Mai 2003

Wasser-/Abwassernachrichten

(News-Archiv)

Umwelt Bakterien bauen 1,2-Dichlorethan ab

Wissenschaft. den 30.04.2003

Neu entdeckter Bakterienstamm könnte einen der häufigsten Abwasserschadstoffe beseitigen Hier klicken!

Belgischen Wissenschaftlern ist es gelungen, einen Bakterienstamm zu isolieren, der die krebserregende Substanz 1,2-Dichlorethan restlos abbauen kann. Das berichtet die Universität von Gent in einer Pressemitteilung.

Bei der industriellen Produktion von Polyvinylchlorid (PVC) beispielsweise entstehen große Mengen an 1,2-Dichlorethan, eine der Hauptverschmutzungen des Grundwassers. Diese Substanz mit einer Halbwertszeit von etwa fünfzig Jahren könnte möglicherweise die Gesundheit der Menschen ernsthaft gefährden. Hilfe bringen soll nun ein Bakterienstamm, den Wissenschaftler der Universität Gent isoliert haben. Die Bakterien veratmen die giftige Substanz – wie die Menschen den Sauerstoff – und sorgen damit für ihren Abbau.

Die Forscher haben für diesen Bakterienstamm den Namen Desulfitobacterium dichloroeliminans vorgeschlagen. Sie konnten bereits im Labor die Wirksamkeit des Abbaus nachweisen: Die Bakterien zersetzen das 1,2-Dichlorethan innerhalb von Tagen ohne Rückstände. Bisherige Methoden der Grundwasserbehandlung erforderten extrem langwierige Reinigungszyklen, die sich über Jahre hingezogen haben. Seit Dezember 2002 laufen erste erfolgreiche Versuche, den Bakterienstamm auch vor Ort im Grundwasser einzusetzen.

 

Wer ist schuld am Muschelsterben? - Experten uneinig über Ursachen 

Merkur-Online, den 29.4.2003

Dass die einst im Überfluss vorhandenen Großmuschel-Bestände im Tegernsee inzwischen auf ein Minimum geschrumpft sind, ist hinlänglich bewiesen. Erst kürzlich demonstrierten Taucher, die derzeit im Auftrag des Bezirks Oberbayern die wenigen noch lebenden Muscheln kartieren, dass sie bei ihren Untersuchungen zumeist nur auf leere Schalen stoßen (wir berichteten). Doch was die Ursachen für das Sterben der stummen Seebewohner betrifft, scheiden sich jetzt offenbar die (Experten-) Geister.

Landesamt widerspricht Aussagen des Bezirks

So widersprach gestern das Bayerische Landesamt für Wasserwirtschaft Aussagen des Bezirks Oberbayern, wonach die gute Wasserqualität und damit verbunden die Nährstoffarmut für das Muschelsterben im Tegernsee verantwortlich sind. Vielmehr führt Albert Göttle, Präsident des Landesamtes, den erschreckenden Rückgang auf einen Parasiten zurück, dem die Fachleute des Bezirks lediglich eine Teilschuld einräumen. Göttle: "Viele Teichmuscheln sind verhungert, weil sie in Nahrungskonkurrenz zur Dreikantmuschel stehen, die sich stark vermehrt hat. Sie hat der Teichmuschel die Nahrung quasi vor der Nase weg filtriert."

Die Nährstoffentlastung in den großen Seen, so heißt es in der Presseinformation des Landesamtes, sei eindeutig keine unmittelbare Ursache für das Sterben. Die Sauberkeit sei vielmehr "eine besondere Erfolgsgeschichte im bayerischen Gewässerschutz". Besonders die dauerhafte Fernhaltung von Abwasser aus dem Seenumland durch Ringkanäle habe entscheidend dazu beigetragen. "Diese Anstrengungen haben sich ausgezahlt, Verschlechterungen der Gewässerqualität konnten gestoppt und der Trend umgekehrt werden", lobt das Amt den guten Zustand der Seen. Außerdem betont es, dass der Rückgang der Großmuscheln im Tegernsee seit vielen Jahren bekannt und auch bei anderen Seen beobachtet worden sei. Am Starnberger See etwa sei dazu Anfang der 90er Jahre eine umfangreiche Untersuchung durchgeführt worden. Auch der Bezirk, so heißt es seitens des Landesamtes, sei an diesem Projekt beteiligt gewesen, "dessen Ergebnisse bereits vor fast einem Jahr veröffentlicht wurden". (gw)

 

Gerichte bestätigen: Abwassergebühren werden seit Jahren falsch berechnet.

Pressemitteilung des BUND Landesverband NRW, 25.4.2003

Der Landesarbeitskreis Wasser (LAK) im BUND NRW setzt sich seit Jahren für eine naturnahe Regenwasser­be­wirtschaftung ein. Ziel ist es dabei auch, die Landschaftsversiegelung zu stoppen. Deshalb fordert er gesetzliche Regelungen mit finanziellen Anreizen zur Entsiegelung. Ein Beitrag wäre die entsprechende Gestaltung der Abwassergebühren, die in vielen Kommunen noch nach dem alleinigen Maßstab Trinkwasserverbrauch berechnet werden. Der BUND hält dagegen die gesplittete Abwasser­gebühr ökologisch und ökonomisch für sinnvoller. Zudem sei sie ein Beitrag hin zu einer verursachergerechten Gebühr, bei der insbesondere Familien mit Kindern entlastet werden. Beim BUND ist man der Auffassung, dass die Umlage der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung nach dem Trinkwasserverbrauch fern jeder Realität ist und kein Zusammenhang mit der eingeleiteten Niederschlagswassermenge eines Grundstücks besteht.

Gleich in zwei Prozessen, die vom BUND-Landesarbeitskreis Wasser aktiv unterstützt wurden, konnten jetzt Erfolge erzielt werden. In der Stadt Detmold, NRW, wurde die Gegenklage von der Stadt wohl wegen der Aussichtslosigkeit zurückgezogen und der Kläger „klaglos“ gestellt. Dies bedeutet, dass der vom BUND unterstützte Kläger seine gesamten Abwassergebühren von 3 Jahren zurückerstattet bekommt. Gleichzeitig führt die Stadt Detmold ab 2004 die gesplittete Abwassergebühr ein. In Untermerzbach, Bayern, musste man sogar in die zweite Instanz. Hier hat der Bayerische Ver­waltungs­gerichtshof (BVH) mit Urteil vom 31. März 2003 Az. 23B02.1937 – W 2 K 01.997 die Auffassung der Kläger bestätigt und die Abwassersatzung der Gemeinde Untermerzbach für nichtig erklärt. Noch in erster Instanz beim Verwal­tungs­gericht Würzburg war die Behauptung der Gemeinde akzeptiert worden, dass der Kostenanteil der Nieder­schlagswasserbeseitigung nur 1,15 % betrage und damit zu vernach­lässigen sei. Tatsächlich bewegen sich diese Kosten nach BUND-Recherchen bundesweit in den Kommunen im Bereich zwischen 30 % und 50 %. Der BVH sah die vorgelegte Kostenrechnung der Gemeinde als fehlerhaft an und ging von einem Kostenanteil der Niederschlagswasserbeseitigung von weit über 12 % aus. Ab diesem Kostenanteil sieht der BVH es als zwingend notwendig an, die gesplittete Abwassergebühr einzuführen.

Willi Hennebrüder vom LAK Wasser dazu. „Eigentlich ist es traurig, dass wir vor Gerichten Abwasser­ge­bührenregelungen erkämpfen müssen, die ökologisch und ökonomisch vernünftig sind und die der Verantwortung gegenüber kommenden Generationen gerecht werden. Wenn die Hochwasserschäden da sind, ist das Gezeter der Politiker groß, wenn es aber nach wenigen Wochen um die notwendigen Entscheidungen in den Kommunen zur Hochwasservorsorge geht, interessiert sie ihr Geschwätz von gestern nicht mehr.“

Nach den Erfahrungen des BUND wird dann in den Ratssitzungen, in Widerspruchs- und Gerichts­verfahren von den Ver­waltungen mit falschen Daten und Behauptungen gearbeitet. Willi Hennebrüder, der sich seit 15 Jahren mit dem Thema beschäftigt: „Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Informationen werden vorenthalten und vorgelegte Kostenrechnungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Da wird sogar behauptet, dass sich die Umstellung negativ auf die Gebühren von Familien mit Kindern auswirkt, obwohl Auswertungen des BUND auf Basis der Zahlen des Steuerzahler NRW bekannt sind, dass bei 23 Umstellungen der letzten 3 Jahre auf die gesplittete Abwassergebühr der Durch­schnitts­haushalt mit 200 cbm Trinkwasserverbrauch und 130 qm versiegelter Fläche im Durchschnitt 9,5 % Abwassergebühren einspart. Auch scheut man sich nicht Kostenvoranschläge für eine Umstellung der Gebührenrechnung vorzulegen, die völlig überhöht sind.“

Nach den Erfolgen in Bayern und NRW hofft der BUND nun, dass noch mehr Bürger bereit sind, sich vor Ort für ökologisch sinnvolle Abwassergebühren einzusetzen und auf breiter Front die Kommunen die gesplittete Abwasser­gebühr einführen werden. Infos zur ge­split­teten Abwassergebühr und Kopien der Gerichtsurteile VG Aachen NRW und BVG Bayern können gegen Ein­sendung von 5,50 € in Briefmarken beim BUND, LAK Wasser, Liebigstr. 92a, 32657 Lemgo angefordert werden.

 

„Wie auf hoher See“

Stoiber spürt Gegenwind der Banken

Nürnberger Nachrichten, den 25.04.2003 

Das Reizthema „Cross-Border-Leasing“ beschäftigt die Politiker im Rathaus ebenso wie den Mann auf der Straße. Selbst in CSU-Kreisen mehren sich die Stimmen, die vorhersagen, dass die bayerische Staatsregierung ihren Gegenkurs noch rechtzeitig vor dem Landtagswahlkampf aufgeben werde. In diesem Fall haben Nürnberger Kommunalpolitiker schon das nächste lukrative Leasing-Objekt ausgeguckt — die NürnbergMesse.

Wenig selbstbewusst haben die Fürther Stadträte sich dieser Tage dem Druck aus München gebeugt, einen Schlussstrich unter das Cross-Border-(Über-die-Grenze-)Leasing mit dem Fürther Kanalnetz gezogen und auf bis zu 15 Millionen Euro verzichtet. „Jetzt haben wir die Sache erst mal abgehakt“, zuckt Rudolf Becker, der Kämmerer der Kleeblattstadt, mit den Achseln. Er kann die Ablehnung der CSU-geführten Staatsregierung gegenüber dem Leasing zwar nicht nachvollziehen, vollzieht aber den Beschluss seiner Stadträte: „Fürth hat sich eben beeindrucken lassen von den Worten des Innenministers Günther Beckstein; Nürnberg nicht, dort ist man selbstbewusster.“

In der Tat hat Beckers Kollege, der Nürnberger Finanzreferent Wolfgang Köhler, vom Stadtrat der Noris den klaren Verhandlungsauftrag bekommen, das bisher größte Nürnberger Leasing einzufädeln: Die Röhre der U-Bahn-Linie 1 soll für eine Milliarde Euro an einen US-Trust als Investor verleast und in einer Art Untermietvertrag gleich wieder zurückgeleast werden; durch die Steuergesetzgebung sparen die US-Anleger Millionen und geben einen Teil davon als Einmalzahlung gleich an die Stadt weiter; in diesem Fall sollen bis zu 50 Millionen Euro in die leere Kasse gespült werden. Köhler, selbst CSU und erklärter Befürworter der Leasing-Geschäfte wie SPD- und CSU-Fraktion in Nürnberg unisono, verhandelt konkret mit Arrangeuren solcher Deals.

„Edmund Stoiber und die Staatsregierung werden den Gegenkurs nicht mehr lange durchhalten können“, prophezeien selbst christsoziale Parteigänger. Wie mehrfach ausführlich berichtet, plant das Kabinett, ins Kommunalgesetz ein Gebot der Vermeidung besonderer finanzieller Risiken aufzunehmen, um so den von Stoiber und Finanzminister Kurt Faltlhauser ungeliebten Geschäften einen Riegel vorzuschieben.

Doch der Druck auf die Staatskanzlei wächst. Bei einer Anhörung der CSU-Landtagsfraktion hagelte es Kritik an der bayerischen Haltung. „Die Bankenwelt bedrängt Stoiber massiv“, sagt ein Insider. „Stoiber hat hier viel zu sehr aus dem Bauch heraus gehandelt.“ Es sei damit zu rechnen, dass die CSU rechtzeitig vor der heißen Phase des Wahlkampfs einlenkt. Zumal die Bayerische Landesbank selbst fleißig als Arrangeur auftritt. Und kein anderes Bundesland auf die Linie der Gegner von Cross-Border einzuschwenken scheint.

Auf Seiten der Globalisierungsgegner wie den Attac-Gruppen freilich lässt die Kritik ebenso wenig nach (siehe auch Bericht unten links) wie in der Bevölkerung, beim normalen Steuerzahler, den das Thema voll in der Magengrube trifft. Tenor: Die Kanalisation, die U-Bahnen, ja das Rathaus verleasen — das klingt nach Steuerschlupflöchern, Winkelzügen und Geschäftemacherei. Zuletzt hatte auch der Mieterverein in Nürnberg massive Vorwürfe erhoben. Nun legt Geschäftsführer Hans W. Halbig nach: Er fragt listig nach der Verwendung des erzielten Barwertvorteils bei Leasing im Bereich Kanalisation und Klärwerke. Denn die Kosten des Betriebs dieser Anlagen, einschließlich der Abschreibungen, „bilden mitunter die Grundlage für die Gebührenforderungen der Stadt an die Haus- und Grundbesitzer; letztendlich sind es dann die Mieter, die über die Betriebskostenabrechnung mit den Gebühren für Abwasser belastet werden“. Halbigs konkrete Frage: Wurden die vereinnahmten Barwertvorteile von zirka 30 Millionen Euro aus dem Cross-Border-Leasing mit Kanalisation und Klärwerk dem Gebührenhaushalt zugeführt oder haben sie lediglich zum Abbau des allgemeinen städtischen Schuldendienstes gedient? Das heißt: Hätte das Geld nicht zwingend als unplanmäßige Einnahme dem Gebührenhaushalt und der Kalkulation der Abwassergebühren zugeführt werden müssen? Noch deutlicher: Hätten nicht die Gebühren in Nürnberg dadurch gesenkt werden müssen?

Zu dieser Frage ist schon ein Gerichtsstreit anhängig. Die Stadt Ludwigsburg wurde vom angeschlossenen Zweckverband verklagt, den Geschäftsertrag aus dem Leasing mit den angegliederten Kommunen zu teilen. „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“, meint dazu Nürnbergs Wirtschaftsreferent Roland Fleck (CSU).

Das nächste Objekt der Begierde haben Leasing-Befürworter jedenfalls schon ausgespäht: Nürnberg Messe. 50 Prozent der Messegesellschaft hält zwar der Freistaat, aber wenn der demnächst umfalle, könne man ein lukratives Schnäppchen machen, heißt es. 500 Millionen seien da schon drin. Wie gesagt: Wenn Bayern mitspielt. Beim letzten Versuch war Beckstein noch eisern ablehnend geblieben. Von Hans Peter Reitzner

 

Grundsatzentscheid zu Klein-Kläranlagen

Ostthüringer Zeitung, den 25.04.2003 

Mit einer Grundsatzentscheidung hat der Zweckverband Wasser/Abwasser Zeulenroda eine Lösung für ein seit langem schwelendes Problem gefunden. Damit kommt man insbesondere den Bauherren entgegen, die vor vier oder fünf Jahren neu gebaut haben mit der Auflage eine private vollbiologische Kleinkläranlage mit zu errichten und die nun nach der Schaffung von zentralen Kläranlagen mit dem satzungsgemäßen Anschlusszwang konfrontiert sind. "Dieses Problem haben wir beispielsweise in Langenwolschendorf", erläutert dazu der WAZ-Verbandschef Frank Steinwachs.

Nach dem Beschluss der Verbandsversammlung besteht jetzt die Möglichkeit der Nutzungsdauer von 15 Jahren für die Kleinkläranlagen, auch wenn eine zentrale Kanalisation anliegt. Voraussetzungen dafür sind der DIN-gerechte Bau der Kleinkläranlage, die regelmäßige Bewirtschaftung und Wartung der Anlage. Erst nach diesem Zeitraum greife dann der gesetzlich verbriefte Anschlusszwang.

Für die betroffenen Eigentümer hat diese Entscheidung direkte finanzielle Auswirkungen. Denn für Kleineinleiter mit vorgeschalteter biologischer Kläranlage liegt der Abwasserpreis pro Kubikmeter etwa bei einem Viertel von der Gebühr für das Einleiten in die zentrale Kanalisation. (OTZ/IR)

Doktorandin löst Rätsel um Verschmutzung von Gewässern 

Einer Doktorandin gelang die Lösung des Rätsels um unerklärliche Phänomene bei der Wasserverschmutzung. 

RP-online Wissenschaft 23.4.2003

Forschungsarbeiten an der australischen University of Technology in Sydney haben Wissenschaftlern eine Antwort auf die Frage gegeben, warum einige Wasserwege überwiegend unverschmutzt bleiben, obwohl diese mit Abwässern sowie industriellen und landwirtschaftlichen Abfallstoffen voll gepumpt werden.

Surattana Settacharnwit, eine aus Thailand stammende Doktorandin der Umweltwissenschaften an der UTS, hat über zwei Jahre die Wasserqualität des Nong Han, ein flacher Süßwasser-See im Nordosten Thailands, überwacht. Obwohl ungereinigte Abwässer, Abflüsse aus der Landwirtschaft und Abfallstoffe aus Hundeschlachthöfen in den Nong Han abfließen, blieb der See relativ rein.

Er liefert Trinkwasser von angemessener Qualität, die im See befindlichen Aufzuchtstätten bringen gesunde Fisch für den Verkauf auf lokalen Märkten hervor, und der nicht toxische See ist darüber hinaus ein Ort für Freizeitaktivitäten der ortsansässigen Bevölkerung.

Professor Rod Buckney zufolge, Betreuer der Forschungsarbeit, müsste der See bei diesem hohen Vorkommen von Nährstoffen im Wasser einer grünen Suppe gleichkommen, denn diese fördern in der Regel das Wachstum von blau-grünen Algen. "Wir waren über die ungewöhnliche Fähigkeit des Sees, trotz der täglich neu hinzukommenden Schadstoffe so relativ rein und klar zu bleiben, sehr erstaunt," erklärt Professor Buckney. "Wir wollten unbedingt die Prozesse aufdecken und verstehen, durch welche das Wasser des Sees so sauber bleibt."

Die Forschungsarbeiten konzentrierten sich auf die Rolle der reichlich vorhandenen Wasserpflanzen, die große Teile der Seeoberfläche bedecken, und auf deren Fähigkeit, die Verbreitung des Nährstoffs Phosphor vom und zum Oberflächensediment des Sees zu kontrollieren. "In Bezug auf die Pflanzenwelt des Sees stellte Surattana fest, dass der Transfer des Phosphors zwischen dem Sediment und dem Wasser im Nong Han sehr schnell abläuft," so Professor Buckney. "Das, was einmal als wochen- oder sogar monatelanger Prozess angesehen wurde, läuft tatsächlich in nur wenigen Stunden ab."

"Mit diesem neuen Wissen können Forscher nun ihr Augenmerk auf die Entwicklung von verbesserten biologischen Wasserreinigungssystemen sowohl in Australien als auch in Übersee richten."

 

Eine Nische mit Zukunft

Neue Ruhr Zeitung, den 24.04.2003 

Thomas Scholten ist Experte für voll biologische Kläranlagen. Durch eine neues Gesetz rechnet er ab 2005 mit großer Nachfrage.

Ein neues Gesetz bringt derzeit viele Haus- und Gaststättenbesitzer ins Schwitzen. Wer nicht an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen ist, muss bis zum Jahr 2005 eine voll biologische Kläranlage zur Behandlung von häuslichem Abwasser besitzen. "Das dürfte in den Kreisen Kleve und Wesel rund 18 000 Haushalte betreffen", schätzt Thomas Scholten.

Der Betriebsleiter der Erd- & Tiefbau GmbH (ein Meisterbetrieb im Kanal- und Straßenbau) aus Xanten hat damit eine echte Marktlücke entdeckt. "Die Städte und Kommunen haben kein Geld. Deshalb ist es im Kanal- und Straßenbau zu Auftragseinbrüchen gekommen", begründet der 37-Jährige seine Suche nach einem weiteren Betätigungsfeld. Über Schulungen und Lehrgänge hat er sich dann in der Wartung von voll biologischen Kläranlagen schulen lassen. Durch eine spezielle Technik wird die Biomasse (Bakterien) mit Sauerstoff und Nahrung versorgt, so dass sie die Schadstoffe komplett dem Wasser entzieht. Das fast vollkommen gereinigte Wasser kann danach ins Grundwasser, in einen Bachablauf oder einen Schönungsteich fließen.

Dreimal im Jahr müssen die Kläranlagen gewartet und alle sechs Monate eine Wasserprobe durchgeführt werden. "Das gehört zu unserem Service", erklärt Scholten, der dafür ein Labor eingerichtet hat. Auch sämtliche Behördengänge übernimmt die GmbH für ihre Kunden. "Viele Leute wissen eigentlich gar nicht, was passiert. Sie suchen jemanden, dem sie das Problem in die Hand drücken können", freut sich Scholten über eine rege Nachfrage.

In den letzten Monaten hat er bereits mehr als 60 Anlagen als Werksvertretung der Firma Rhebau aus Dormagen verkaufen können. Dazu kommen noch weitere 150 Wartungskunden. Außerdem bietet Scholten an, auch alte Anlagen nach den neuen Normen umzubauen. "Die unteren Wasserbehörde der Kreise prüft derzeit alle Anlagen und setzt Fristen für die Verbesserungen gemäß der neuen Gesetze", berichtet der Straßen-Kanal-Baumeister.

Wer sich für die Arbeit der Xantener Firma interessiert, ist zum "Tag der offenen Tür" am 10. Mai von 11 bis 16 Uhr eingeladen. Am Kürvenkamp 3 werden dann einige voll biologische Kläranlagen gezeigt. Außerdem können die Besucher einen Blick in das Labor werfen. Die Anlagen werden übrigens von der Landesregierung mit mindestens 1500 Euro gefördert. Von INGMAR KREIENBRINK

 

Fördermittel für Kläranlagen

Westfalenpost, den 24.04.2003 

Etliche hundert Grundstücke in Menden sind noch nicht an Abwasser-Kanäle angeschlossen und benutzen stattdessen Kleinkläranlagen oder dezentrale Abwasseranlagen. 132 Kleinkläranlagen sind allein in Menden sanierungsbedürftig. Dafür gibt es kräftige Zuschüsse vom Land Nordrhein-Westfalen. Wichtig: Nicht alle sollten einen Zuschuss beantragen, denn in Menden erhalten 285 Grundstücke in den nächsten drei Jahren einen Anschluss an das Kanalnetz, so dass viele Kleinkläranlagen stillgelegt werden.

Folgende Außenbezirke bekommen einen Kanalanschluss:

  • Halingen im Bereich Dahlhausen, Beginn der Arbeiten im Herbst 2003
  • Ostsümmern, Beginn zur Jahreswende 2003/2004
  • Barge, Niederbarge, Brockhausen (Bereich B 7), Beginn 2005/2006
  • Oesbern (Niederoesbern, Oberoesbern, Teile der Wolfskuhle), Beginn 2004/2005 

Wer unsicher ist, ob sein Grundstück an den Kanal angeschlossen wird, kann sich an Götz Beyer, Tel: 02373/903-542, wenden.

Falls eine bestehende Kleinkläranlage vom Märkischen Kreis stillgelegt werden sollte, bevor das Grundstück an den neuen Kanal angeschlossen wird, "können die Anlagen zu einer abflusslosen Grube umfunktioniert werden", rät Rainer Brinkschulte, Geschäftsführer des städtischen Eigenbetriebs Stadtentwässerung. "Der Inhalt der Grube wird dann regelmäßig abgefahren, bis das Grundstück Anschluss ans Kanalnetz bekommt."

Alle anderen Mendener, deren Grundstücke langfristig keinen Anschluss ans Kanalnetz erhalten, können unter bestimmten Voraussetzungen die Sanierung ihrer Kleinkläranlage fördern lassen. Gezahlt werden mindestens 1 500 Euro je Anlage, und ab dem fünften Bewohner gibt es weitere 375 Euro durch das Förderprogramm "Initiative ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft in NRW". Darauf weist das Umweltamt des Märkischen Kreises hin.

Sanierungsbedürftig sind viele Anlagen durch eine Änderung der für Kleinkläranlagen gültigen Rechtsvorschriften Anfang dieses Jahres. "Es gibt neue technische Standards", erläutert Rainer Brinkschulte. "Bislang war das Wasser nicht so sauber und die Anlagen häufig technisch nicht in Ordnung."

Im gesamten Märkischen Kreis werden auf Dauer 2870 dezentrale Abwasseranlagen durch die Grundstücksbesitzer zu betreiben sein, da eine Kanalisation bis an die jeweiligen Grundstücke nicht vorgesehen ist, erklärt die Pressestelle des Märkischen Kreises. "Zu sanieren sind Anlagen, die über eine Drei-Kammer-Ausfaulgrube mit anschließender Untergrundverrieselung oder Filtergräben verfügen."

Die Kreis-Pressestelle rät, Fördergelder möglichst bald zu beantragen. Das Programm laufe zwar bis zum 31. Dezember 2004, "aber durch die hohe Anzahl der anstehenden Sanierungen in NRW könnte der Fördertopf schon vorher ausgeschöpft sein".

Die Untere Wasserbehörde des Märkischen Kreises (Tel: 02351/966-6361) empfiehlt betroffenen Bürgern, kurzfristig Kontakt aufzunehmen zur Beratung und Antragstellung, um Fördermittel zu sichern. Außerdem können sich Interessenten beim Tag der Offenen Tür der Kreisverwaltung am Samstag, 17. Mai, informieren. Dort ist auch ein Kleinkläranlagenmodell zu sehen. (Cori)

 

Abwasser-Streit beendet 

Lippische Landes-Zeitung, den 22.04.2003 

Nächstes Jahr kommt die gesplittete Abwassergebühr in Detmold. Bedeutet: Hausbesitzer müssen nur für das Abwasser voll zahlen, das tatsächlich in die öffentlichen Kanäle fließt. Was über Ökopflaster, Brauchwasser-Nutzungsanlagen oder ähnliches versickert, muss nur zur Hälfte bezahlt werden.

Derzeit arbeitet die Verwaltung an der neuen Satzung, wertet die Angaben der Hausbesitzer und die Luftbilder aus. Im Herbst soll dann der Rat abschließend über die neuen Beiträge und Gebühren entscheiden. Das Jahrzehnte übliche Prinzip, Abwassermengen nach dem Trinkwasserverbrauch zu berechnen, gehört dann der Vergangenheit an

Dies hatte unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gefordert und eine Klage seines Mitgliedes Dr. Eberhard Breuker vor dem Verwaltungsgericht unterstützt.

Mit Erfolg, so der BUND. Denn: Drei Jahre habe das Verfahren gedauert, da die Stadt die Einführung der gesplitteten Gebühr stets als nicht notwendig betrachtet habe. "Und das, obwohl das Gericht frühzeitig signalisiert habe, dass die Beibehaltung der alten Satzung nicht möglich sei." Kurz vor der jetzt angesetzten zweiten mündlichen Verhandlung habe nun die Stadt ihre Klage-Erwiderung zurückgezogen und Dr. Breuker klaglos gestellt, teilte Willi Hennebrüder vom Landesarbeitskreis Wasser des BUND jetzt mit.

Dies bedeute, dass die Stadt die Nichtigkeit ihrer Gebührensatzung anerkennt und Dr. Breuker die Abwassergebühr für drei Jahre zurück erstattetet bekomme. Nach Angaben der Stadtverwaltung war diese Einstellung des Verfahrens angesichts der Tatsache, dass nun ohnehin eine neue Satzung kommt, die kostengünstigste und effizienteste Lösung.

Hennebrüder bilanzierte abschließend: "Eigentlich ist es traurig, dass wir vor Gerichten Abwassergebühren-Regelungen erkämpfen müssen, die ökologisch und ökonomisch vernünftig sind und die der Verantwortung gegenüber kommenden Generationen gerecht werden." (mah)

Stickstoff gefährdet amerikanische Wälder und Gewässer 

In Washington fehlt Geld für umfassenden Umweltschutz

Der Standard - 20. April 2003 14:28 MEZ

Washington - Schwere Umweltschäden durch Stickstoff gehören in weiten Gebieten im Nordosten der USA zu bekannten Problemen. Nach einer neuen Studie der Hubbard Brooks Research Foundation wird sich daran in den kommenden Jahren wenig ändern, denn die gegenwärtige Regierung plant keine Maßnahmen. Betroffen sind davon, so die Forscher in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins "Bioscience", nicht nur die Wälder, sondern auch die Gewässer.

Exzessive Stickstoffwerte verändern Luftqualität

Exzessive Stickstoffwerte verändern die Luftqualität, stören das Wachstum der Wälder, machen die Seen sauer und führen dazu, dass die Küstengewässer mit zu wenig Sauerstoff versorgt werden. Das Team der zwölf Forscher ist der Ursache der hohen Stickstoff-Konzentration auf den Grund gegangen. Abgase und Pflanzen, die Abwässer entgiften sind die Primärquellen von Stickstoff.

Die Abwässer in den USA sind besonders hoch mit Stickstoff belastet, der aus der Nahrung stammt. Die Wissenschaftler kritisieren in diesem Zusammenhang die Unfähigkeit der Politiker dieser Verschmutzung vorzubeugen und das Abwasser von Stickstoff zu reinigen, bevor es wieder in die Umwelt gelangt. Die Luftverschmutzung durch Autos und Kraftwerke ist eine weitere Quelle für die hohen Anteile von Stickstoff.

Dreißig-Prozent-Reduktionen

Auch hier versage die Politik völlig, argumentieren die Wissenschaftler. "Die Fortschritte sind zu klein. Die Stickstoff-Emissionen werden in den kommenden Jahren nicht verringert", so Charles Driscoll, Professor für Umwelttechnik an der Universität von Syracuse. Es sei daher kein Wunder, wenn das Problem der Stickstoff-Vergiftung schwerwiegende Folgen für die Wälder und Gewässer im Nordosten der USA habe, so der Experte. Um die Umwelt zu schonen, müssten nämlich die Werte um dreißig Prozent reduziert werden.

Extrem hohe Stickstoffwerte

Mindestens vierzehn Gewässer-Schutzgebiete im Nordosten der USA wiesen extrem hohe Stickstoffwerte auf. Dort war starkes Algenwachstum, der Verlust von Seegras-Betten, reduzierte Biodiversität und vermehrtes Fischsterben auffällig. Die US Environmental Agency schätzt die Kosten der Reduktion von Stickstoff auf mindestens dreißig Millionen Dollar, der größte Teil der Aufwendungen müsste für die Wiederaufbereitung von Abwässern getätigt werden.

"Stickstoff in Waldgebieten sind eine trickreiche Variation", erklärt Mark Castro von der Universität in Maryland. Geringe Stickstoffwerte erhöhen das Wachstum der Wälder. Erst wenn die Menge an Stickstoff zu groß wird, komme es zu Schäden. In weiten Teilen der USA verursachen auch riesige Mengen von eingebrachtem Stickstoffdünger die Gewässer. Besonders davon betroffen ist zum Beispiel die Chesapeake Bay in der Mid-Atlantic-Region. (pte)

 

Bakterien fressen Seveso-Gift

Pressemitteilung Technische Universität Berlin, 17.04.2003

Spezielle Mikroorganismen zersetzen die Dioxine, um Energie zu gewinnen

Das Bakterium Dehalococcoides CBDB1 zersetzt Chlordioxine zu weniger toxischen Stoffen, um aus diesem Prozess Energie zu beziehen. Eine Arbeitsgruppe der TU Berlin unter Leitung von Dr. Lorenz Adrian und Mikrobiologen um Dr. Ute Lechner von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg konnten gemeinsam zeigen, dass Reinkulturen dieser Bakterien auch das hochtoxische Seveso-Gift, 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin dehalogenieren. Darunter versteht man die Abspaltung von Chlor-Atomen als unschädliches Kochsalz. An den Forschungen beteiligt waren auch Analytiker der Universität Halle-Wittenberg und der Gesellschaft für Arbeitsplatz- und Umweltanalytik (GfA) mbH in Straach.

Dehalococcoides CBDB1 ist zudem in der Lage, problematische Chlorbenzole zu dechlorieren. Nach einem Bericht des Wissenschaftsmagazins nature (Heft 421, Seiten 357-360) steht nun der Weg offen, mit hochchlorierten Benzolen oder Dioxinen belastete Industrieflächen oder Boeden zu sanieren. "Allerdings sind dazu noch viele weitere Forschungen notwendig", sagt Dr. Lorenz Adrian von der TU Berlin. "Erst wenn wir die Lebensweise der Bakterien besser verstehen, wissen wir, ob sich dieser Prozess technisch nutzen lässt."

Polychlorierte Dioxine gehören wegen ihrer Toxizität und ihrer Beständigkeit in der Umwelt zu den gefährlichsten Umweltgiften. Sie entstehen bei Verbrennungsprozessen wie zum Beispiel in Müllverbrennungsanlagen, Krematorien oder bei Bränden. 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin geriet 1976 durch einen schrecklichen Brand im italienischen Seveso in die Schlagzeilen. Dort wandelten sich chlorphenolhaltige Substanzen in den Flammen zu Dioxinen um. 1999 wurde in Belgien ein Skandal durch mit Dioxin verseuchtem Tierfutter ausgelöst.

Die verschiedenen Chlordioxine werden in der Umwelt nur extrem langsam abgebaut. Sie sammeln sich im menschlichen Fettgewebe und zum Beispiel in der Muttermilch an. Den Mikrobiologen von der Universität Halle-Wittenberg war es vor drei Jahren gelungen, aus dem Schlamm des Flüsschens Spittelwasser bei Halle und Bitterfeld eine bakterielle Mischkultur anzureichern, die chlorierte Dioxine unter Luftabschluss (anaerob) zersetzt und somit entgiftet. Die Hallenser Gruppe konnte seinerzeit zeigen, dass in dieser Kultur ein Bakterium vorkam, das dem kurz zuvor an der TU Berlin isolierten Dehalococcoides CBDB1 ähnelte. Wie jetzt gezeigt, gewinnt das stark spezialisierte Bakterium CBDB1 seine Lebensenergie aus der Zersetzung von Dioxin.

 

Neue Energie aus alten Knochen

Forscher verwandeln Tiermehl und Klärschlamm in Rohöl - Vorgänge in der Erde simuliert

Salzburger Nachrichten, den 16.04.03 

Hohe Sprit- und Ölpreise machen vielen Bürgern in diesen Tagen zu schaffen. Nun haben Gießener Forscher eine neue Energiequelle entdeckt: Diesel vom Abdecker. Einer Arbeitsgruppe von Professor Ernst Stadlbauer an der Fachhochschule Gießen-Friedberg ist es gelungen, aus Tiermehl und Klärschlamm Rohöl und Aktivkohle herzustellen. Aus einer Tonne Tiermehl werden auf diesem Weg rund 250 Liter Rohöl. In der gleichen Menge Klärschlamm stecken immerhin noch zwischen zehn und 20 Prozent Rohöl.

Die Entwicklung der Gießener Wissenschafter kommt zur richtigen Zeit. Denn die Ausgangsmaterialien sind einfach zu erhalten und dürften künftig schwierig zu entsorgen sein. Tiermehl darf schon jetzt wegen BSE-Gefahr nicht mehr verfüttert werden. Und ab 2005 ist auch die Ablagerung von Klärschlamm auf Deponien in der gesamten EU verboten. In der EU fallen pro Jahr drei Millionen Tonnen Tiermehl und sieben Millionen Tonnen Klärschlamm an.

Wohin also mit den Restprodukten? Das Verfahren, das die Arbeitsgruppe entwickelt hat, ist ebenso einfach wie faszinierend. Die Wissenschafter simulieren im Labor die Vorgänge, die im Laufe der Jahrmillionen zur Bildung der heute so begehrten Rohölvorkommen geführt haben. Dabei werden kohlenstoffhaltige Ausgangsprodukte unter Ausschluss von Sauerstoff umgewandelt - eine Voraussetzung, die auch im Labor gilt. Um die Zeit für den Umwandlungsprozess zu verkürzen, haben die Forscher mit einem anderen Faktor experimentiert: der Temperatur. Die ist wesentlich höher als unter der Erde. Auf 350 bis 400 Grad werden Klärschlamm und Tiermehl im Labor erhitzt, bevor sie sich in das Rohöl umwandeln.

Selbst Rückstände werden wieder verwertet

Als Katalysatoren dienen verschiedene Schwermetalle wie Kupfer und diverse Silikate. Nach drei Stunden im Labor ist es soweit. In einem Glaskolben sind die Abfallprodukte eingeschlossen und in einem Ofen auf Temperatur gebracht worden. Jetzt schlägt sich an einem so genannten Liebig-Kühler eine dunkelbraune Substanz nieder und wird in einem Fläschchen aufgefangen: Rohöl. Selbst die bei dem Prozess entstehenden Rückstände können wieder verwertet und zu Aktivkohle veredelt werden. Damit können Abwasser und Abgase gereinigt werden.

Ziel des Forschungs- und Entwicklungsprojektes ist der Bau einer Pilotanlage, um die Praxistauglichkeit des Umwandlungsverfahrens zu demonstrieren.

Bereits im Sommer 2003 soll ein Versuchsreaktor an einer Kläranlage im bayerischen Füssen errichtet werden. Auch verschiedene Mineralölkonzerne haben bereits angeklopft. (SN, AP)

 

Bauen mit Klärschlamm - Institut für Siedlungswasserwirtschaft entwickelt neues Verwertungskonzept

Pressemitteilung Universität Fridericiana Karlsruhe (T.H.) 15.04.2003

Wohin mit dem Klärschlamm, der bei der Abwasserreinigung anfällt? Deponieren, verbrennen oder als Dünger in der Landwirtschaft nutzen? Forscher am Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISWW) der Universität Karlsruhe unter Leitung von Professor Dr. Hermann H. Hahn entwickeln derzeit eine interessante Alternative: Aus dem unvermeidlichen Abfallprodukt soll ein hochwertiger Baustoff entstehen.

Vorbild ist die Herstellung von Blähton: Die mit Luft durchsetzten Tonperlen machen Beton leichter und wärmedämmfähiger; aus Zement und Blähton gefertigte Mauersteine sind mit hochporosierten Ziegelprodukten vergleichbar. Bei der herkömmlichen Fertigung der so genannten Leichtzuschlagstoffe werden Kügelchen aus Ton mit organischen Bestandteilen geformt und gebrannt. Dabei verbrennen die organischen Stoffe, und die Gase, da sie durch die schmelzartige Erweichung des Tones nicht entweichen können, blähen die Kügelchen auf.

Bei der Leichtzuschlagherstellung aus Klärschlamm bewirken dessen brennbare Komponenten nicht nur das Blähen, sondern liefern auch die zum Brennen benötigte Energie, und der Aschegehalt übernimmt die Funktion des Tons. Das fertige Produkt eignet sich ebenso gut zum Bauen wie Blähton. Mancher Bauherr wird fragen: Stinkt das nicht? "Nach minutenlangem Brennen über 1100 Grad Celsius bleibt keinerlei Geruch übrig", versichert Projektsachbearbeiter Johannes Kraus vom ISWW. Überdies würden organische Spurenschadstoffe zerstört und Schwermetalle so eingebunden, dass sie quasi nicht mehr auswaschbar seien.

Mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums, der Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg und der EnBW-Tochter Mobile Schlammentwässerungs-GmbH schaffen die Forscher am ISWW nun in weiteren Laborversuchen die Grundlagen für eine angenäherte technische Produktion.

 

Wer weniger Wasser trinkt, muss dafür auch mehr berappen!

Ostsee-Zeitung 8.4.2003

Wismar (OZ) Es ist schon ein wenig schizophren, den Leuten weismachen zu wollen, dass am Ende derjenige Kosten spart, der am meisten verbraucht. Und doch ist es so, denn je mehr Wasser letztlich durch die Stadtleitungen fließt, umso mehr fließt auch in die Kassen der Stadtwerke. Dadurch kann der Wasserpreis langfristig stabil gehalten werden, da dieser in diesem Fall dann auch die Betriebskosten der Stadtwerke GmbH decken würde. Klingt alles schön plausibel. Doch die Sache hat einen Haken: Der Verbrauch des Wassers ist nämlich auch mit den Kosten des Abwassers verbunden. Das wiederum bedeutet: Wer viel verbraucht, muss am Jahresende dann auch mehr für Abwasser berappen. Und davor schrecken die meisten Abnehmer in der Hansestadt Wismar und auch im Landkreis Nordwestmecklenburg zurück. Logisch wäre es, wenn sich der höhere Verbrauch des Wassers auch positiv auf den Abwasserpreis auswirken würde. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.

Streit um verseuchte Strände in Mexiko

Hoteliers und Lokalpolitiker protestieren gegen die Veröffentlichung des Wasserberichts

Stuttgarter-Zeitung, den 16.04.2003 

Ausgerechnet jetzt, da sich in Mexiko die Städte leeren und die Strände füllen, hat die Tourismusbranche einen schweren Schlag erlitten. Vor den Osterferien ist bekannt geworden, an welchen Stränden das Baden gesundheitsgefährdend ist.

Die Nachricht an sich ist schon schlimm genug. Aber noch viel schlimmer der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenige Tage vor den Osterferien hat die mexikanische Regierung jene Strände beim Namen genannt, die sie als hochgradig verschmutzt einstuft. Die Hiobsbotschaft betraf so berühmte Badeorte wie Acapulco, Huatulco und Zihuatanejo und kam ausgerechnet im Vorfeld der "semana santa", in der sich in Mexiko die Städte leeren und die Strände füllen. In der Osterwoche wird in vielen mexikanischen Ferienorten ein beträchtlicher Teil des Jahresumsatzes erwirtschaftet.

Doch auf geschäftliche Interessen hat man diesmal keine Rücksicht genommen. Erstmals wurden die Ergebnisse der jährlichen Untersuchungen zur Wasserqualität nicht mehr unter dem Deckel gehalten, sondern im Internet veröffentlicht. Die Regierung sah es als ihre Pflicht an, die Bevölkerung über gesundheitliche Risiken beim Baden im Meer aufzuklären.

Sieben Strände werden in der Untersuchung, an der vier Ministerien beteiligt waren, als gesundheitsgefährdend bezeichnet. Dass dies bei 140 analysierten Stränden am Pazifik, in der Karibik und im Golf von Mexiko gar kein so schlechtes Ergebnis ist, ging in der öffentlichen Aufregung der vergangenen Tage beinahe unter.

Maßgeblich dazu beigetragen hat in erster Linie die mexikanische Tourismusindustrie. Statt der Öffentlichkeit zu versprechen, die Reinigung der Strände möglichst rasch in die Hand zu nehmen, forderte der nationale Hotelverband, dass auf die Publikation der Untersuchungsergebnisse gefälligst zu verzichten sei. Das sei unangebracht, schade lediglich der Wirtschaft und gefährde zudem viele Arbeitsplätze.

Die mexikanische Hotellerie hat damit auf einen Schlag klar gemacht, dass es ihr völlig egal ist, ob ihre Gäste in einer dreckigen Brühe schwimmen und möglicherweise krank werden. Auch Lokalpolitikern kommt es nicht in den Sinn, sich gegen die Missstände einzusetzen. Noch immer wird das Abwasser vielerorts ungeklärt ins Meer geleitet, und es läge an den Politikern, den Bau von Kläranlagen zu verordnen. In Acapulco wird das offensichtlich nicht angestrebt, denn sowohl der Bürgermeister wie auch der Gouverneur des Bundesstaates Guerrero haben es vorgezogen, demonstrativ ein Bad an einem angeblich verschmutzten Strandabschnitt zu nehmen - selbstverständlich im Beisein von knipsenden Fotografen.

Mehr als 11 000 Kilometer Strand hat das Ferienland Mexiko zu bieten. Dass davon einige Stellen verschmutzt sind, weil jahrzehntelang nicht in den Umweltschutz investiert wurde, wollen längst nicht alle wahrhaben. Es sind die gleichen Leute, die auch die aktuellen Untersuchungsergebnisse anzweifeln, der Regierung mit Klagen wegen Geschäftsschädigung drohen und sogar die offiziellen Warnschilder austauschen. So wurden an der als stark verseucht klassifizierten Playa Caletilla in Acapulco über Nacht neue Tafeln angebracht, die den Strand als sauber ausweisen.

In einigen mexikanischen Badeorten wird vieles unternommen, um die Gäste über die Sauberkeit eines Strands im Unklaren zu lassen. Doch die meisten Touristen scheint dies nicht zu stören, sie vergnügen sich nach wie vor im Wasser, in dem zu hohe Bakterienkonzentrationen gemessen wurden. Die Annullierungen von Hotelbuchungen an Stränden, die als dreckig gelten, halten sich bisher in einem bescheidenen Rahmen. Von Martin Jordan

 

Wenn aus Wasser Abwasser wird ...

Pressemitteilung Forschungsverbund Berlin e.V., 02.04.2003

Eine Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Christian Steinberg vom Leibniz-Institut fuer Gewaesseroekologie und Binnenfischerei

"...dann kriegen erst einmal alle Lebewesen in den Gewaessern das auf den Kopf, was wir wegspuelen." So brachte Prof. Dr. Christian Steinberg das Problem der Abwasserentsorgung auf den Punkt. Der Leiter des Berliner Leibniz-Institutes fuer Gewaesseroekologie und Binnenfischerei (IGB) war einer von vier Gaesten bei der Podiumsdiskussion "Wasserwelten" am Dienstag in Berlin, deren Untertitel lautete "Wenn aus Wasser Abwasser wird". Steinberg merkte dabei an, dass die Gewaesserguete in Berlin schlecht sei: "Berlin ist nicht in der Lage, die EU-Wasserrahmenrichtlinie einzuhalten." Eine Aufzeichnung dieser Debatte wird "infoRADIO" im Rahmen der Reihe "Treffpunkt WissensWerte" am kommenden Sonntag, 6. April, um 9.05 Uhr senden. Die Ausstrahlung wird am Ostermontag (21. April) um 11.05 Uhr wiederholt.

Es war ein langer Weg von der Rinnstein-Entsorgung der Metropole Berlin im 19. Jahrhundert bis zu den heutigen Grossklaeranlagen der 3,4-Millionen-Stadt. Die wohl bedeutendste Zaesur war die Errichtung eines Kanalisationssystems, welches die Abwaesser auf die so genannten Rieselfelder ausserhalb der Stadt pumpte. Dies begann 1873, und noch heute sind die Folgen zu spueren. Denn in den Boeden reicherten sich ueber die vielen Jahrzehnte der "Verrieselung" hinweg Schadstoffe an, die eine Nutzung der Flaechen heute erschweren. Zwar hat man jetzt das Problem dank moderner Klaerwerke ganz gut im Griff, doch aus der Sicht des Gewaesseroekologen ist laengst nicht alles in Ordnung. "Frueher war die Umweltverschmutzung viel drastischer", sagte Steinberg. Die Faekalien seien ungereinigt in Kanaele, Fluesse und Seen gelangt. Heutzutage aber liefen die Vergiftungsprozesse und Belastungen durch neue Stoffe, wie zum Beispiel Antibabypillen-Reste schleichender ab. Zum einen nannte Steinberg die Naehrstofffracht: Stickstoff und Phosphor duengen die Gewaesser. Das fuehrt unter anderem zur gefuerchteten Algenbluete. Eine besondere Gefahr geht dabei von den giftigen Blaualgen aus. Nicht zu unterschaetzen sei zum anderen aber auch die Belastung des Abwassers mit Medikamentenrueckstaenden, Haushaltschemikalien und Kosmetika. Das Umweltrecht hinke der Entwicklung hinterher, sagte Steinberg. "Frueher hat man gedacht, was dem Menschen gut tut, tut auch der Umwelt gut." Seit einigen Jahren jedoch beobachte man, dass junge maennliche Fische verweiblichen. Ursache dafuer sind Hormone sowie Substanzen, die so aehnlich wie Hormone wirken. Moderator Thomas Prinzler sprach den Leiter des IGB auf "Monstren" an, die dadurch entstuenden und die in dem Leibniz-Institut zu sehen seien. Christian Steinberg: "Wir haben Froschlarven, die nicht erwachsen werden koennen. Sie bleiben immer Kaulquappen, wachsen aber heran - bis die Organe, die eigentlich fuer ,Babykoerper' gedacht sind, den grossen Organismus nicht mehr am Leben erhalten koennen." Als eine der Ursachen dafuer nannte der Gewaesseroekologe die Rueckstaende der Antibabypille, die seit Jahrzehnten in die Gewaesser gelangen. Gerade was Medikamente betreffe, habe "die Umweltgesetzgebung geschlafen", kritisierte Steinberg. Auf eine Nachfrage aus dem Publikum betonte Steinberg auch, dass es noch keine gesicherten Erkenntnisse gebe ueber einen ursaechlichen Zusammenhang zwischen hormonell aktiven Substanzen in Gewaessern und der Spermienqualitaet bei Maennern. Nach dem gegenwaertigen Wissenstand sind nur aquatische Organismen betroffen. Das mangelnde Wissen ueber die Wirkung der vielen im Wasser enthaltenen Substanzen auf Lebewesen stellt fuer den IGB-Leiter eines der dringendsten Probleme dar. "Der chemische Nachweis einzelner Stoffe ist vergleichsweise leicht", sagte Steinberg, "aber was sie anrichten, das wissen wir nicht." Da gebe es noch viel zu tun. Gerade in Berlin sei hierzu jedoch Kompetenz gebuendelt, fuegte er hinzu. Mit dem "Kompetenzzentrum Wasser" verfuege die Region ueber ein Forscher-Konsortium, das nahezu einzigartig in Deutschland sei. Und trotzdem laesst die Qualitaet der vielen Badestellen in Berlin nach Steinbergs Ansicht zu wuenschen uebrig. Seine persoenliche Konsequenz daraus: "Ich bin seit acht Jahren in Berlin - und ich habe freiwillig noch in keinem Berliner Gewaesser gebadet."

Die Podiumsdiskussion war eine gemeinsame Veranstaltung von TSB Technologiestiftung Berlin, infoRADIO Berlin-Brandenburg und der Investitionsbank Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin und dem Berliner Wirtschaftsgespraeche e.V. Sendetermine auf infoRadio: Sonntag, 6. April, 9.05 Uhr, sowie Ostermontag, 21. April, 11.05 Uhr.

 

20 Millionen Liter Gift

Umweltkatastrophe in Brasilien – die Verursacher wiegeln ab

Süddeutsche Zeitung, den 02.04.2003 

Es gibt viele wichtige Themen dieser Tage in Brasilien, da ist für eine Umweltkatastrophe wenig Platz. Entsetzt verfolgt die größte Nation Lateinamerikas den Krieg im Irak und erlebt dazu wieder einmal mit Schrecken, wie Drogen-Clans Rio de Janeiro terrorisieren. Außerdem gilt die Aufmerksamkeit dem Volkshelden und Staatspräsidenten Lula da Silva, der trotz Unregelmäßigkeiten im Kampf gegen den Hunger nach drei Monaten einen guten Eindruck macht. Die Wirtschaft stabilisiert sich weiter, der Mindestlohn wurde erhöht, im Parlament kämpft Lula wacker um Reformen. Die Tragödie um die Papierfabrik von Cataguases kommt da ein bisschen kurz, dabei scheint der Fall schlimme Ausmaße zu erreichen.

Mit einiger Verspätung wurde bekannt, dass an der Produktionsstätte im Bundesstaat Minas Gerais am Samstag mehr als 20 Millionen Liter giftiger Substanzen in den Fluss Pomba und von dort in den Rio Paraiba do Sul geflossen sind. Die schwarze Brühe hat mittlerweile Felder überschwemmt und treibt durch den Norden der Region Rio de Janeiro – Hunderttausende Anwohner müssen auf das dortige Trinkwasser verzichten, Fische verenden in Massen. Über das betroffene Gebiet bis zur Stadt Campos wurde unterdessen der Ausnahmezustand verhängt, die Folgen sind noch gar nicht absehbar. „Das ist ein immenses ökologisches Desaster“, warnt Rios Gouverneurin Rosinha Mateus, obwohl andere von solcher Dramatik nichts wissen wollen.

Die Verwaltung von Minas Gerais meldete den Unfall erst nach anderthalb Tagen, dann schloss sie das Unternehmen Cataguases Papel vorübergehend. Dessen Manager wiederum schweigen oder versuchen, den Vorfall herunterzuspielen. Für Menschen bestehe keinerlei Gefahr, behauptet der Direktor, dabei halten Experten die freigesetzten Abfallstoffe zur Herstellung von Zelluloid für hochgradig gesundheitsschädlich. Die Militärpolizei von Rio droht denn auch den Verursachern mit eine Strafe in Höhe von 50 Millionen Reales, etwa 15 Millionen Euro. Die neue Regierung in Brasilia hat angekündigt, in solchen Fällen strenger vorzugehen als ihre Vorgänger. Umweltministerin Marina da Silva erklärte, dies sei „ein Verbrechen“, gegen das es kein anderes Mittel gebe als das Strafrecht.

Frau da Silva ist sozusagen das grüne Gewissen in Lulas buntem Kabinett. Sie wurde vor 45 Jahren im abgelegenen Amazonas-Bundesstaat Acre geboren, also mitten in der Lunge der Welt, ehe ihre märchenhafte Karriere begann. Ihre Schule war der Urwald, Lesen und Schreiben lernte sie erst mit 16. Später lernte sie den Umweltaktivisten Chico Mendes kennen. Noch immer berichtet sie von einer „spirituellen Beziehung mit dem Dschungel“. Sie soll dafür sorgen, dass die Betreiber von Dreckschleudern künftig nicht mehr straffrei ausgehen und die Verantwortung für Wasser, Luft und Boden wenigstens allmählich wächst. Noch sind die Natur und ihre Schätze vor allem ein Geschäft für skrupellose Firmen wie Cataguases Papel. Das Unternehmen war auf ähnliche Weise schon vor einigen Jahren aufgefallen.

Es wird ein harter Kampf, auch angesichts der alltäglichen Katastrophen. Am Amazonas fallen die Bäume trotz Schutzmaßnahmen weiterhin in Massen, in Sao Paulos Staus brennen den Autofahrern die Augen, und vor den Stränden von Rio de Janeiro fließt das Abwasser weitgehend ungefiltert in den Atlantik.
Peter Burghardt

 

Neuer Biogasanlage droht die Pleite

Tausend Bauern sollen für Nachrüstung zahlen / Minister bietet Bürgschaft an

Hannoversche Allgemeine, den 02.04.2003 

Ein Vorzeigeprojekt entwickelt sich zum Albtraum: Vor acht Monaten ging in Wietzendorf (Kreis Soltau-Fallingbostel) eine hochmoderne Biogasanlage in Betrieb. Jetzt droht dem 30 Millionen-Projekt, das mit Zuschüssen von Bund und Land gebaut wurde, die Pleite. Die Anlage funktioniert nicht wie sie sollte. Mehr als tausend Bauern, die sich an dem Projekt beteiligt haben, sollen nachzahlen.

Die Pilotanlage gehört zu den größten und modernsten Biogasanlagen in Europa. In dem Werk werden aus Rückständen der Wietzendorfer Stärkefabrik Strom, Dünger und hochwertiges pflanzliches Eiweiß für Futtermittel und die Nahrungsmittelindustrie gewonnen. Doch die Anlage arbeitet derzeit nicht wirtschaftlich, berichtete Gert Hahne, Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. Sie erbringe nur 20 bis 30 Prozent ihrer Leistung. Den Gesellschaftern drohe daher die Insolvenz.

Nun muss nachgerüstet werden. Weitere 6,7 Millionen Euro sind nach Schätzung der Gesellschafter erforderlich, um die technischen Mängel zu beheben und den Ertragsausfall aus dem entgangenen Strom- und Eiweißverkauf zu begleichen. Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen will das Vorzeige-Projekt retten. Wohl auch um die Unterstützung der CDU/FDP-Regierung für erneuerbare Energien zu unterstreichen, bietet Ehlen der Betreibergesellschaft Agrar Bio Recycling GmbH eine Landesbürgschaft in Höhe von 3,2 Millionen Euro an. Im Gegenzug sollen die Landwirte 2,2 Millionen Euro nachschießen.

Die Bauern sind verärgert. „Wir sind nicht bereit, die Zeche allein zu zahlen“, sagt Ernst-August Sürie, Vorsitzender der Stärkekartoffelerzeugergemeinschaft Wietzendorf. Derzeit werde mit dem Hauptfinanzier, der Deutschen Bank, und dem Land darüber verhandelt, wer wie viel Geld bezahlen soll. „Wir müssen bald eine Lösung finden, sonst bleiben wir auf dem Abwasser der Stärkefabrik sitzen.“ Die Landesbürgschaft sei ein Schritt nach vorn. Die kombinierte Biogas- und Abwasseraufbereitungsanlage sichert den Stärkekartoffelanbau in der Region, weil darin die Abfälle aus der Wietzendorfer Stärkefabrik schadlos beseitigt werden können.

 

Mit Prototyp Abwasser analysieren und reinigen 

Giessener Anzeiger 2.4.2003

Schüler der Theodor-Litt-Schule stellten Gerät vor

GIESSEN (fm). Mit dem von ihnen selbst entwickelten Prototyp einer Versuchskläranlage zur Reinigung von verschmutztem Abwasser – wie es beispielsweise bei mittelständischen Unternehmen anfällt – sorgten vier Schüler des Beruflichen Gymnasiums der Theodor-Litt-Schule (TLS) am Montag für Aufsehen. Bei der Mittelhessenkonferenz der Projektschulen zum Thema Gewässerschutz stellten Peer Häuser und Tobias Schwalb in der Aula der TLS ein zusammen mit Johannes Daschke und Chistopher Wyllie durchgeführtes Projekt vor, das eine EDV-gestützte Wasseranalyse und Abwasserreinigung möglich macht. Die derzeit mitten in der Abiturprüfung befindlichen Schüler haben unter der Anleitung ihres Lehrers Manfred Kalus dabei mit der Biotechnologischen Gesellschaft Mittelhessen mbH (BIM) und der Industrie zusammengearbeitet. In seiner Begrüßung der Konferenzteilnehmer wies TLS-Schulleiter Joachim Scheerer darauf hin, dass Umwelterziehung eine lange Tradition an der Schule habe. 1998 sei die TLS mit dem Umweltpreis der Stadt Gießen ausgezeichnet worden, im letzten Jahr wurde ihr der Titel „Umweltschule in Europa 2002“ zuerkannt. Gleichzeitig wurde sie zur „Europaschule“ ernannt. Landeskoordinatorin Gudrun Beekmann-Mathar von der 1983 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung (DGU) betonte, dass sich europaweit fast 9000 Schulen in 25 Staaten – allein in Hessen sind es in diesem Jahr 92 Schulen – um diese Auszeichnung bemühen. Dafür müssten sie innerhalb der Projektzeit „ein selbst entwickeltes Konzept zur Verbesserung ihrer Umweltverträglichkeit erfolgreich umsetzen“. Inzwischen gebe es ein internationales Netzwerk zum Erfahrungsaustausch mit Umweltschulen in anderen europäischen Ländern. „Umweltschule in Europa“ werde in Hessen vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, vom Kultusministerium, vom Hessischen Landesinstitut für Pädagogik (HeLP) und von Lafarge Dachsystem gefördert. Manfred Kalus und die vier TLS-Schüler stellten anschließend das von ihnen über ein Netzwerk steuerbare Pumpen- und Wasserreinigungssystem vor. Es sei deshalb von großer praktischer Bedeutung, weil die Betriebe mehr Gebühren bezahlen müssten „je verschmutzter ihr Abwasser ist“, sagte Tobias Schwal.

 

Trinkwasser-Qualität ist gefährdet

Nürnberger Zeitung, den 01.04.2003 

Die deutsche Wasserwirtschaft sieht in sinkenden Investitionen der Kommunen für das Kanalnetz eine Gefahr für die Trinkwasserqualität. Jetzt sei das Leitungswasser zwar überall noch sehr gut, doch es zeichneten sich durch undichte Stellen Probleme ab. „Es gibt einen hohen Sanierungsbedarf“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe, Jörg Simon, vor Beginn des Internationalen Kongresses „Wasser Berlin 2003“ (7.-11. April).

Den Finanzbedarf zur Verbesserung der Leitungsnetze bezifferte Simon auf einige Milliarden €. „Ob das von den Kommunen zu finanzieren ist, das wage ich zu bezweifeln“, äußerte er sich skeptisch. Die Kanäle seien teilweise nicht mehr so dicht, wie sie sein sollten. Wenn Abwasser verstärkt versickere, belaste dies langfristig das Grundwasser.

Deshalb müsse das Problem maroder Leitungen jetzt angegangen werden. Die Investitionen der Wasserversorger sind im vergangenen Jahr laut Simon um rund 15 Prozent gesunken. Für Trinkwasser wurden rund 2,3 Milliarden € und für Abwasser 6,5 Milliarden € ausgegeben. Seit der Wende sei das meiste Geld in die Optimierung von Kläranlagen geflossen, hieß es.

Simon sieht den deutschen Wassermarkt wegen dessen Kleinteiligkeit als problematisch an. Im Trinkwasserbereich arbeiten rund 7000 Versorger, im Abwasserbereich etwa 8000 Unternehmen. Laut Simon gibt es nur wenige große Anbieter. Es agieren eine Vielzahl kleiner Verbände, die jeweils rund 2000 Einwohner oder weniger versorgen. „Mehr als ein Drittel aller Wasserversorger liefern nur ein Prozent des Trinkwassers.“ Als sinnvoll erachtet der Vorstandschef eine Größe für 50 000 bis 100 000 Einwohner. In Deutschland sei für eine Neuordnung der Kostenvergleich ein gewichtiges Thema. Die Niederlande hätten die Zahl der Versorger auf diese Weise von 100 schrittweise auf zwölf gesenkt. Bei der Diskussion um mehr Wettbewerb und leistungsbezogene Kriterien in der Wasserwirtschaft spiele die Privatisierung eine wichtige Rolle. „Denn private Unternehmen halten nur einen Anteil von fünf Prozent an der Wasserver- und -entsorgung.“ 

Für das Auslandsgeschäft sei aber eine stärkere Beteiligung privater Investoren notwendig. Die Unternehmen könnten nicht aus den gebührenfinanzierten Einnahmen ein internationales Geschäft entwickeln. Derzeit ist das internationale Engagement der deutschen Wasserversorger Simon zufolge nicht sehr ausgeprägt, obwohl es zum Beispiel ein großes Interesse auch aus Osteuropa gebe. Der Manager nannte es ein Problem, dass durch den weiter sinkenden Wasserverbrauch die Kanalnetze überdimensioniert seien. So werde oft die erforderliche Fließgeschwindigkeit nicht mehr erreicht. Da Deutschland kein Wasserproblem habe, gebe es keine zwingende Notwendigkeit, den Wasserverbrauch weiter zu drosseln. Der Wasserverbrauch pro Kopf sei seit 1990 von 147 auf 127 Liter 2002 gesunken.

Der Kongress „Wasser Berlin“ hat sich nach Veranstalterangaben in den vergangenen 40 Jahren zum weltweit anerkannten Termin für die Wasserwirtschaft entwickelt. Für diesen Termin und für den gleichzeitigen Kongress „Gas 2003“ hätten sich mehr als 700 Aussteller aus 40 Ländern angemeldet. (dpa).

 

"Marode Leitungen jetzt in Angriff nehmen"

Wasserwirtschaft warnt vor zu geringen Investitionen in die Kanalnetze

Kieler Nachrichten, den 01.04.2003 

Ein rissiger Abwasserkanal wird durch Einführen eines Kunstoffrohres modernisiert: Maßnahmen wie diese stehen in deutschen Kommunen massenhaft an – aber das Geld fehlt. 
Die deutsche Wasserwirtschaft sieht in sinkenden Investitionen der Kommunen für das Kanalnetz eine Gefahr für die Trinkwasserqualität. Jetzt sei das Leitungswasser zwar überall noch sehr gut, doch es zeichneten sich durch undichte Stellen Probleme ab. "Es gibt einen hohen Sanierungsbedarf", sagte der Vorstandsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe, Jörg Simon, in einem dpa-Gespräch kurz vor Beginn des Internationalen Kongresses "Wasser Berlin 2003" (7.-11. April). Den bundesweiten Finanzbedarf zur Verbesserung der Leitungsnetze bezifferte Simon auf einige Milliarden Euro. "Ob das von den Kommunen zu finanzieren ist, wage ich sehr zu bezweifeln." Die Kanäle seien teilweise nicht mehr so dicht, wie sie sein sollten. Wenn Abwasser verstärkt versickere, belaste dies langfristig das Grundwasser. Deshalb müsse das Problem maroder Leitungen unbedingt jetzt angegangen werden.

Die Investitionen der Wasserversorger sind im vergangenen Jahr laut Simon um rund 15 Prozent gesunken. Für Trinkwasser wurden rund 2,3 Milliarden Euro und für Abwasser 6,5 Milliarden Euro ausgegeben. Seit der Wiedervereinigung sei das meiste Geld in die Optimierung von Kläranlagen geflossen.

Simon sieht den deutschen Wassermarkt wegen dessen Kleinteiligkeit als problematisch an. Im Trinkwasserbereich arbeiten rund 7000 Versorger, im Abwasserbereich etwa 8000 Unternehmen. Laut Simon gibt es nur wenige große Anbieter auf dem Markt. Es agieren eine Vielzahl kleiner Verbände, die jeweils rund 2000 Einwohner oder weniger versorgen. Simon: "Mehr als ein Drittel aller Wasserversorger liefern nur ein Prozent des Trinkwassers."

Als sinnvoll erachtet der Vorstandschef eine Größe für 50000 bis 100000 Einwohner. In Deutschland sei für eine Neuordnung der Kostenvergleich ein gewichtiges Thema. Die Niederlande hätten die Zahl der Versorger auf diese Weise von 100 schrittweise auf zwölf gesenkt. Bei der Diskussion um mehr Wettbewerb und leistungsbezogene Kriterien in der Wasserwirtschaft spiele die Privatisierung eine wichtige Rolle. "Denn private Unternehmen halten nur einen Anteil von fünf Prozent an der Wasserver- und -entsorgung."

Für das Auslandsgeschäft sei aber eine stärkere Beteiligung privater Investoren notwendig. Die Unternehmen könnten nicht aus dem gebührenfinanzierten Einnahmen ein internationales Geschäft entwickeln. Derzeit ist das internationale Engagement der deutschen Wasserversorger Simon zufolge nicht sehr ausgeprägt, obwohl es zum Beispiel ein großes Interesse auch aus Osteuropa gebe.

Der Manager nannte es ein Problem, dass durch den weiter sinkenden Wasserverbrauch die Kanalnetze überdimensioniert seien. So werde oft die erforderliche Fließgeschwindigkeit nicht mehr erreicht. Da Deutschland kein Wasserproblem habe, gebe es hierzulande auch keine zwingende Notwendigkeit, den Wasserverbrauch weiter zu drosseln. Der Wasserverbrauch pro Kopf sei seit 1990 von 147 auf 127 Liter 2002 gesunken.

 
Impressum / Datenschutzerklärung