wollen sich nicht von der Unbedenklichkeit überzeugen lassen: sie lehnen die geplante Einleitung von salzhaltigem Abwasser durch die KVA Bazenheid in die Thur weiter ab. MARKUS SCHOCH In einer Mitte August lancierten Petition verlangen die Fischer den Verzicht auf die Pläne, die vor einer Woche beim Kanton St. Gallen zur Prüfung eingereicht worden sind. Bereits rund 15 000 Personen haben die Bittschrift unterschrieben. Ob das Projekt damit gestoppt werden kann, ist allerdings fraglich. Der Kanton als Bewilligungsinstanz jedenfalls dürfte das Vorhaben gutheissen, machte Michael Eugster vom St. Galler Amt für Umweltschutz den Gegnern an einer Podiumsdiskussion am Montagabend in Bischofszell wenig Hoffnungen. Klein beigeben wollen die Fischer deswegen aber nicht.

Weiterer Mosaikstein

Für Jürg Marolf, Präsident des Thurgauer Fischereiverbandes, ist an der Thur die Grenze des Zumutbaren nämlich längst überschritten. Wenn jetzt noch zusätzlich Salz eingeleitet würde, «wäre das ein weiterer Hammer». Dazu wollten die Fischer nicht Hand bieten, auch wenn ihnen wieder und wieder versichert werde, die zusätzliche Salzfracht von 1200 Tonnen jährlich sei unbedenklich, sagte Marolf. Die Erfahrung lehre sie etwas anderes. Bei den Forellen hätten die Fangerträge in den letzten 20 Jahren massiv abgenommen. Viele Tiere seien zudem an Niere und Leber geschädigt. Ein Zusammenhang mit dem Wasser aus den Kehrichtverbrennungsanlagen sei nicht auszuschliessen, wie eine neue Studie im Kanton Aargau nahelege. Für Marolf alarmierende Ergebnisse. «Es erstaunt mich, dass sich die Grundwasserbezüger nicht mehr wehren.»

Enorme Gesamtbelastung

Ihre Sorgen wären nach Ansicht des Grünen Kantonsrates Hannes Stricker berechtigt. Denn Salze und Schwermetalle reicherten sich an und gelangten so ins Grundwasser. «Enorm Kummer» bereitet ihm aber auch die Gesamtbelastung der Thur. Nach einer Schätzung des St. Galler Amtes für Umweltschutz werden heute schon jedes Jahr 28 000 Tonnen Kochsalz eingeleitet im Gebiet der Kantone St. Gallen und Thurgau. Der zusätzliche Eintrag durch das KVA-Abwasser müsse negativ gewertet werden, zitierte Stricker aus dem Gutachten von Heinrich Vicentini im Anhang des Umweltverträglichkeitsberichtes. Rainer Heiniger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der KVA Bazenheid, findet es angesichts der enormen Gesamtmenge ungerecht, dass man jetzt mit dem Finger auf sie zeigt und nicht über das grundsätzliche Belastungs-problem der Thur redet. Sie jedenfalls seien gesprächsbereit. «Ökologische Fragen sind uns wichtig.» Und gerade deshalb wollten sie davon absehen, das Salz aus dem Prozesswasser einzudampfen. So könne die KVA sogar Mehrwert für die Natur schaffen. Denn mit dem Verzicht sparten sie jährlich rund 500 000 Franken - Geld für Zukunftsinvestitionen. Der Thurgauer Pro-Natura-Präsident Toni Kappeler, dem Pro- jekt gegenüber «äusserst misstrauisch», hörte das gerne. Konkret verlangte er von der KVA Bazenheid, dass zwei Drittel der zusätzlichen Mittel für Renaturierungsmassnahmen an der Thur aufgewendet werden, was Heiniger nicht versprechen wollte.

 

Billiger als in der bestbewerteten Stadt

Thüringer Allgemeine 17.9.2002

WUTHA-FARNRODA (vlk).Addiert man ein Jahr lang alle Gebühren für Trinkwasser und Abwasser, dann zahlt eine dreiköpfige Familie in Wutha-Farnroda mit am wenigsten in ganz Thüringen. Bürgermeister Ernst Kranz (SPD) beruft sich bei dieser Feststellung auf eine Untersuchung durch den Landesverband des Bundes der Steuerzahler. Dieser hatte in 39 Thüringer Städten die Gebühren einem Vergleich unterzogen und veröffentlicht. Wutha-Farnroda selbst kam in dieser Liste nicht vor, aber Kranz ließ für die Großgemeinde eine Berechnung nach demselben Schema anstellen. Das Resultat ist für ihn so eindeutig, das "braucht man nicht zu kommentieren".

Nach der Steuerzahler-Tabelle sind Wasser und Abwasser in Schleiz (724,19 Euro im Jahr) am teuersten. Am günstigsten unter den 39 Vergleichsorten schnitt Mühlhausen (419,44 Euro) ab. Bad Salzungen (610,41 Euro) zählt zu den teuren Städten, Eisenach (463,81 Euro) ist eher auf der günstigen Seite zu finden.

Wutha-Farnrodas Wert beträgt laut Gemeinderechnung 400,53 Euro und liegt damit sogar 19 Euro im Jahr günstiger als die am besten bewertete Stadt Mühlhausen. Es wurde bei der Berechnung ein täglicher Trinkwasserverbrauch von 88 Liter pro Kopf angenommen. Die Vergleichszahlen gehen von einem Drei-Personen-Haushalt aus. Berücksichtigt sind auch eventeulle monatliche Grundgebühren.

Allerdings sieht Kranz "Sorgenfalten auf der Stirn" der Versorger. Ursache hierfür sei der andauernde Rückgang des Trinkwasserverbrauchs. Die Anlagen seien so ausgelegt, dass sie auch in Spitzenzeiten genügend liefern könnten. Bei Durchschnittsverbrauch seien sie nicht ausgelastet.

In Wutha-Farnroda konnte bisher auf die Einführung einer Grundgebühr verzichtet werden. Das, so Kranz, könne aber für die Zukunft nicht mehr garantiert werden. Bei weiter rückläufigem Verbrauch werde man "an einer Neukalkulation der Trinkwassergebühr nicht vorbei kommen", heißt es in einer Mitteilung an die Gemeinderäte. Negativ wirke sich auch aus, dass der Einkaufspreis für Trinkwasser, den die Gemeinde an den Trinkwasserzweckverband zu zahlen habe, sich am 1. Juli um 18 Prozent erhöht habe. Zurzeit werde dies noch aus einer Rücklage ausgeglichen.

 

Schwere Havarie im Klärwerk: Abwasser musste umgeleitet werden

Ostsee Zeitung Lokales 13.9.2002 

 Stralsund (OZ) Alarmstufe 1 gab es am Dienstag im Klärwerk der Hansestadt. Wie Johannes Pisch von der Regionalen Wasser- und Abwassergesellschaft (Rewa) gestern mitteilte, musste die gesamte Anlage wegen einer defekten Hauptluftleitung außer Betrieb genommen werden. Die Mitarbeiter reagierten schnell auf die Havarie und leiteten das Abwasser in den riesigen Regenwasserspeicher um. Dadurch wurde gewährleistet, dass nichts mehr in den Strelasund floss. Die Beseitigung des Schadens dauerte bis Mittwoch. Nach Inbetriebnahme der Belüftung und Stabilisierung der biologischen Stufe nahm das Klärwerk um 17 Uhr wieder seine normale Tätigkeit auf.

Eine kluge Lösung schützt die Umwelt vor Schaden

Klärwerk in Ostrzeszów gilt als vorbildlich: Stuhrer Nabu-Vertreter von moderner Handhabung beeindruckt

Weser Kurier 12.9.2002

Von unserem Mitarbeiter Fritz Hopfgarten

Stuhr/Ostrzeszów. Zwei volle Stunden standen der Stuhrer Delegation im polnischen Ostrzeszów/Polen zur Verfügung, um mit örtlichen Vereinen ins Gespräch zu kommen. Ein polnisches Gegenstück zum Naturschutzbund Deutschland war allerdings nicht vorhanden. Kein Problem: Dafür öffnete Zenon Lewek die Tore zu dem modernen, von ihm geleiteten Klärwerk und zeigte den Stuhrer Nabu-Vertretern, wie über ein Klärwerk die Natur geschützt werden kann. Die über 40 Hektar große Wiesenfläche diente seit 1936 zum Verrieseln der Abwässer. Weil fünf Kilometer entfernt Trinkwasser gefördert wird, befürchtete man bei den leichten Sandböden deren Beeinträchtigung. Ingenieur Lewek machte sich deshalb stark für ein Klärwerk. Auch wenn die Bevökerung nicht begeistert war – immerhin verdoppelte sich der Kubikmeterpreis auf einen Euro – 1992 fand der erste Spatenstich statt. Als 1995 die mechanische Aufbereitung in Betrieb ging, wurde wegen Geldmangel nicht weitergebaut. Nur vorgereinigtes Abwasser der 18 00 Einwohnern floss über einen Bach durch ein Naturschutzgebiet zur Oder. Doch Direktor Lewek ließ nicht locker. 1999 wurde die biologische Klärstufe begonnen, wozu auch ein modernes Verwaltungsgebäude mit Labor und elektronischem Überwachungs-Tableau gehört. Das führte der Hausherr als erstes sichtlich stolz vor, konnte er daran doch die Gesamtanlage erklären – mit Dolmetscherhilfe natürlich. Zahlen wurden gennannt. Der europaweit geforderte Restgehalt an Phosphor- und Stickstoffverbindungen wird um mehr als die Hälfte unterschritten. Der anfallende Kläschlamm häuft sich preßgetrocknet täglich auf zwei Anhängern. Er werde von der Landwirtschaft gern genommen, erklärte Lewek, da er keine schädlichen Beimischungen enthalte. Die durchfluteten großen Absetzbecken beeindruckten die Gäste sehr, strömte doch aus ihnen kristallklares Wasser in einen etwa drei Hektar großen Teich mit Schilfkulissen. Nach etwa einer Woche Verweilzeit fließt es daraus in den Vorfluter. Ostrzeszów verfügt über eine Mischkanalisation: Ab- und Regenwasser fließen gemeinsam dem Klärwerk zu. Bei Starkregen wird der Überschuss in einem weiteren Teich aufgefangen und von dort nach und nach dem Klärwerk zugepumpt. „Das Werk ist rund um die Uhr besetzt“, versicherte der Chef von 18 Mitarbeitern.

Zuviel Dreck im Abwasser

Roth Hilpoltsteiner Volksztg. Lokales 12.9.2002

In Rother Kläranlage herrscht hoher Verschmutzungsgrad - „Illegale Einleitungen“ 

ROTH (stt) – Roth hat ein ungelöstes Abwasserproblem. Wie während der jüngsten Bauausschusssitzung bekannt wurde, hat die Stadtverwaltung bei Routineuntersuchungen in der Kläranlage festgestellt, dass an manchen Tagen ein erheblich höherer Sauerstoff-Einsatz zur Reinigung erforderlich ist als normal.

Es seien keine ungewöhnlichen oder gar Giftstoffe, beruhigte Sachverständiger Helmut Resch. „Es sind aber hohe Verschmutzungswerte, die auf gewerbliche Einleitungen zurückzuführen sind.“ Stellvertretender Bürgermeister Peter Grimm sprach von „illegalen Einleitungen“, deren Herkunft so schnell wie möglich geklärt werden müsse.

Von der Stadtverwaltung hieß es, es handele sich gewiss um mehrere Firmen, „die den selben Dreck produzieren“. Man habe bereits eine konkrete Vermutung. Weiter wolle man sich dazu nicht äußern. „Das ist in diesem Stadium zu heikel“, meinte Diplom-Ingenieur Richard Reger aus der Tiefbauverwaltung. Man habe bereits Untersuchungen eingeleitet.

Helmut Resch, vereidigter Sachverständiger für Abwasserbeseitigung und Kläranlagen, erklärte auf Nach frage, noch sei kein kritischer Zustand erreicht. „Man könnte aber auf einen zusteuern und deshalb muss man gegensteuern, damit nichts passiert.“ Durch anhaltend hohe Belastungen der Kläranlage wäre es nämlich durchaus möglich, dass die festgelegten Werte für den Ablauf des gereinigten Rother Abwassers in die Rednitz nicht mehr eingehalten werden können. Dann würde sich die von der Stadt an den Freistaat zu bezahlende Abwasserabgabe „schnell verdoppeln“, warnte Resch.

Die Rother Kläranlage ist auf eine durchschnittliche Belastung von 65 000 so genannten Einwohnerwerten ausgelegt, die sich aus einer Addition der durchschnittlichen Verschmutzung aus den Haushalten und des Gewerbes ergeben. Spitzen bis zu 90 000 Einwohnerwerten sind laut Resch in der Rother Kläranlage verkraftbar. Gemessen wurde aber mitunter ein Verschmutzungsgrad von bis zu 130 000 Einwohnerwerten. „Wir müssen abklären, woran das liegt“, so Resch und fügte hinzu, unter Umständen könne es sein, dass der betroffene Betrieb sich nicht bewusst sei, etwas falsch zu machen.

Eine Reduzierung der Spitzenverschmutzung könnte für die Stadt Roth auch zu direkten Einsparungen führen. Der für die Zukunftsvorsorge erforderliche Ausbau des Regenrückhaltebeckens Baumgartenwiesen könnte dann um 500 Kubikmeter geringer ausfallen. Die dafür geschätzten Gesamtkosten von 2,76 Millionen Euro würden sich um „mindestens 300 000 Euro reduzieren“, so Resch.

Elbmarsch trocknet Klärschlamm

Hamburger Abendblatt -Dienstag, 10. September 2002 - Harburg

Marschacht - Einen historischen Moment nannte Samtgemeindebürgermeister Rolf Roth den Augenblick, als er mit der Caterpillar-Raupe den "ersten Spatenstich" für eine neue Klärschlammvererdungsanlage am Abwasserwerk in Marschacht tat. Denn diese Anlage ist die erste dieser Art im Landkreis Harburg, sogar im Regierungsbezirk Lüneburg.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis die Gemeindepolitiker alles ausdiskutiert und die Genehmigung bekommen hatten. Nun soll die Anlage in drei Monaten fertiggestellt sein. "Wenn wir zu diesem Zeitpunkt nicht anfangen, schaffen wir den Baubeginn erst im nächsten Jahr", sagte Bauamtsleiter Uwe Luhmann. Denn im Frühjahr und Sommer ist Setz- und Brutzeit, in der die Bauleute die Naturfläche neben dem Klärwerk nicht betreten dürfen. In der Winterzeit ist das Gelände zu feucht.

Der Bau der Anlage kostet 850 000 Euro einschließlich einer fünfjährigen Garantiewartung und Betriebsbetreuung. Das Land Niedersachsen schießt einen Betrag von 187 000 Euro hinzu. die Vererdungsanlage wird auf einer Fläche von 1,2 Hektar gebaut und ist für eine maximale Belastung von 16 000 Einwohnerwerten gebaut. Bürgermeister Roth rechnet damit, im Jahr 40 000 Euro Betriebskosten einzusparen.

Den Bürger interessiere eine Kläranlage wenig, so Roth, sie müsse nur funktionieren. Wenn die Abwassergebühren steigen, zeige die Bevölkerung dann doch Interesse. "Und so haben wir uns für diese Anlage entschieden. Damit halten wir das Preisniveau von 2,56 Euro pro Kubikmeter Abwasser."

Das Verfahren wurde für kommunale und industrielle Schlämme entwickelt. Dem Klärschlamm wird weitestgehend das Wasser entzogen und durch den systemeigenen Prozess ein erdenähnliches Produkt geschaffen. Dieses kann im Landschaftsbau verwendet werden. Die niedrigen Betriebskosten und die hohe Wirtschaftlichkeit sollen die Vorzüge des Verfahrens sein. In Marschacht entsteht die 30. Anlage, die der Hersteller baut. mp

Bittere Pille für die Steinach

Tagblatt (ch) 9.9.2002

Medikamente werden in der Kläranlage nicht abgebaut - im schlimmsten Fall werden sie sogar aktiviert. 

Amt für Umweltschutz weist Medikamente im Flusswasser nach

Die Steinach ist nicht nur mit Schadstoffen aus dem Haushalt belastet. Eine Studie des Amtes für Umweltschutz zeigt, dass auch Medikamenten-Rückstände im Flusswasser zu finden sind. MICHAEL BREU Es ist eine Erfolgsgeschichte, die das Pharmaunternehmen Novartis mit dem Medikament Voltaren noch heute schreibt. Das Rheumamittel ist hoch wirksam und einfach in der Anwendung; als OTC-Produkt kann es ohne Rezept gekauft werden. Voltaren, das zeigen verschiedene Untersuchungen, hat aber auch seine Schattenseiten: In der Kläranlage ist es schlecht abbaubar und gelangt deshalb ins Flusswasser. Eine Studie des kantonalen Amtes für Umweltschutz weist nun nach, dass auch in der Steinach Rückstände des Medikaments zu finden sind - der «Steinach-Bericht» zeigt: «Die Wirkstoff-Konzentration liegt in einem Bereich, der für ARA-Abläufe typisch ist.» Konkret: Die vom Institut für Wasserforschung und Wassertechnologie im deutschen Wiesbaden ermittelten Konzentrationen liegen «im tiefen Mikrogramm-Bereich», das entspricht einigen Millionstel Gramm pro Liter Wasser.

Sechzig Medikamente

Gewässerschützer sind von den Resultaten nicht überrascht. Mehrere Studien haben in den letzten Jahren Medikamentenreste nachgewiesen. Erst kürzlich berichtete das Wissenschaftsmagazin «Nachrichten aus der Chemie», dass im Bodensee auf einer Tiefe von 250 Metern über sechzig verschiedene Medikamente aufgespürt werden konnten - mit dabei: Voltaren. «Einige Pharmaka, wie Voltaren, werden als Inhaltsstoffe von Salben zur äusserlichen Anwendung eingesetzt und geraten daher auch direkt durchs tägliche Duschen in das Abwasser», kommentieren Henno Rossknecht und Harald Hetzenauer vom Institut für Seenforschung in Langenargen sowie Thomas A. Ternes vom Institut für Wasserforschung und Wassertechnologie in Wiesbaden. Die beiden Institute sind in Europa führend, wenn es ums Aufspüren von Medikamenten in Flüssen, Seen und im Abwasser geht.

Psychopharmaka in der ARA

Von Medizinern wird Voltaren zur Gruppe der Antiphlogistika gezählt, zu den Mitteln, die örtlichen Entzündungen entgegenwirken. Zur gleichen Gruppe gehört Brufen, eine Pille, die ebenfalls im Steinachwasser nachweisbar ist. Noch nicht genug: Neben Voltaren (mit dem Wirkstoff Diclofenac) und Brufen (Ibuprofen) kann eine Menge anderer Medikamente nachgewiesen werden. Dazu gehören Medikamente gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten (Betablo- cker und Lipidsenker), gegen Bronchitis (Bronchospasmolytika), Psychopharmaka und Mittel, die in der Krebstherapie Verwendung finden. Ein wichtiger Stoff aus dieser Gruppe sind Röntgenkontrastmittel. Der «Steinach-Bericht» hält fest: «Vergleichsweise hohe Konzentrationen wiesen einzelne Röntgenkontrastmittel auf.» Diese chemischen Stoffe - Diatrizoat, Iopamidol, Iopromid oder Iomeprol - werden fast ausschliesslich im Spital verwendet. Die St. Galler Regierung hat im Januar 2002 in der Antwort auf eine Interpellation der Diepoldsauer SP-Kantonsrätin Ursula Graf Frei darauf hingewiesen und meint: «Es entspricht dem derzeitigen Stand der Technik, dass normale Spitalabwässer ohne besondere Behandlung der kommunalen ARA zugeführt werden.»

"Gipfel der nachhaltigen Enttäuschung" 

Mannheimer Morgen – 05.09.2002

BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt ist unzufrieden mit Johannesburg, sieht aber auch hoffnungsvolle Aufbrüche

Von unserem Mitarbeiter Ulrich Pontes

In vieler Hinsicht vom Weltgipfel enttäuscht, aber keineswegs resigniert ist Angelika Zahrnt, die Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die studierte Volkswirtin aus Neckargemünd war bis gestern in Johannesburg. Sie gehört zum Rat für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung.

Frau Zahrnt, sie telefonieren gerade von ihrem Handy aus - wo genau befinden sie sich?

ANGELIKA ZAHRNT: Ich bin in Johannesburg, mitten in der Installation "Hear our Voice" ("Höre unsere Stimme"). Hier stehen 6000 Pappmaché-Figuren, die den Überlebenskampf der armen Völker darstellen. Sie haben jetzt Schilder um mit der Aufschrift "verraten" und "verkauft" - unser Kommentar zum Gipfel.

Umweltminister Jürgen Trittin hat geäußert, dass dieser Gipfel alles in allem ein "Erfolg für den Umweltschutz" sei.

ZAHRNT: Die Ergebnisse sind mager. Wir sprechen von einem "Gipfel der nachhaltigen Enttäuschung". Es stimmt, dass es einige Fortschritte gegeben hat, zum Beispiel in der konkreten Zielsetzung, den Zugang zu Wasser und Abwasser zu verbessern. Und der Aktionsplan bietet die Chance, Regeln für die soziale und ökologische Verantwortung multinationaler Unternehmen auf den Weg zu bringen. Damit wollen wir erreichen, dass man zum Beispiel einen Ölkonzern haftbar machen kann, dessen Pipeline in Kamerun Leck schlägt und eine Umweltkatastrophe anrichtet. In allen anderen Bereichen wurde aber nicht festgelegt, bis wann was zu geschehen hat. Vielmehr heißt es beispielsweise, dass die Fischbestände sich auf ein "nachhaltiges Niveau" erholen sollen - "falls möglich". Das ist keine ernst zu nehmende, überprüfbare Verpflichtung.

Bleibt nicht wenigstens eine gewisse Aufbruchstimmung? Zum Beispiel haben Russland und Kanada angekündigt, das Kyoto-Protokoll endlich zu ratifizieren.

ZAHRNT: Da hat der Gipfel sicherlich mitgeholfen, genauso bei der Ratifizierung durch China. Aber insgesamt ist der Klimaschutz auf der Strecke geblieben: Die erhoffte Wende zu erneuerbaren Energien ist nicht erreicht worden. Eine Enttäuschung, gerade auch aus Sicht Deutschlands. Im Abschlussdokument steht, dass auch Kohletechnologien und die Errichtung von Staudämmen gefördert werden sollen - ein Skandal. Jetzt muss man sehen, wie aus dieser Niederlage doch noch etwas Positives entstehen kann. Deutschland hat erfolgreich eine Initiative angestoßen, durch die sich progressive Staaten zum Ausbau erneuerbarer Energien verpflichten. Über 20 Länder haben schon unterschrieben - das ist das richtige Signal.

Hätte man statt eines Weltgipfels gleich auf eine kleinere Runde setzen sollen?

ZAHRNT: Ich finde den Anspruch wichtig, dass alle Staaten Ziele zur Rettung des Planeten vereinbaren. Der Versuch war nötig. Nachdem er gescheitert ist, muss man neue Strategien suchen. Aber man darf nicht die Blockade einiger Länder - allen voran der USA - den Vereinten Nationen anlasten.

Wird es weitere Weltgipfel geben?

ZAHRNT: Keiner sagt hier: "In zehn Jahren sehen wir uns wieder." Anders als 1992 in Rio herrscht Ernüchterung - aber auch wieder keine Resignation auf ganzer Linie. Die hier verwirklichte Idee, alle Staaten und alle Themen zu vernetzen, war im Prinzip richtig. Nur hat sich gezeigt: Es ist ungemein schwierig, in solch großem Rahmen zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Jetzt überlegt man, wie man auf dem - weiter richtigen - Weg multilateraler Abkommen künftig besser vorankommt. Etwa durch inhaltlich stärker fokussierte Treffen wie die von Gerhard Schröder angeregte Konferenz für erneuerbare Energien.

Ungereinigte Abwässer gefährden die Elbe 

Durch Hochwasserschäden funktionieren viele Kläranlagen nicht mehr richtig 

SZ-online - sächsische Zeitung, 4.9.2002

Von Jan Franke

Das Elbhochwasser setzte im Landkreis fünf Klärwerke vorübergehend oder langfristig außer Gefecht. Mehrere Tausend Kubikmeter Abwasser strömten ungereinigt in die Elbe. Bis jetzt ist es erst in einem Fall gelungen, den Normalbetrieb wieder herzustellen.

„Wir hoffen, dass ab sofort wenigstens wieder mit einer Behelfssteuerung gefahren werden kann“, sagt Leo Kraschewski. Er ist technischer Betriebsführer im Klärwerk Wehlen. Das stand bis unters Dach im Wasser, die Elektronik ist nach wie vor lahmgelegt. Da der gesamte Klärprozess computergesteuert ist, so Kraschewski, laufen seitdem weder Pumpen noch Belüftung.

Mit dramatischen Folgen für die biologische Stufe. Dort fehlt der nötige Sauerstoff, jetzt ist die gesamte Bakterienkultur tot. Die Faulschlammbakterien ernähren sich von den Schmutzteilchen des Wassers, so findet eine biologische Reinigung statt. Das funktioniert praktisch wie ein natürliches Ökosystem, nur viel schneller. „Es wird wohl drei Monate dauern, bis die Bakterien sich regeneriert haben“, befürchtet Leo Kraschewski. Wann der Normalbetrieb wieder anläuft, ist unklar. Vorerst werden die Abwässer in einem großen Becken angestaut und vom gröbsten Dreck befreit. Der Schlamm wird unter großem Aufwand mit Lkws rausgeholt und das notdürftig gereinigte Abwasser in die Elbe eingeleitet. Bis zu einer halben Million Liter der schmutzigen Brühe gelangen so an einem Tag allein in Wehlen in den Fluss.

Naturschützer fürchten um Trinkwasser

Elbaufwärts, in Königstein, sieht es genauso schlecht aus. Erst eine Woche nach dem höchsten Flutpegel konnte dort wieder mit der mechanischen Reinigung begonnen werden. Solange flossen jeden Tag bis zu 720 000 Liter Abwasser ungereinigt in die Elbe.

Seit der Teilbetrieb wieder hergestellt ist, können zumindest Grob- und Schwimmstoffe zurückgehalten werden. „Allerdings liegt die Reinigungsleistung, was organische Inhaltsstoffe angeht, gegenüber dem Normalbetrieb zurzeit nur bei ungefähr 30 Prozent“, weiß Ines Drechsler vom Staatlichen Umweltfachamt Radebeul. Im Normalfall können in der biologischen Stufe bis zu 90 Prozent abgebaut werden.

Die Behörde überwacht sämtliche abwassertechnischen Anlagen im Landkreis. Trotz der prekären Situation sieht man dort keine sonderliche Bedrohung für die Umwelt. „Aufgrund der großen Wassermengen, die die Elbe in den letzten Wochen führte, fallen die ungereinigten Abwässer kaum ins Gewicht“, sagt Ines Drechsler.

Der Naturschutzbund (Nabu) Sachsen sieht das anders. „Zwar besteht für das Ökosystem keine akute Gefahr. Seitens der menschlichen Nutzung habe ich jedoch starke Bedenken“, warnt der Sprecher des Nabu Sachsen, Karl-Hartmut Müller. Viele Wasserwerke gewinnen Trinkwasser aus der Elbe. Dort sei Vorsicht geboten, da die Elbe möglicherweise durch Fäkalkeime verschmutzt ist, so Müller.

Fakt ist, dass momentan weder in Wehlen noch in Königstein die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden können. Die im Abwasser enthaltenen organischen Inhaltsstoffe werden erst im Fluss abgebaut. Dabei wird jede Menge Sauerstoff verbraucht. Im Extremfall könnte das zu einem Fischsterben führen. Darin sind sich die Naturschützer und das Umweltamt einig. Wie hoch die Sachschäden an den Anlagen ausfallen und welche Kosten somit auf die Abwasserzweckverbände zukommen, lässt sich noch nicht abschätzen. In Birkwitz-Pratzschwitz, der größten Kläranlage im Landkreis, sind die Pumpen schwer in Mitleidenschaft gezogen. „Hier kamen hunderte Tonnen Schlamm an“, sagt Abwassermeister Jens Eckardt. „Dieser Schluff führt extrem viele mineralische Bestandteile mit sich, das Pumpeninnere wird wie mit Sandpapier abgerieben.“ Hinzu kommt, dass die Maschinen seit Rückgang des Hochwassers ununterbrochen arbeiten.

Dessen ungeachtet ist Eckardt froh, dass die Kläranlage in Pratzschwitz überhaupt schon wieder arbeitet. „Vor dem Hochwasser haben wir die Motoren ausgebaut und mit einem Kran bis unter die Decke gezogen. Deshalb waren sie nachher trocken“, sagt er. Sogar die biologische Stufe konnte gerettet werden. Innerhalb von zwei Wochen, so Eckardt, werden sich die Bakterien vollständig regenerieren.

Weniger Stickstoff fließt in die Ostsee

Kieler Nachrichten vom 03.09.2002

Klärwerk: Investitionen machen sich bezahlt

Strande (TM) Die hohen Investitionen der Stadt und der 19 Umlandgemeinden für eine verbesserte Abwasserreinigung im Bülker Klärwerk zeigen Erfolge. Ein Jahr nach der Inbetriebnahme der neuen biologischen Klärstufe zog die Kieler Stadtentwässerung gestern eine positive Bilanz: Täglich gelangen jetzt 3,6 Tonnen weniger Stickstoff in die Ostsee. Das Unterschreiten der gesetzlichen Werte zahlt sich zudem finanziell aus, weil sich die Abwasserabgabe ans Land erheblich verringert hat. Trotz allen Fortschritts war das Regentief "Claudia" Mitte Juli auch für die moderne Anlage zu heftig: 40000 Kubikmeter Abwasser mussten ungeklärt in die Ostsee geleitet werden. Normalerweise fließen täglich 55000 bis 60000 Kubikmeter in Richtung Bülk. Am 18. Juli waren es 140000 – so viel wie noch nie. Um ein Überschwemmen der Anlage und damit ein Ausspülen des für die Klärung wichtigen Belebtschlammes zu verhindern, wurde der Schieber geöffnet und das Abwasser durch einen Notüberlauf 200 Meter vom Strand entfernt in die Ostsee entlassen. "Die Wasserbehörde hat die Einleitung genehmigt und Proben genommen", sagt Gerhard Bebendorf, Leiter der Stadtentwässerung. Obwohl beim Baden am Bülker Strand auf Grund der eingeleiteten Mengen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht zu rechnen ist, soll das generelle Badeverbot bestehen bleiben. Es bietet dem Betrieb einen rechtlichen Schutz vor möglichen Schadenersatzansprüchen. Im Normalfall wird das gereinigte Abwasser in 1,1 Kilometer Entfernung vom Strand eingeleitet.

Derzeit bestimmen laute Rammarbeiten den Alltag auf dem Betriebsgelände. Sie werden noch etwa zwei bis drei Wochen andauern. Der noch nicht verfüllte Bereich der Klärschlamm-Deponie erhält eine zweite Spundwand, die der Anlage Halt gegen das weiche moorige Außengelände gibt. Denn künftig sollen auf dieser Fläche 96000 Kubikmeter mehr an Klärschlamm abgelagert werden als noch 1992 geplant, und deshalb muss die Tragfähigkeit verbessert werden. Grund ist, dass auf der anderen Deponiefläche, die bereits abgedeckt wird, weniger abgekippt werden kann als ursprünglich gedacht. Wegen veränderter Umweltauflagen muss die Abdeckung jetzt nämlich 1,60 statt 0,7 Meter dick sein. Dadurch verringert sich die Lagerkapazität.

Bisher sind in Bülk 350000 Kubikmeter Klärschlamm deponiert worden – das Maximum der Aufnahmekapazität liegt bei 590000. Eingelagert wird derzeit jedoch vor allem Klärschlamm aus anderen Anlagen des Landes, dessen Schadstoffbelastung über den Grenzwerten liegt. Das Bülker Material hat niedrigere Werte und kann deshalb als Dünger auf die Äcker gebracht werden. Wie lange dies noch möglich sein wird, steht allerdings in den Sternen. Das Kieler Umweltministerium hat unter dem Gesichtspunkt des Gewässer- und Bodenschutzes eine Diskussion um die künftige Klärschlammverwertung angestoßen und zahlreiche Gutachten in Auftrag gegeben. Am Ende könnte eine völlig veränderte Entsorgungspraxis stehen.

Ein Festbett für Mikroorganismen

Neues Klärwerk in Biebrich hat Probelauf bestanden/Abwasserentsorgung zentralisiert

Main Rheiner Zeitung 03.09.2002

Das neue Klärwerk Biebrich ist nach zwei Jahren Bauzeit fertig und nach einem Probelauf jetzt offiziell in Betrieb. Der 60,8 Millionen Euro teure Neubau entsorgt die Stadtteile entlang der Rheinschiene und zum Teil Dotzheim. Von Kurier-Redakteurin

Doris Schröder

Klärtechnik vom Feinsten bekommen die Wiesbadener künftig für ihre Gebühren: Große, runde Becken mit stinkender Fäkalien-Brühe sucht man hier vergebens. Stattdessen Flachbauten aus Metall und Beton, die Pumpen, Becken und Rohre vor Blicken schützen und die Anwohner vor Geruch und Lärm. Das neue Biebricher Klärwerk in der Karl-Bosch-Straße hat nun offiziell seinen Betrieb aufgenommen. Nach zweijähriger Bauzeit und einjährigen – erfolgreichem – Probelauf. Nur eine Gruppe Anwohner tat bei der Eröffnung ihren Unmut kund. Nicht nur, dass der Acker vor ihren Fenstern weichen musste; auch sei die Geruchsbelästigung eher schlimmer als besser geworden.

Mit der Erweiterung des Biebricher Klärwerks ist ein wichtiger Abschnitt des Abwasserkonzepts realisiert worden, das die Stadtverordnetenversammlung 1996 noch zu Zeiten der Großen Koalition im Rathaus beschlossen hatte. Die Abwässer der Stadtteile Amöneburg, Kastel, Kostheim, Biebrich, Frauenstein, Schierstein und teilweise auch Dotzheim fließen in zwei großen Kanälen zum neuen Klärwerk im Biebricher Industriegebiet. Das sind täglich 19000 Kubikmeter. Davon stammen rund 20 Prozent aus Industriebetrieben. Die Klärwerke in Kastel und Kostheim wurden weitgehend geschlossen.

Damit gibt es nur noch zwei kleinere Klärwerke in Wiesbaden: in Auringen und Medenbach. Auch sie sollen in drei Jahren überflüssig werden, wenn der 85 Millionen Euro teure, derzeit laufende Umbau des Hauptklärwerks im Salzbachtal beendet ist. Ziel ist, die Klärung des Wiesbadener Abwassers auf die beiden großen Anlagen zu konzentrieren. Der ursprünglich geplante Ausbau der dezentralen Klärwerke wäre teurer gewesen. 450 Millionen Mark hatte man 1996 für das komplette Abwasserkonzept veranschlagt. Dazu gehört auch der Bau des Hauptsammlers West und die Kanalarbeiten in der Taunusstraße.

Kosten des Biebricher Neubaus: rund 60,8 Millionen Euro. Herzstück und Besonderheit sind Filterkammern, die mit Trägerstoffen gefüllt sind. Hier siedeln jene Bakterien, die das Wasser im biologischen Prozess in drei Stufen reinigen. Diese Festbett-Technologie ersetzt das herkömmliche Flüssigverfahren mit seinen großen Becken, wie es sie im Hauptklärwerk weiterhin geben wird. Hauptvorteil: der um 40 Prozent geringere Platzbedarf. Anders wäre das Grundstück in der Karl-Bosch-Straße zu klein gewesen, an dem seit 1905 Abwasser gereinigt wird. Zumal auch noch ein Blockheizkraftwerk nach Abriss der alten, von 1967 stammenden Anlage auf dem Gelände gebaut werden soll.

Bei der Eröffnungsfeier fiel er immer wieder, der Vergleich mit dem Mercedes. Im Frühjahr hatte Umweltdezernent Joachim Pös (FDP) Rot-Grün vorgeworfen, für die Abwassergebührenerhöhung um fast 40 Prozent verantwortlich zu sein. Wiesbaden hätte die EU-Vorgaben auch mit geringerem finanziellen Aufwand erfüllen können, schimpfte die neue, schwarz-gelbe Mehrheit im Rathaus. Inzwischen steht Pös zu dem „Mercedes“: „Hält und ist zukunftsträchtig“, lobte er die neue Anlage – auch wenns zunächst im Geldbeutel weh getan habe. Auch Oberbürgermeister Hildebrand Diehl (CDU) freute sich über die Einweihung der „vorbildhaften Anlage“. Und beharrte doch: „Ein Volkswagen hätte es auch getan.“ Wälti Schmitt, Bereichsleiter Entwässerung bei den Entsorgungsbetrieben, schlug die Brücke: Er bezeichnete das Klärwerk schließlich versöhnlich als „Volkswagen, weil er für alle Menschen da ist und nicht nur für eine ausgesuchte Klientel, aber dafür einer mit Metallic-Lackierung“.

Das Klärverfahren: Im – überdachten – Rechenhaus wird grober Schmutz entfernt. Die Biofilter befreien das Wasser dann von Nitrat, Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen. Phosphor, Verursacher von übermäßigem Algenwachstum, wird chemisch entfernt. Das so behandelte Abwasser fließt in den Rhein. Der gewonnene Klärschlamm wird nach Entwässerung in den Faulturm gepumpt. Was übrig bleibt, wird derzeit noch auf die Mülldeponie gebracht, zukünftig soll der ausgefaulte Schlamm verbrannt werden.

Sechs solcher Festbettanlagen sind bisher in Deutschland in Betrieb, erläuterte Bernd Holzmann von den ELW. Und das Wiesbaden jetzt zur Crème der Klärtechnik gehört, hat sich herumgesprochen: Sogar eine Delegation aus Hongkong waren schon zu Gast.

Abwasser: Einigung auf Aktionsplan 

sda 2.9.2002 - Berner Zeitung

Am Tag der Ankunft zahlreicher Regierungschefs auf dem Entwicklungsgipfel in Johannesburg haben sich die Delegierten in einer Reihe von strittigen Punkten geeinigt. Bei einer nächtlichen Marathonsitzung konnte die deutsche Delegation nach Angaben eines Mitglieds vom Montag eine zentrale Forderung Deutschlands durchsetzen: Die Delegierten vereinbarten das Ziel, die Anzahl der Menschen ohne Zugang zu sanitären Anlagen weltweit bis 2015 zu halbieren.

Die Vereinbarung des Abwasserziels gilt als Erfolg der EU und der Entwicklungsländer. Allerdings war die Halbierung der Anzahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser bis 2015 bereits bei der UNO-Millenniumskonferenz in New York vor zwei Jahren vereinbart worden.

Die USA stehen der Vereinbarung konkreter Ziele und klarer Zeitpläne zu drängenden globalen Problemen grundsätzlich ablehnend gegenüber.

Aus Abwasser grünes Gold

newsclick Lokales 2.9.2002 + Peiner Nachrichten

Hauptregenmeister Herbert Blickwede geht nach 33 Dienstjahren in den Ruhestand

Von Florian Arnold WIPSHAUSEN. Es gibt Menschen, die dem Ruhestand nicht mit stiller Freude entgegen sehen, sondern ihn beinahe fürchten. Weil sie mit Leib und Seele in ihrer Arbeit aufgegangen sind. Herbert Blickwede gehört zu ihnen. "Ich war sieben Tage in der Woche einsatzbereit, das Funktelefon stand stets neben meinem Bett", sagt der Hauptregenmeister und stellvertretende Geschäftsführer des Abwasserverbandes Braunschweig, der am Wochenende nach 33 Jahren in den Ruhestand verabschiedet wurde. Blickwede ist tief verwurzelt in den einst kargen Sandböden jenes Südheide-Streifens, der sich rund 4000 Hektar weit zwischen Rothemühle und Ohof erstreckt. "Vor 40 Jahren war noch alles, was hier leibte und lebte, von der Landwirtschaft abhängig", sagt der 65-Jährige, der als Sohn eines Landwirts in Hillerse aufwuchs. Wie alle Bauern der Region profitierte auch seine Familie von jenem strategischen Schachzug, der in beinahe alchemistischer Manier aus Sch grünes Gold machte: der Beregnung der Äcker mit dem Abwasser der Großstadt Braunschweig - 50 000 Kubikmeter täglich. "Rund 600 Millimeter Wasser fallen in unserer Gegend im Jahresmittel, zu wenig, um auf den sandigen Böden Zuckerrüben oder hochwertigen Weizen anzubauen", sagt Blickwede. Die Abwasserverregnung verschaffte den Bauern die nötigen 300 Millimeter künstlichen Niederschlag zusätzlich. 120 Mark pro Hektar kostete sie der Beitritt zum 1954 gegründeten Abwasserverband Braunschweig. Rund 550 Grundstückseigentümer traten bei, heute sind es hundert weniger. Blickwede begann seine Arbeit für den Verband 1969, nach der Landwirtschaftsfachschule und zwölfjähriger Bundeswehrzeit. Er wäre selbst gern Landwirt geworden, doch als Zweitgeborener blieb ihm sein Berufstraum verwehrt. Die Beregnung wurde während Blickwedes erster Dienstjahre noch von Hand gemacht, rund 30 griechische und italienische Gastarbeiter waren dafür zuständig. Anfang der 70er-Jahre wurde das System mit 175 Beregnungsmaschinen automatisiert. "Das war eine technische Neuheit. Täglich kamen internationale Besuchergruppen, aus China und dem nahen Osten. Ein ganzer Industriezweig entstand", erinnert sich Blickwede. Weitere technische Neuerungen kamen weniger den Landwirten als den Anwohnern zustatten: Das Klärwerk Steinhof wurde in mehreren Schritten modernisiert, die Geruchsbelästigung minimiert. Die Zukunft des Verbandes sieht Blickwede nach diesen Investitionen als gesichert an. Und für seine eigene Zukunft hat er das, was Männer wie er am nötigsten brauchen: eine Aufgabe. Seit 1983 bewirtet seine Frau Erika die traditionsreiche Familiengaststätte Heidkrug an der B 214. Blickwede, der wohl weiß, dass Frau und Kinder in der Vergangenheit stets ein wenig kurz kamen: "Da kann ich jetzt mehr mit anpacken."

Bitte drei Minuten abkochen! 

Dem Kampf gegen das Wasser folgt jetzt der Kampf um das Wasser - in den betroffenen Gebieten muss vielerorts die Infrastruktur der Trink- und Abwasserversorgung neu aufgebaut werden. Die Menschen fürchten höhere Gebühren aus Leisnig

taz Nr. 6842 vom 2.9.2002, Seite 8, 122 Zeilen (TAZ-Bericht), NICK REIMER

Im Juli hatte das Landratsamt Döbeln die Idee, eine Katastrophenschutzübung für September anzusetzen. Das sei mal wieder dran, so die Offiziellen. Szenario: Hochwasser an der Freiberger Mulde, die Trinkwasserversorgung bricht zusammen. "Natürlich haben wir uns Gedanken gemacht", sagt Christine Mesek, Niederlassungsleiterin von OEWA-Wasser, Tochter des weltgrößten Wasserkonzerns Vivendi. Man könnte sagen: Gott sei Dank hat sich OEWA Gedanken gemacht. Vier Wochen später trat ein, was als Übung geplant war.

Das Trinkwasserwerk in Leisnig. Etwa neun Meter hoch stand hier die Mulde, überflutete die Hallen, schüttete die Brunnen mit Schlamm zu. Wasser, das Wasserleitungen vernichtet: Die unterirdischen Transportleitungen wurden von der Mulde schlicht zerschmettert, die Versorgung brach zusammen. Aber nicht lange. "Wir wussten, wo wir welche Notleitung legen mussten", sagt Christine Mesek. Der Katastrophenschutzübung sei Dank. Zudem schickte der Mutterkonzern aus Frankreich ein mobiles Wasserwerk. Bislang tat das seinen Dienst im Kosovo und anderen Krisengebieten.

"Natürlich ging es zuerst darum, Menschenleben zu retten", sagt Hans-Henner Steinborn, Leiter des Gesundheitsamtes im Landkreis Döbeln. Gleich danach habe aber die Trinkwasserversorgung auf der Agenda gestanden. "Menschen können nur wieder aufbauen, wenn sie sauberes Trinkwasser haben", sagt Steinborn. Die Situation sei dramatisch gewesen. "Ich hatte nur noch die Hälfte der Wasserwerke. Und keinen Strom mehr." Mittlerweile sei die Lage stabil, auch wenn es eine Notlage bleibe. "Die Leute wollen kein Chlor in ihrem Trinkwasser. Aber wenn du Chlor drin hast, hast du wenigstens keine Keime mehr."

Trinkwasser mindestens drei Minuten abkochen - das war wochenlang der Rat der sächsischen Gesundheitsämter. Wasserproben hatten jede Menge bakterielle Belastung ergeben. Verursacht unter anderem durch zerstörte Abwasserleitungen und überflutete Klärwerke. Zum Beispiel in Grimma. "Wir schätzen die Schäden allein an dieser Anlage auf 1,1 Millionen Euro", sagt Abwassermeisterin Karsta Leuschner. Zu beheben sei dieser Schaden nur, wenn der Staat zahle - und zwar alles. Entsprechende Zusagen habe das Umweltfachamt Leipzig glücklicherweise bereits gegeben, so Leuschner.

Dass beim Wiederaufbau manchmal auch kühnste Prognosen übertroffen werden, zeigt das Klärwerk in Dresden-Kaditz mit einem Einzugsgebiet von 500.000 Menschen. Dort gelang es, zwei der sechs eigentlich aufgegebenen Pumpen zu reaktivieren. Seit Freitag klären sie bis zu 6.500 Kubikmeter Abwasser je Stunde. "Das entspricht der Menge, die an Tagen ohne Regen anfällt", sagt Betriebsleiter Johannes Pohl. Mit etwa 12,5 Millionen Euro werden hier die Schäden beziffert, tagelang flossen 110.000 Kubikmeter Abwasser in die Elbe. Die Schäden am Dresdner Kanalnetz werden sogar auf 16,5 Millionen Euro geschätzt. Und sie werden noch lange Dresdner Alltag sein. "Sobald wir 20 Zentimeter graben, kommt Grundwasser", sagt Gebietsleiter Oswald Krause. Zwei Jahre veranschlagt er, bis das gesamte Kanalnetz repariert ist.

Angesichts solcher Summen fürchten die Menschen vielerorts, dass die in den neuen Bundesländern sowieso schon besonders hohen Wassergebühren weiter steigen. Selbst wenn - wie die Wasserwerker hoffen - sich Bund und Land die Kosten teilen, werden diejenigen, die vom Hochwasser überrollt wurden, wohl zahlen müssen. Wasserwerkerin Christine Mesek: "Beim Beseitigen des Schlammes haben viele Haushalte so viel Wasser eingesetzt, wie sonst im ganzen Jahr".

 

 
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