Oktober 2003

Wasser-/Abwassernachrichten

(News-Archiv)

Wasserqualität der deutschen Seen muss noch besser werden

Umweltmagazin, den 31.10.2003 

Die Qualität des Wassers in vielen Seen Deutschlands ist in den vergangenen zehn Jahren besser geworden. Durch weniger Abwässer wuchs der Wert der Gewässer für Freizeit und Erholung. Allerdings sind viele Seen weiterhin überdüngt. Dies geht aus einer aktuellen Dokumentation des Umweltbundesamtes (UBA) hervor. In die Erhebung, die die Brandenburgische Technische Universität Cottbus im Auftrag des UBA vornahm, flossen Datensätze und Beschreibungen von mehr als 12 000 Seen ein. Daraus entstand eine Seenmonografie, die 227 ausgewählte Seen beschreibt. Parallel dazu hat das UBA die ihm von den Bundesländern übermittelten Daten aus den Jahren 1981 bis 2000 zusammengestellt, ausgewertet und publiziert. Vor allem aus der Landwirtschaft kommen zuviel Phosphat und Stickstoff in die Gewässer. Dort sorgt der Überfluss an Nährstoffen für ein starkes Pflanzen- und Algenwachstum. Die Folgen sind Sauerstoffmangel, Seen können kippen. Schlimmstenfalls können sogar Fische sterben. Deshalb muss der Eintrag von Phosphat und Stickstoffen in die Seen deutlich verringert werden. Dies wird in den nächsten Jahren ein wesentliches Anliegen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie sein. Die Dokumentation weist auf ein weiteres Problem hin, das in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird: Die Ufer der Seen können wichtige ökologische Funktionen nicht mehr erfüllen, denn Baumaßnahmen und Erholungssuchende können die Ufer zerstören und den Tieren somit Schutz und Nahrungsangebot entziehen. Das Buch mit dem Titel "Dokumentation von Zustand und Entwicklung der wichtigsten Seen Deutschlands" wird in der Reihe UBA-Berichte im Erich-Schmidt-Verlag erscheinen. Die Datensammlung "Wasserbeschaffenheit der wichtigsten Seen in der Bundesrepublik Deutschland" liefert vertiefende Informationen zu 18 ausgewählten und bedeutenden Seen. Sie ist in der Reihe "Texte" des Umweltbundesamtes als Nummer 36/2003 erschienen und kostenlos erhältlich beim Umweltbundesamt, Zentraler Antwortdienst, ZAD, Postfach 33 00 22, 14191 Berlin, Fax: 030/ 8903 2912. Die Studie kann auch via Internet unter der Adresse http://www.umweltbundesamt.de, Rubrik "Publikationen"/Publikationsliste, bestellt werden.

 

Globale Erwärmung bringt regional mehr Schneefall mit sich

Wärmere Seen erhöhen Feuchtigkeit kalter Luft

Wissenschaft, den 31.10.2003l 

Die seit mehreren Jahrzehnten sowohl in Wissenschaft als auch Politik intensiv diskutierte Erhöhung der Durchschnittstemperaturen der Erdatmosphäre kann einer neuen Studie nach überraschenderweise zu mehr Schneefall in der Umgebung großer Seen führen. Die erhöhte Temperatur der Wassermassen führt zu einem größeren Feuchtigkeitsaustausch mit kalten, trockenen Winterwinden. Somit wird sowohl deren Luftfeuchtigkeit als auch Temperatur erhöht, berichten amerikanische Wissenschaftler im Fachmagazin Journal of Climate (Ausgabe vom 1. November).

Adam Burnett von der Colgate Universität im US-Bundesstaat New York und seine Forscherkollegen untersuchten historische Aufzeichnungen der in der Umgebung der Großen Seen an der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada niedergegangenen Schneefallmengen. Demnach nahm der Schneefall seit den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in dieser Region kontinuierlich zu. Die Forscher sind der Meinung, dies mit einer durch die globale Erwärmung ausgelösten Erhöhung der Wassertemperaturen erklären zu können.

Die Wassermassen werden in den Wintermonaten oftmals von eisigen und trockenen Winden aus Kanada überweht. Je größer der Temperaturunterschied zwischen der Wasseroberfläche und der Luft, desto mehr Feuchtigkeit und Wärme wird von den Seen an die Luft abgegeben. Damit erhöht sich sowohl deren Feuchtigkeit als auch Temperatur, so dass in einem Umkreis von einigen Hundert Kilometern der Schneefall zunimmt.

Burnett hat zudem umfangreiche Isotopenanalysen von Sedimenten kleinerer Seen in dieser Region durchgeführt. Die radiochemischen Untersuchungen ergaben in der Tat, dass die kleineren Seen innerhalb der vergangenen Jahrzehnte immer mehr Wasserzufluss von den großen Seen in Form von Niederschlag erhalten haben. Temperaturmessungen haben zudem ergeben, dass die Wintertemperaturen der Seen tatsächlich steigen.

Ob sich die Ergebnisse dieser Studie auf andere Regionen übertragen lassen, ist jedoch noch offen. Dazu muss zunächst die Bedeutung der oft extrem starken Eiswinde aus Kanada besser abgeschätzt werden. Von Stefan Maier.

 

Ausstellung über Wasser im Bundesumweltministerium

Citygator.de 30.10.2003

"Wer den Tropfen nicht ehrt, ist des Wassers nicht wert", so fasste Bonns Umweltdezernent Dr. Volker Kregel bei der Eröffnung der Ausstellung "Wasser ist Zukunft" die Bedeutung des bedachtsamen Umgangs mit Wasser. Bis zum 27. November ist die Präsentation der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz e.V. im Bundesumweltministerium zu sehen. Informationen gibt es unter vdg-online.de.

Die Stadt unterstütze das Wassersparen zum Beispiel durch den Rabatt auf die Gebühren, wenn Regenwasser so aufgefangen wird, dass es für die Toilettenspülung oder die Waschmaschine genutzt wird. "Europaweit ist der Wasserverbrauch seit den neunziger Jahren spürbar zurück gegangen", so Kregel. "Die Deutschen liegen mit rund 130 Litern pro Tag gar nicht schlecht, denn nur in Belgien verbrauchen die Menschen mehr."

Dass zu Trinkwasser inzwischen zum Krisenpotenzial in aller Welt geworden ist, hat erst kürzlich die Diskussionsrunde beim Bonner UNO-Gespräch gezeigt. Millionen von Menschen haben keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum "Grundrecht" sauberes Trinkwasser, und es gilt, alle Kräfte zu bündeln, um dies zu ändern. Dazu trägt auch ein wachsendes Bewusstsein in Ländern des Nordens bei: Die kommunale Familie engagiert sich zum Beispiel über das International Council for Local Environmental Initiatives (ICLEI) in der indischen Sadt Hyderabad beim Wassermanagement. Kregel: "Diese Ausstellung wird Bewusstsein für das kostbare Gut Wasser wecken, und ich freue mich, dass sie am ersten Dienstsitz des Bundesumweltministeriums in Bonn gezeigt wird."

"Wasser soll öffentlich bleiben"

AK und Städtebund lehnen Liberalisierung durch Binnenmarkt ab . . 

Wiener Zeitung 29.10.2003

Von Heike Hausensteiner Gegen EU-Liberalisierungsbestrebungen beim Wasser melden sich nun auch die Arbeiterkammer und der Städtebund zu Wort. Sie werfen der Bundesregierung vor, zu wenig energisch gegen die Privatisierungspläne in Brüssel aufzutreten. Dass die Realisierung des Binnemarktes und damit des freien Wettbewerbes auch von Österreich als Mitgliedstaat mitgetragen werden muss, ist den Interessenvertretern freilich bewusst.

300 Jahre Wiener Zeitung!"Das Wasser soll öffentlich bleiben", bringt Heinz Schaden, Vizepräsident des Österreichischen Städtebundes und Bürgermeister der Stadt Salzburg, die Forderung auf den Punkt. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" weiß Schaden natürlich um die Schwierigkeit des Vorstoßes im Kontext des EU-Binnemarktes Bescheid. Zudem ortet er in den Reformstaaten und künftigen Mitgliedstaaten der Union, die sich gerade erst auf die freie Marktwirtschaft umstellen, eifrige Anhänger der Liberalisierungspolitik. "Diese Länder sind hier schon sehr leichtgläubig." Verbündete im Kampf gegen die EU-Pläne beim Wasser sieht Schaden lediglich in "einigen deutschen Städten". Ansonsten würde die Liberalisierung in Italien ebenso wie in Frankreich, vor allem aber in Großbritannien mitgetragen. Durch die EU-weite Liberalisierung der Wasserver- und -entsorgung würde "ein öffentliches Monopol durch ein privates Monopol ersetzt", warnt der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Herbert Tumpel. Mögliche Konsequenzen seien sinkende Investitionen und steigende Preise. Außerdem könnten die Städte und Gemeinden dann nicht mehr selbst entscheiden, von wem und zu welchem Preis die Wasserversorgung durchgeführt werde.

Marktwirtschaft versus öffentlicher Auftrag

Ihre Befürchtungen untermauern AK und Städtebund mittels eigens in Auftrag gegebener Studie der Technischen Universität Wien und des deutschen Instituts Ecologic. Demnach seien Private weder effiztienter oder besser, noch billiger; etwa die Pro-Kopf-Kosten für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung liegen in Österreich im Schnitt bei 145 Euro pro Jahr, in England und Frankreich - wo die Dienste völlig bzw. mehrheitlich privatisiert sind - bei umgerechnet 150 bzw. 132 Euro. In Österreich würde heftiger über die künftige Anzahl der Kommissare als über die Grundversorgung der Bevölkerung diskutiert, so die Kritik von Tumpel und Schaden. Der Österreich-Konvent solle die Daseinsvorsorge in der überarbeiteten Bundesverfassung "entsprechend würdigen" und als Aufgabe der öffentlichen Hand im Grundkatalog als "unumstrittenes Ziel" festschreiben. Städtebund-Vize Schaden würde das Wasser am liebsten aus dem EU-Binnenmarktpinzip ausgenommen sehen. Nach dem EU-Vertrag von Nizza, der erst im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist, unterliegen Maßnahmen zur "Bewirtschaftung der Wasserressourcen" bei Beschlüssen dem Einstimmigkeitsprinizp. Im Entwurf zur neuen EU-Verfassung ist ein allgemeiner Schutz der Daseinsvorsorge vorgesehen.

 

Eis am Nordpol wird dünner

Längere Sommer lassen das Eis schmelzen

Wissenschaft, den 30.10.2003 

Das Eis am Nordpol wird in den kommenden Jahren vermutlich weiterhin dünner werden. Dies liegt jedoch weniger an der Klimaerwärmung insgesamt, als vielmehr an längeren Polarsommern. Das berichten britische Forscher im Fachmagazin Nature.

Für ihre Messungen der Eisdicke werteten Seymour Lexon und seine Kollegen vom University College in London Radar- und Mikrowellenbilder von Satelliten aus den Jahren 1993 bis 2001 aus. Im Winter ist die Eiskappe am Nordpol im Durchschnitt etwas weniger als drei Meter dick. Dieser Wert kann von Jahr zu Jahr allerdings um 25 Zentimeter schwanken, stellten die Wissenschaftler fest.

Die beobachteten Schwankungen der Eisdicke weichen von den Vorhersagen theoretischer Modelle allerdings stark ab. Bislang gingen Experten davon aus, dass durch den Treibhauseffekt das Eis langsam und kontinuierlich dünner wird.

Auf der Suche nach einer Erklärung für das Phänomen verglichen die Wissenschaftler die Eisdicke im Winter mit der Dauer der Eisschmelze im Sommer und entdeckten einen eindeutigen Zusammenhang: Je länger der Polarsommer dauert, desto dünner ist die Eiskappe im Winter. Bereits ein zusätzlicher Sommertag kann das Eis um fast fünf Zentimeter abschmelzen lassen.

Sollte der in den vergangenen Jahren beobachtete Trend zu längeren Sommern anhalten, wird das Eis am Nordpol weiterhin dünner werden, so Lexon. Da die Eiskappe des Nordpols dünner ist als die der Antarktis, reagiert sie stärker auf die längeren Sommer. Von Katharina Vogelmann.

 

Lebenselixier Wasser - vom regionalen zum globalen Problem

28. Oktober 2003, 02:14, Neue Zürcher Zeitung

Nicht umsonst halten Wissenschafter, die nach extraterrestrischem Leben suchen, vor allem Ausschau nach Spuren von Wasser. Wasser ist Leben, ohne Wasser wäre die Erde tot. Auf unserem Planeten ist es indes in riesigen Mengen vorhanden. In den Meeren, im Untergrund, im Eis der Polkappen und Gletscher, in Bächen, Flüssen und Seen und schliesslich in der Atmosphäre. Auch im menschlichen Leben spielt Wasser eine zentrale Rolle - nicht allein in unserem Körper, der zu zwei Dritteln aus Wasser besteht, zur Deckung unseres Flüssigkeitsbedarfs und zur Erzeugung unserer Nahrung. Wir brauchen es auch für die tägliche Hygiene, setzen es in Haushalt, Gewerbe, Industrie und vor allem der Landwirtschaft ein, und wir nutzen es für unsere Gesundheit, für Wohlbefinden, Vergnügen und Entspannung. Es dient uns zur Energieerzeugung und als Transportmittel - für flüssige Abfälle ebenso wie für Frachten und Menschen. Vor allem aber ist es auch die Basis für die Natur rings um uns, die ihrerseits eine entscheidende Rolle im globalen Wasserhaushalt spielt.

Wasser ist so zentral, dass es als Selbstverständlichkeit gerne übersehen wird. Selbstverständlich ist genügend sauberes Wasser aber gerade nicht. Je mehr die Menschen es nutzen und je grösser ihre Zahl, umso sorgsamer muss mit dem Wasser unseres Planeten umgegangen werden. Zwar rezykliert und reinigt dieser täglich riesige Mengen, die als Niederschläge neu verteilt werden, und das dürfte auch so bleiben. Eine wärmere Welt könnte diese Umwälzung laut Klimaexperten gar steigern - die Verteilung der Niederschläge aber vielleicht noch ungleicher werden lassen. Regen und Schnee fallen regional und zeitlich nämlich höchst unterschiedlich an. Selbst im gemässigten Schweizer Klima kann die Niederschlagsmenge von Jahr zu Jahr um einen Faktor zwei und mehr schwanken. Noch ausgeprägter ist dies zum Beispiel in der Wüste Perus: Führt El Niño, die im Pazifik auftretende Meeresanomalie, Feuchtigkeit gegen die Anden, steigt die Regenmenge auf ein Vielfaches. Das Wasser bringt dann nicht Leben, sondern Zerstörung und Tod. Bleibt in Indien der Monsun aus, kann in einzelnen Gebieten der Jahresniederschlag von durchschnittlich über zehn Metern auf praktisch null zusammensacken.

Diese Launenhaftigkeit der Natur ist es, die die Menschen seit je gezwungen hat, Techniken zur Gewährleistung der Versorgung, aber auch zum Schutze vor den Naturgewalten zu entwickeln. Nur so wurde es möglich, wasserarme Regionen zu besiedeln und landwirtschaftlich zu nutzen oder in prosperierenden Städten zu Tausenden auf kleinem Raum zusammen zu wohnen. Manche dieser Lösungen haben allerdings neue Probleme geschaffen. So brachten die zentralen Wasserversorgungen die Gefahr einer raschen grossflächigen Verteilung von Krankheitserregern mit sich und führten zu Typhus- und Choleraepidemien, die nach Gegenmassnahmen riefen. Gigantische Bewässerungsprojekte der einstigen Sowjetunion in Zentralasien wiederum, die die Zuflüsse des Aralsees für riesige Reis- und Baumwollkulturen abzweigten, versalzten grosse Landstriche durch nach oben steigendes Grundwasser und liessen den See auf weniger als die Hälfte seiner Fläche schrumpfen. Zehntausende von Quadratkilometern wurden zu unfruchtbarer Wüste.

Basisversorgung und Landwirtschaft sind auch die Themen, die die Uno vor allem bewogen haben, 2003 zum Jahr des Süsswassers auszurufen. Armut, Wassermangel und Krankheit stellen einen Teufelskreis dar. Wo Krankheit herrscht, weicht auch die Armut nicht, denn es fehlt die Kraft, den Wassermangel zu beheben und sich aus dem Elend zu befreien. Ohne Zugang zu minimalen Mengen sauberen Trinkwassers täglich ist der Mensch aber vielen lebensbedrohenden Krankheiten ausgeliefert. Dazu zählen jene, die über Erreger und giftige Substanzen im Trinkwasser übertragen werden, ebenso wie Leiden, die durch ungenügende Hygiene entstehen. Über 2 Millionen Menschen, vor allem kleine Kinder, sterben laut der Uno jährlich an Durchfallerkrankungen, die mit dem Wasser übertragen werden.

Die Gewährleistung des minimalen Trinkwasserbedarfs ist aber nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heissen Stein. Es braucht auch ein über den Einzelhaushalt hinausreichendes gezieltes Wasser- und Abwassermanagement, das verhindert, dass gefährliche Substanzen aus Abwässern und Abfällen in die Wasserreserven geschwemmt werden, und dafür sorgt, dass genug des kostbaren Stoffes vorhanden ist, wann und wo es für die Menschen und ihre Ernährung notwendig ist - und dies, ohne sie durch andere Krankheiten zu gefährden. Stehende Wasser können zur Gefahr werden, wenn sie Lebensraum für Moskitos, Würmer und andere Lebewesen bieten, die Krankheiten übertragen. So bringt allein die Malaria jährlich über einer Million Menschen den Tod.

Grosse Wassermengen von befriedigender Qualität braucht es vor allem in der Landwirtschaft. Sie konsumiert heute weltweit fast drei Viertel des vom Menschen genutzten Wassers. Über den Handel mit Agrargütern wird Wasser in sogenannt virtueller Form bereits heute rund um den Globus transportiert. Etwa 1,5 Kubikmeter virtuelles Wasser stecken in 1 Kilogramm Getreide - rund zehnmal mehr, nämlich 15 Kubikmeter, in 1 Kilogramm Rindfleisch. Der globale Trend zu tierischen Proteinen erhöht den Wasserkonsum also überproportional.

Der Einsatz von Wasser in der Landwirtschaft erfolgt in der Regel äusserst verschwenderisch; und rund zwei Fünftel der Nahrung stammen heute von bewässerten Feldern, meist in der Dritten Welt, vor allem Asien. Unter Experten besteht denn auch kein Zweifel, dass die in den nächsten Jahrzehnten weiterhin wachsende Weltbevölkerung und der - hoffentlich - steigende Lebensstandard auch bei den Ärmsten unweigerlich an die Grenzen der heutigen Produktionsweisen führen, lokal, regional und global. Dass auch zu Wohlstand kommende Staaten in wasserarmen Gebieten trotz hoch entwickelter Technologie einen grossen Teil ihres virtuellen Wasserbedarfs auf dem Weltmarkt über den Einkauf von Grundnahrungsmitteln decken müssen, zeigt das Beispiel Israel. Die heutigen Nettoexporteure von Getreide werden daher in Zukunft noch stärker gefordert sein.

Über Armutsbekämpfung und Landwirtschaft wird die Wasserversorgung - einst ein lokales, dann ein regionales Problem - somit definitiv zur globalen Aufgabe. Wie sie zu lösen ist, darüber wird heftig diskutiert. Nicht nur braucht es in einer sich ständig wandelnden Welt, in der immer neue Wechselwirkungen in Ökologie und Ökonomie sichtbar werden, neue Technologien für die Dritte Welt und die Industrieländer und eine stetige Weiterentwicklung riesiger Infrastrukturwerke. Zur Debatte steht auch die Rollenverteilung - was können und sollen Private, und wo braucht es den Staat? Denn dass es sich um eine zentrale Aufgabe der Zukunft handelt, zu deren Lösung es alle Kräfte einzubeziehen gilt, steht ausser Frage.

 

Hightech-Toiletten aus der Oberpfalz sollen Kläranlagen ersetzen

Donau-Online 27.10.2003

Mit Hightech-Toiletten will ein Oberpfälzer Unternehmen wasserarmen und entlegenen Gegenden eine neue Abwassertechnik bieten. Die WC´s sind Teil eines umfassenden Systems, mit dem beispielsweise eine Kleinsiedlung selbstständig Abwasser reinigen und einen Großteil wieder verwenden kann. Die Technik eignet sich laut der Hans Huber AG in Berching (Landkreis Neumarkt) für Einödhöfe, Dörfer in Entwicklungsländern oder auch Passagierschiffe. Wegen der Reinigung vor Ort müssten keine Leitungen zu großen Kläranlagen gebaut werden, sagt Projektleiter Oliver Christ. «Sonst kostet das Kanalsystem oft 70 bis 80 Prozent der gesamten Wasserreinigung.» So wie der Abfall schon in jedem Haushalt vorab getrennt wird, wollen die Berchinger Experten das verschmutzte Wasser bereits am Ort des Entstehens aufteilen in Urin, Fäkalien und Restwasser. So soll das Toiletten-Abwasser mit dem weniger verschmutzten Wasser aus Dusche oder Waschmaschine erst gar nicht in Berührung kommen. Etwa 98 Prozent des Schmutzwassers könne vor Ort gereinigt und als Brauchwasser wieder verwendet werden. Zudem will das Unternehmen mit den Ausscheidungen Nährstoffe gewinnen. Damit könnten Dünger oder das für Menschen lebensnotwendige Phosphor produziert werden. Das Konzept funktioniert mit «NoMix-Toiletten», die mit einem geteilten Becken sofort Urin und Fäkalien trennen. Beim Testlauf der Spezialklos in der Huber-Vorstandsetage sind die Entwickler allerdings auf ungeahnte Schwierigkeiten gestoßen: Denn der Abfluss für den Urin wird erst durch das Hinsetzen geöffnet. «Keiner von uns Männern wusste, dass sich Frauen meist nicht auf öffentliche Toiletten setzen», erklärt Christ. Spezielle Hinweisschilder sollen daher die Benutzer über die Technik informieren.

 

Dramatisches Abschmelzen der arktischen Polkappe

Die Welt, den 27.10.2003 

Die Polkappe in der Arktis ist seit 1980 um rund 20 Prozent geschrumpft, sagen US-Forscher der Raumfahrtbehörde Nasa nach Auswertung von Satellitenbildern. Die dramatische Eisschmelze erfordere schnelles Handeln, um weitere große Klimaveränderungen zu verhindern. "Wir können es uns nicht leisten, lange auf technische Lösungen zu warten", warnt David Rind. Die Ozeane und Landmassen rund um die Arktis erwärmten sich in den vergangenen zehn Jahren um ein Grad Celsius, und die Eisschmelze treibe die globale Erwärmung an, so dass die Forscher einen Teufelskreis beobachten: "Schnee und Eis reflektieren auf Grund ihrer weißen Farbe das Licht stark", sagt Nasa-Wissenschaftler Josefino Comiso. So werde der größte Teil der Sonnenenergie nach oben reflektiert. Mit der Verringerung der Eisfläche werde mehr Sonnenlicht absorbiert, so dass sich der Prozess beschleunige.

Einzelne Konsequenzen sind bereits zu beobachten. So berichteten Forscher im September, dass das größte Schelfeis-Vorkommen vor der Küste Kanadas zerbrochen sei. Das Treibeis könne Schifffahrt und Bohrinseln gefährden. Auch Änderungen von Meeresströmungen sowie des Bestandes an Fischen werden befürchtet. Der Klimaforscher Mark Serreze von der University of Colorado räumt ein, dass ein Teil der Klimaveränderungen natürliche Ursachen habe, aber die Klima-Experten seien sich einig: "Ein Teil ist auf die Menschen zurückzuführen." AFP

 

Täglich 310 Liter Trinkwasser pro Einwohner 

Markus Hilber, TB Wil, 26.10.2003

Der Wiler Trinkwasserverbrauch nahm in den letzten 10 Jahren zwar von 1,75 Mio m3 auf 1, 45 Mio m3 pro Jahr ab, viel Energie wird für Warmwasser aufgewendet

Trinkwasser ist das wichtigste Lebensmittel und Grundlage für unseren hohen Hygienestandard. In der Schweiz werden im Durchschnitt über 400 Liter Trinkwasser pro Einwohner und Tag verbraucht. 162 Liter davon allein im Haushalt. Das sind ungefähr zwei gefüllte Badewannen pro Tag oder ein Würfelvolumen von cirka 4m x 4m x 4m pro Jahr!

An einem Spitzentag liefern die Technischen Betriebe Wil (TBW) ihren Wasserkunden bis zu 8'000 m3 pro Tag (rund 8 Millionen Liter). Während in den letzten Jahren durch Neubauten das Bauvolumen der Stadt stetig zunahm, bildete sich die von der TBW verkaufte Wassermenge während der Dekade 1991–2001 von 1.75 Mio m3 auf 1.45 Mio m3 zurück. Der Verbrauch pro Kopf (inkl. Wasserabgaben für Feuerwehr, Laufbrunnen etc.) bildete sich in der gleichen Zeitperiode ebenfalls von ca. 400 auf ca. 310 Liter pro Person und Tag zurück.

Täglich verbrauchen wir durchschnittlich über 160 Liter Wasser, allein 52 Liter beim Duschen, Baden und der Körperpflege am Lavabo. Zu 2/3 ist dies Warmwasser. In neueren Bauten wird bereits gleich viel Energie für das Warmwasser aufgewendet wie für das Beheizen des Gebäudes. Der Trend zu Wellness ist ungebrochen. Mit herkömmlichen Brausen werden dabei bis zu 24 Minutenliter in den Ausfluss gespült.

Spareffekte Moderne, technisch hochstehende Sanitärprodukte – Brausen, Armaturen und Durchflussbegrenzer – machen dem ein Ende. Sparbrausen, die beispielsweise auch von „Energie Schweiz“ empfohlen werden und mit dem offiziellen Label „Energy“ ausgezeichnet sind, lassen zum Beispiel nur noch maximal 12 Minutenliter durchfliessen. Mit Spararmaturen – z.B. Einhebelmischer mit Mengenbremse oder Thermostatmischer – lassen sich etwa 30 bis 40 Prozent Wasser und Energie einsparen. Sie sparen bares Geld, eine vierköpfige Familie beispielsweise braucht mit dem Einsatz von Sparprodukten im Jahr bis zu 40'000 Liter Wasser weniger und spart damit bis zu 340 Franken Wasser- und Energiekosten – und verbrennt entsprechend gut zwei Badewannen weniger Öl für ihr heisses Wasser.

Der SVGW (Schweiz. Verband Wasserversorger) hat kürzlich in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt BUWAL eine Studie über den Wasserverbrauch im Haushalt durchgeführt. Erstmals verfügt man seitdem nun über repräsentative Daten, die Auskunft über die spezifischen Haushaltsverbräuche geben und aufzeigen wo Sparmassnahmen sich am wirksamsten auswirken. Der Wasserverbrauch eines durchschnittlichen Haushaltes beträgt: für Baden und Duschen ca. 20%, für die Toilettenspülung ca. 30%, für den Wasch- und Spültischbereich ca. 28%, wovon für Kochen, Trinken und Geschirrspülen ca. 15%. Der Anteil eines Geschirrspülers dabei beträgt lediglich ca. 2%, für eine Waschmaschine bis zu 19%.

Wassersparen hilft Energie sparen Die grössten Wasserspareffekte ohne Komfortverlust können somit bei der Toilettenspülung und bei der Waschmaschine erzielt werden, welche auch die grössten Wasserverbraucher im Haushalt sind. Das Sparpotential hängt bei den Waschautomaten stark von der Geräteausstattung ab, bei älteren Waschmaschinen liegt der Wasserverbrauch noch bei 250 Litern, während die neueren Geräte zum Teil weniger als 100 Liter verbrauchen. Mit der Spül-Stop-Taste für das „kleine Geschäft“, kann bei der Toilettenspülung bis zu 30% dieses Anteiles eingespart werden. Ein weiterer Sparbeitrag lässt sich erzielen, indem man die Waschautomaten, wenn immer möglich, nur voll gefüllt in Betrieb setzt.

Wer Wasser spart, reduziert auch den Energieverbrauch. Berechnungen des WWF-Schweiz zeigen: Wenn jeder Schweizer Haushalt Wasserspardüsen und WC-Spülkästen mit Wasserstopp-Taste installieren würde, liessen sich 1200 SBB-Tankwagen voll Erdöl und ein Drittel der Leistung des AKW Beznau II einsparen. Für eine dreiköpfige Familie würden zudem rund 210.-- Fr. weniger Energie- und Wasserkosten pro Jahr anfallen.

 

Der Rhein soll noch lebendiger werden

Natur und Kosmos, den 24.10.2003 

Nachdem der Rhein wieder recht sauber geworden ist, will der NABU nun durch Modellprojekte zeigen, wie man seine Ufer als Lebensraum erhalten und umgestalten kann.

natur&kosmos hat in seiner Jubiläumsausgabe vom Oktober darüber berichtet: Bis auf den Stör sind alle 64 ursprünglich im Rhein beheimateten Fische zurückgekehrt, der Lachs etwa, der Maifisch oder das Neunauge. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität haben gefruchtet, bilanzierte die Internationale Rheinschutzkommission.

Doch die Bestände der Fischarten wie auch anderer Lebewesen im Rhein sind noch sehr klein. Um sich zu stabilisieren, brauchen sie nicht nur sauberes Wasser, sondern auch etwa Kies- und Sandufer als Laichplätze.

Wie die monotonen Uferbefestigungen entlang des größten deutschen Flusses entsprechend zurückgebaut werden können, will der Naturschutzverband NABU nun unter dem Motto "Lebendiger Rhein - Fluss der tausend Inseln" anhand von 15 Modellprojekten zwischen Straßburg und den Niederlanden zeigen. Das erste Beispiel ist am 24. Oktober gestartet: In Duisburg-Rheinhausen tragen Bagger auf insgesamt 1,5 Kilometern Länge das Steinkorsett ab, so dass der Rhein sein Ufer an dieser Stelle wieder selbst gestalten kann. "Davon werden nicht nur die Tiere und Pflanzen profitieren", sagt NABU-Präsident Olaf Tschimpke, "auch den Menschen wird dort wieder ein Naturerlebnis der besonderen Art ermöglicht."

Und sogar die Schiffahrt hat etwas davon: "Wir gewinnen hier das Material für notwendige Reparaturarbeiten an anderen Stellen des Rheinufers", erklärt Bernd Lüllau, Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Duisburg-Rhein. "Wir haben also die glückliche Situation, dass wirtschaftliche Interessen zur Ufer-Unterhaltung sich mit den Interessen des Naturschutzes decken."

Auf ähnliche Weise sollen auch die anderen Projekte zeigen wie Lösungen aussehen können, die Vorgaben des Rheinprogramms 2020 und der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen. Vielleicht wird der Rhein so eines Tages wieder zum Fluss der tausend Inseln mit Flachwasserzonen und malerischen Buchten, der er einmal war.

 

Umweltschutz im Ostseeraum NGOs und Anrainerstaaten beraten Kooperationen

Stralsund (pte, 22. Okt 2003 16:18) - Umweltschutz im Ostseeraum steht im Mittelpunkt einer internationalen Konferenz, die morgen, Donnerstag, und übermorgen, Freitag, in Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern stattfindet. Vertreter staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen werden dabei über die Umsetzung von Umweltkooperationen im Ostseeraum, den Stand laufender Projekte und deren Weiterentwicklung beraten. Auf der Tagesordnung steht vor allem die so genannte Agenda Baltic 21, ein Aktionsprogramm zur ökologisch, wirtschaftlich und sozial verträglichen Entwicklung dieser Region.

Die deutschen Aktivitäten werden vom Umweltbundesamt (UBA) http://www.umweltbundesamt.de/ koordiniert. So soll ein vom UBA finanziertes Forschungsprojekt Lösungsvorschläge liefern, wie der Ausstoß von Luftschadstoffen sowie die Lärmbelästigung und Vibration durch Schiffe und Fährbetrieb vermindert werden kann. Daneben betreut das Umweltbundesamt zahlreiche Projekte in den osteuropäischen Anrainerstaaten der Ostsee. Diese befassen sich unter anderem mit der Substitution von Kernenergie durch erneuerbare Energien in Litauen oder mit der Chemikalienkontrolle im Baltikum.

Baltic 21 wurde vor fünf Jahren von den Außenministern der Anrainerstaaten gegründet und setzt sich aus Vertretern der Europäischen Kommission, der Europäischen Investitionsbank, der Union of Baltic Cities und anderer Institutionen und NGOs zusammen. Wesentlicher Bestandteil von Baltic 21 ist ein Aktionsprogramm, das in die Sektoren Energie, Fischerei, Forst- und Landwirtschaft, Industrie, Verkehr, Tourismus und Umwelterziehung gegliedert ist.

 

Dem Kollegen ,Primo' ist Gestank egal

Kölnische Rundschau, den 22.10.2003 

OVERATH. Es ist feucht im Kanal, und es stinkt - dem kleinen „Facharbeiter“ der Firma „Umwelttechnik & Wasserbau“ macht das nichts aus. Er riecht nichts, und feuchtes Arbeitsklima ist ihm Schnuppe.

Denn der gerade mal ein Meter große Kanalarbeiter, der unter Tage zielsicher überstehende Kanalstutzen absägt und Risse zuspachtelt, hat ein Rückgrad aus Stahl und ein Herz aus Elektronik. Mit Hilfe moderner Robotertechnik lässt die Stadt Overath derzeit ihre kanalisierte „Unterwelt“ auf Vordermann bringen. „Das erspart Behinderungen durch größere Baustellen und ist obendrein kostengünstiger als eine Reparatur in offener Bauweise“, erklärt Projektleiter Stephan Bolm vom Ingenieurbüro Fischer.

Der kleine Fräs- und Spachtelroboter, der von seinen menschlichen Kollegen im Technikwagen oben auf der Straße gesteuert wird, hat eine Menge zu tun: Längs- und Querrisse im Kanal, Undichtigkeiten an den Rohrverbindungen und nicht fachgerecht eingebaute Stutzen gibt, oder besser: gab es im über 183 Kilometer langen Overather Kanalnetz genug. Bereits zwischen 1995 und 1998 ging die Stadt - wie vom Gesetzgeber gefordert - Schäden in ihrem Kanalnetz per TV-Untersuchung auf den Grund. Heraus kam ein Kanalschadenskataster aller Beschädigungen. „Mit der Umsetzung der Sanierung liegt Overath nun kreisweit mit an der Spitze“, so Bolm.

Wichtig, so der Ingenieur, sei die Kanalsanierung nicht nur, weil Abwasser durch Rohrrisse im Erdreich versickern könne, sondern auch weil durch schadhafte Stellen Grundwasser in den Kanal eindringe, das dann die Kläranlagen unnötig belaste.

Hausanschlüsse, deren Stutzen zu weit ins Kanalrohr hineinragten, müssten zudem saniert werden, da sie zu Verstopfungen führen könnten, erklärt Bolm und blickt durch den Schacht zum zweieinhalb Meter tiefer verlaufenden Untereschbacher Hauptsammler. Durch ihn werden alle Abwässer aus dem Overather Sülztal in die Kläranlage bei Lehmbach geleitet. Selbst bei Trockenwetter fließen hier mehr als 50 Liter Schmutz- und Regenwasser pro Sekunde durch. Für den Roboter-Einsatz wurden sie umgeleitet oder in Regenüberlaufbecken gestaut.

Bei größeren Schäden bekommt der Fräs- und Spachtelroboter Verstärkung von einem Packer, einem langen Gummizylinder, der mit einem in Epoxydharz getränkten Glasfasergewebe umwickelt und im Kanal per Pressluft aufgeblasen wird. Er drückt das Glasfasergewebe gegen die Rohrinnenwand, das Spezialharz härtet die Gewebeschicht aus und verpasst dem undichten Rohr eine zweite, dichte Innenhaut - damit man in Overath nicht so schnell den Kanal voll hat.
Von Guido Wagner.

 

Harburg bekommt eine Chinatown

Auf zehn Hektar Fläche entsteht ein asiatisches Zentrum.

Hamburger Abendblatt, den 22.10.2003 

Das geplante China-Zentrum im Harburger Binnenhafen nimmt Gestalt an: Mit den Hightech-Firmen MAS Elektronik AG und KS Marketing & Technik Handel haben sich die ersten im Deutschland-China-Geschäft engagierten Firmen dort angesiedelt. Das Zentrum "China Channel Hamburg" entsteht auf Initiative des Harburger Unternehmers Arne Weber (58) auf zehn Hektar Fläche im Bereich Blohmstraße und Ziegenwiesenkanal. Dort stehen leer stehende Hallen und Büros der Firma Cargill zur Verfügung. Andere Gebäude gehören Weber, darunter ein restauriertes Industriegebäude, in dem früher die Technische Universität Harburg Mieter war. Weber: "Unser Vorteil ist, wir haben sofort Kapazitäten frei." ...

Und Weber hat noch mehr Pläne: Zusammen mit Projektpartnern will er Anfang 2004 einen Workshop zum Thema "Entwicklung und Aufbau des Chinazentrums China Channel Hamburg" mit Politikern, Stadtplanern, Architekten, Wirtschaftswissenschaftlern und Unternehmern veranstalten. Im Sommer ist eine zweitägige China-Konferenz "Handelsbeziehungen Deutschland - China. Chancen für den Mittelstand" mit Messe und Kontaktbörse vorgesehen.

Der "China Channel Hamburg" soll mittelständischen deutschen und chinesischen Firmen als Plattform dienen, um Handelsbeziehungen aufzubauen. Ein erstes Projekt, das für China interessant ist, gibt es schon: Die TU Harburg und die Stadtentwässerung entwickeln ein Abwasser-trenn-System für die wasserarmen Gebiete Chinas. (eli)

 

Brüssel will Niedersachsen zu öffentlicher Auftragsvergabe zwingen

Europäisches Informations-Zentrum, den 21.10.2003 

Die EU-Kommission will notfalls mit einer Geldstrafe Niedersachsen zur öffentlichen Ausschreibung von staatlichen Aufträgen zwingen. Das Land verstoße seit Jahren gegen EU-Recht, teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit. Braunschweig und die Gemeinde Bockhorn (Kreis Friesland) haben 1997 und 1999 Aufträge für die Abwasser- und Müll-Entsorgung vergeben, ohne sie vorher öffentlich bekannt zu machen. Die Verträge müssten sofort aufgehoben werden, forderte die Kommission.

Falls die deutschen Behörden nicht einlenkten, werde man vor dem EU-Gericht eine Geldstrafe beantragen, hieß es in Brüssel. Die EU-Experten schickten einen Mahnbrief an die Bundesregierung und forderten sie auf, den Missstand sofort abzustellen.

Im April 2003 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden (Aktenzeichen C-20/01 und C-28/01), dass Niedersachen in beiden Fällen seinen Verpflichtungen aus den EU-Verträgen nicht nachgekommen sei. Die Gemeinde Bockhorn habe 1997 mit dem Energieversorgungsunternehmen Weser-Ems AG einen Vertrag über die Ableitung von Abwasser auf 30 Jahre geschlossen, ohne den Auftrag auszuschreiben, so die Richter. Die Stadt Braunschweig habe 1999 mit den Brauschweigischen Kohlebergwerken eine Vereinbarung getroffen, ihr 30 Jahre lang Restabfall zur Verbrennung zur Verfügung zu stellen.

Nach Ansicht der EU-Kommission hat Deutschland das Gerichtsurteil nicht umgesetzt. Die Bundesregierung argumentiere, die beiden Verträge seien rechtsgültig und könnten nur dann aufgehoben werden, wenn die Städte hohe Schadenersatz-Summen zahlen würden. Diese Kosten stünden in keinem Verhältnis zum Ziel der EU-Kommission, verlaute aus Berlin. Dieses Argument lässt die Brüsseler Behörde nach eigenen Worten nicht gelten.

 

Erste Lachse kehren heim in die Kirnitzsch

Dresdner Neueste Nachrichten, den 21.10.2003 

Die Lachse sind im Anmarsch. "Sie sind schon in der Elbe, viele stehen vor ihren Laichflüssen und warten auf einen höheren Wasserstand, dass sie hinauf können", berichtet Gert Füllner, Fischerei-Experte beim Sächsischen Landesamt für Landwirtschaft. Gepannnt sind die "Lachsväter", wann die ersten Rückkehrer in der Kirnitzsch "landen", wo sie vor zwei Jahren zu ihrer Weltreise aufbrachen.

Neben dem Lachsbach, in dem sich im Frühjahr 1994 die ersten hiesigen Junglachse tummelten, sollen in den nächsten Jahren weitere Nebenflüsse der Elbe als "Kinderstuben" dienen. Die Müglitz und die Wesenitz sind schon mit Jungfischen besetzt, die vier Jahre nach dem Aussetzen zurückerwartet werden. Um den Fischen künftig die sprichwörtlichen Steine aus dem Weg zu räumen, hat das sächsische Umweltministerium kürzlich ein zwischen 35 und 45 Millionen Euro schweres Renaturierungsprogramm vorgestellt. Dieses sieht vor, den Bau von Fischtreppen an Wehren und den Rückbau von Staustufen in den Nebengewässern zu beschleunigen. Dabei orientiert das Ministerium darauf, die Projekte möglichst in "einem Aufwasch" mit Hochwasserschutzmaßnahmen umzusetzen. In den kommenden Jahren setzt damit reger Baubetrieb an den Wasserläufen links und rechts der Oberelbe ein. Allein für den Flutschutz rechnet der Freistaat mit rund 4000 Eingriffen im Regierungsbezirk Dresden. "Das bedeutet eine große Gefahr für den Fischbestand und auch das Lachsprogramm", sorgt sich Bernd Mikulin, Präsident des Anglerverbandes Elbflorenz e.V. Nicht genug dass es dieses Jahr im Regierungsbezirk Dresden zehn Mal zu Fischsterben kam, so etwa durch "Fremdeinleitung" ungeklärter Abwässer. Verunreinigungen würden auch durch Bauarbeiten verursacht, sagt Carola Stileck, Geschäftsführerin des Anglerverbandes. Zudem bereite das extreme Niedrigwasser in diesem Jahr den Fischen noch zusätzlichen Stress. Selbst jetzt haben die meisten Flüsse noch immer zu wenig Wasser.

Mikulin sieht es als sinnlos an, neue Besatzprogramme wie die beim Lachs zu starten, solange Arbeiten laufen. Aufgewirbelter Schlamm setze vor allem bei Jungfischen die Kiemen zu, wodurch es zum Tod durch Ersticken kommen könne. "Gegen die Bauarbeiten haben wir nichts, die müssen sein. Doch wir kämpfen darum, dass so sorgfältig wie möglich gebaut wird. Aber wie oft stehen die Bagger direkt im Flussbett und zerstören es", klagt Mikulin.

Das Ausmaß der Verluste ist nach Worten des Verbandspräsidenten im Augenblick noch nicht zu beziffern. Vergleichszahlen dürfte nächstes Jahr die Neuausgabe des Buches "Fische in Sachsen" liefern, für die gerade Kartierungen laufen.
Von Frank Sühnel.

 

99 000 Euro-Tiefschlag

Knut Ortlepp ist bestürzt. Der Verband Schilfwasser/Leina fordert 99 000 Euro Abwasserbeitrag. Dabei ist ein Teil seiner Fläche Wiese und liegt außerhalb des Bebauungsgebietes.

Thüringische Landeszeitung, den 20.10.2003 

Kaum aus dem Krankenhaus entlassen und genesen, da trifft Knut Ortlepp ein neuer Schlag. Diesmal in Form eines Beitragsbescheides vom Zweckverband Schilfwasser/Leina. 99 000 Euro sollen er und seine Frau als Abwasser-Beitrag bezahlen. Ortlepps Pech: Den 1972 enteigneten Familienbesitz hat er nach der Wende als Altersvorsorge zurückgekauft Nun sind die Immobilienpreise im Keller und der Abwasserbeitrag klettert ins Unermessliche. Das Grundstück mit drei Parzellen liegt im Friedrichrodaer Gewerbegebiet, es ist kaum bebaut, dafür etwa 13 000 Quadratmeter groß. Damit nicht genug: 25 000 Euro Wasser-Beitrag sind noch offen. Dieser Bescheid flatterte bereits kurz vor Weihnachten 2002 ins Ortlepp-Haus. Der Zweckverband bereite ihm seither schlaflose Nächte.

Mit Inbetriebnahme des neuen Klärwerks bei Ernstroda verschickt der Zweckverband die Beitragsrechnungen für Abwasser. Beim Geschäftsbesorger, den Friedrichrodaer Stadtbetrieben, schellen nun die Telefone. Die meisten Anrufer fragen wegen Richtigkeit der Rechnung und Ratenvereinbarung an, sagt Verbandsgeschäftsleiter Hans-Jürgen Wollnow. Im Fall Ortlepp räumt er ein: "Die Lage ist schwierig." Aber die Berechnung erfolge aufgrund bestehender Gesetze.

Ortlepp spricht von Willkür der Zweckverbände. Obwohl er bereits Widerspruch gegen den Wasserbeitragsbescheid eingelegt hatte und bekannt sei, dass sein Wiesenstück im Gewerbegebiet außerhalb der Bebauungsgrenze liege, sei hypothetisch dreigeschossige Bebaubarkeit berechnet worden. "Dabei sind die Gebäude ringsum seit dem vorigen Jahrhundert nur eingeschossig. Niemand baut mehr dreigeschossige Produktionshallen, selbst wenn zwölf Meter Traufhöhe erlaubt sind."

Die Bau-Messzahl der umliegenden Hallen ergebe Dreigeschossigkeit, erklärt Wollnow. Der Bebauungsplan des Gewerbegebietes lege das fest. Der B-Plan sei Gesetz. "Daran müssen wir uns halten." Gegen die Bau-Messzahl hätte Ortlepp im Zuge des Genehmigungsverfahrens für den B-Plan vorgehen müssen.

Ortlepps Wohnhaus wurde ausgeklammert und als Mischgebiet deklariert. Nebenan ist der Abriss des Möbelwerks im Gang. Ein Kaufmarkt entsteht dort. Kurz vor Umwidmung des Areals zum Mischgebiet werde Gewerbegebiet-Maßstab angelegt, beklagt Ortlepp. Eine derartige Umwidmung genehmige das Landesverwaltungsamt nicht, sagt Bürgermeister und Verbandsvorsitzender Klaus Henniges. Die Bemühungn hätten gezeigt: "Wir können den B-Plan nicht ändern."

Nach Ortlepps Ansicht widersprechen Kommunalabgabengesetz und Beitragsberechnung dem Solidarprinzip. Grundstückseigentümer würden einseitig belastet, Gewerbetreibende, Gastronomen und Vermieter in ihrer Existenz gefährdet: Grundsteuer, Wasser/Abwassergebühren, Straßenausbaubeiträge, Regenwasser-Einleitungsgebühren und nun horrende Abwasserbeiträge. "Was sollen wir noch alles bezahlen?" Wer sich wehre, werde als Rebell bezeichnet. Ortlepp sieht sich allein gelassen. Selbst ein an Ministerpräsident Althaus adressiertes Hilfeschreiben kam beim Zweckverband an. Von Bürgerinitiativen sei kaum Unterstützung zu erwarten, weil Angehörige bei Zweckverbänden in Brot und Lohn stehen. Wollnow reicht die Hand: "Wir sind die Letzten, die jemanden in den Ruin treiben." Sein Angebot: "Mit uns reden und nach einer Lösung suchen." Von Wieland Fischer.

 

Haspe, Grönland und zurück

Der Lachs ist wieder da: 200 000 Salme bereiten sich in einem Zentrum bei Hagen auf die große Reise vor

Neue Ruhr Zeitung, den 19.10.2003

Das Wasser sprudelt kühl und klar aus der Tiefe der Hasper Talsperre hervor. Aus 15 Metern Tiefe. Unablässig speist es die massigen Rundbecken vor der Talsperre - allesamt Fisch-Kinderstuben. Zehn Liter pro Sekunde durchströmen die Becken, knapp über 20 Grad warm im Sommer, fünf Grad kalt im Winter. Sauerstoff satt. Automaten sorgen dafür, dass das Futter auf die Minute genau die immer hungrigen Mäuler erreicht. Es sind viele Mäuler: Knapp 200 000 Salme, die meisten zwischen vier und zehn Zentimetern Größe, tummeln sich in diesen Tagen in Deutschlands größtem Lachszentrum.

Das Aufzucht-Zentrum existiert seit zwei Jahren, bezieht seine Lachseier aus Schweden. Hinter ihm steht ein 140 Mitglieder starker Verein, geführt von Rainer Hagemeyer, dem Präsidenten des Landesfischereiverbandes Westfalen-Lippe. "Hier in Haspe finden wir optimale Bedingungen für die Aufzucht", schwärmt Hagemeyer über den Standort und das gute Wasser aus der Talsperre. Ihn und seine Mitstreiter eint ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollen den Lachs wieder in heimischen Breitengraden ansiedeln. Die aufgezogenen Jungtiere werden im Rahmen des vom Landesumweltministerium aufgelegten "Wanderfischprogrammes NRW" in Flüssen wie Sieg, Wupper oder Ruhr ausgewildert (s. Kasten). Das Programm zeigt mittlerweile erste Erfolge. In der Sieg wurden im Herbst vergangenen Jahres Hunderte erwachsener Lachse an einer eigens eingerichteten Kontrollstation gezählt.

Hindernisse überwinden Die Wiedereinbürgerung der Salme ist kein leichtes Unterfangen. Die Auswirkungen der Industrie und der wachsenden Städte hatten sie seinerzeit aus NRW vertrieben. Im Rhein galten Lachse seit hundert Jahren als völlig ausgerottet, aus der Ruhr war der Fisch seit 60 Jahren verschwunden. Wobei verdrecktes Wasser nur ein großes Problem war - Stauwehre waren und sind das andere Problem: "Sie halten den Lachs auf dem Weg zu seinen Laichgründen auf", sagt Rainer Hagemeyer. Für Lachse ist es verheerend, aufgehalten zu werden. Wie Aale haben sie einen Wandertrieb, der bis zum Selbstmord reicht. Einmal im Leben treibt es jeden Lachs hinaus ins Meer, wo er sich fett frisst, um dann in seine Heimatgewässer zurückzukehren. Eine weite Reise: Im Atlantik vor Grönland liegen solche Fressgründe, knapp 3000 Kilometer von den hiesigen Flüssen entfernt. Für viele Lachse endet diese Reise laut Hagemeyer in schlecht abgeschirmten Turbinen von Wasserkraftwerken.

Anfang der 90-er Jahre gab es erste Versuche, den reiselustigen Fisch wieder anzusiedeln. Seit 1998 hat das Projekt eine feste Form als "Wanderfischprogramm NRW". 8,6 Millionen Mark sind in den ersten vier Jahren in dieses Vorhaben geflossen. "Die erste Phase ist nun abgeschlossen", sagt Thomas Griese, Staatssekretär im Umweltministerium. Sie habe vornehmlich dazu gedient, Daten zu sammeln, Konzepte zu entwickeln und den Beweis zu erbringen, dass sich der Lachs ansiedeln lässt. "Nun können wir sagen: Es klappt", vermeldet Griese.

Die Fördermittel werden weitgehend aus drei Quellen gespeist: aus der Abwasser- sowie aus der Fischereiabgabe und aus dem Naturschutzetat des Landes. Nicht nur der Lachs soll davon profitieren, auch Fische wie Neunauge, Meerforelle und vielleicht einmal der Stör, der früher ebenfalls im Rhein zu Hause war. Letzten Endes profitiere auch der Mensch, und zwar nicht nur in Person des Freizeitanglers: "Intakte Gewässer bedeuten ein Stück Lebensqualität", meint Staatssekretär Griese.

Dem Klärwerk sei Dank Um die Wasserqualität muss sich das Wanderfischprogramm nur bedingt kümmern. Landauf, landab sind in den letzten Jahrzehnten viele Klärwerke gebaut worden. Sie haben dafür gesorgt, dass die Flüsse schon erheblich sauberer wurden, sprich: PH-Wert und Sauerstoffsättigungsgrad für Lachs & Co. weitgehend erträglich sind. "An den Laichgewässern müssen wir noch etwas tun", sagt Griese. Soll heißen: Es sind Renaturierungen fällig und zum Schutz vor Erosion müssen Böschungen angelegt werden. "Zu tun" gibt es auch an der Wanderstrecke der Fische: Wo es möglich ist, sollen Stauwehre geschliffen werden. Wo es nicht geht, müssen so wie an der Ruhr in Hattingen sogenannte "Fischaufstiege" her - künstlich angelegte Wassertreppen, mit denen Fische Hindernisse wie Stauwehre überwinden können.

Das Auswildern der Fische bildet quasi das I-Tüpfelchen des Programms. Wenn Lachse ausgesetzt werden, dann auch stets in großer Zahl. 30 000 solcher in Haspe aufgezogener Fische waren es beispielsweise, die im Frühjahr in Bochum in der Ruhr freigelassen wurden. Der Erfolg von Auswilderungen zeigt sich immer erst zweieinhalb Jahre später, wenn die Fische von ihrer Reise zu den Fressgründen vor Grönland zurückgekehrt sind.

Dann wird sich zeigen, wie viele Lachse an Fischernetzen, Angelhaken und Turbinen vorbeigeschwommen sind, schneller als gefräßige Hechte waren und auch sonst alle Widrigkeiten der langen Wegstrecke überstanden haben. Erfahrungsgemäß ist es bestenfalls jeder zehnte. Bis sich der Lachsbestand hierzulande selbst trägt, wird noch viel Wasser durch Rhein und Ruhr geflossen sein. Rainer Hagemeyer jedenfalls schätzt, dass das Hasper Zentrum noch zehn Jahre für Nachwuchs sorgen muss. Von Holger Dumke

 

Verbrennung von Klärschlamm: "Werden massiv dagegen kämpfen"

 Umweltschützer legen zwei Gutachten vor und befürchten "Klärschlamm-Tourismus"

Offenbach Post, den 17.10.2003 

In den nächsten Wochen, so rechnen auch die Gegner, wird das Regierungspräsidium darüber entscheiden, ob im Kohlekraftwerk Staudinger Klärschlamm mitverbrannt werden darf. "Wir werden massiv dagegen kämpfen", sagte Eduard Bernhard vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz gestern bei einem Pressetermin eines Bündnisses von Gegnern der Klärschlammverbrennung, das von einem Dutzend Umweltschutzverbänden und den Grünen getragen wird.

Der e.on-Konzern hat beantragt, dass im Block 5 des Kraftwerks jährlich 60 000 Tonnen Klärschlamm bei über 1 000 Grad mitverbrannt werden darf (wir berichteten). Das entspricht der Menge, die pro Jahr bei der Reinigung der Abwässer von 500 000 Einwohnern anfällt. Die Verbrennung bedeute keine höhere Umweltbelastung, sei sogar "ökologisch besonders vorteilhaft" und spare pro Jahr 2000 Tonnen Kohle, sagt e.on.

Dem widersprechen die Gegner. Sie haben nach einem Erörterungstermin Ende August dem Regierungspräsidium zwei Gutachten, darunter eines des Öko-Instituts Darmstadt und eine juristische Stellungnahme des Anwalts Matthias Seipel, vorgelegt, die ihre Position untermauern. Tenor: Die von e.on eingereichten Unterlagen seien "unzureichend und unvollständig", so Angelika Gunkel vom Öko-Büro und Grünen-Stadtverordnete sowie Peter Mieth von RobinWood.

Ein Kritikpunkt: In dem Verfahren würden nur die Auswirkungen auf einen Sieben-Kilometer-Umkreis um das Kraftwerk erfasst. Viel zu wenig, sagen die Gegner, auch der Naturpark-Spessart sei betroffen. Und: In den e.on-Unterlagen seien nur einige Schwermetalle berücksichtigt. Die Belastung durch Nickel, Arsen oder Cadmium, die sich durch den Kraftwerk-ausstoß im Boden ablagern könnten, sei überhaupt nicht bewertet worden. Das Öko-Institut kommt in seinem 13-seitigen Gutachten zu dem Schluss, dass "erhebliche nachteilige Auswirkungen für die Umwelt" durch die Klärschlammverbrennung "nicht auszuschließen sind".

Die Verbrennungsgegner kritisieren, gestützt auf die von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachten, außerdem, dass es in dem Verfahren keine Umweltverträglichkeitsprüfung gibt. Gunkel: "Das ist nicht vertretbar." Ferner weisen sie auf den schlechten Heizwert des Klärschlamms hin, der einen Wassergehalt von 72,5 Prozent hat und zu drei Prozent der Kohle beigemischt werden soll. Das Aktionsbündnis aus hessischen und bayerischen Umweltschützern argwöhnt denn auch, dass die Klärschlamm-Verbrennung eigentlich eine Abfallverwertung durch die Hintertüre sei und von e.on allein aus wirtschaftliche Motiven beantragt wurde. Schließlich koste die Tonne Steinkohle 50 Euro. Bei der Klärschlammverbrennung spart Staudinger nicht nur diese Kosten, sondern bekommt auch noch 80 Euro pro Tonne Klärschlamm.

Das Aktionsbündnis befürchtet denn auch einen "Klärschlamm-Tourismus" zu Staudinger, wenn erst einmal der Anfang gemacht ist, so Johann B. Schneiderbauer, Bevollmächtigter das Kreisbauernverbandes Main-Kinzig. Im September hat e.on bereits mit einem Schreiben, das Schneiderbauer vorlegte, beim bayerischen Gemeindetag damit geworben, dass es unter anderem im Kraftwerk Staudinger ab 2004 Verbrennungskapazitäten gibt - obwohl der Konzern bis dato noch gar keine Genehmigung hat.

Das Aktionsbündnis befürwortet eine Klärschlammverwertung als Düngemittel in der Landwirtschaft. Bedenken, die öffentlich dagegen geäußert wurden, so Schneiderbauer, würden allein von der "Verbrennungsszene" geschürt.

Magische Formel für Fliegen und Schwimmen gefunden 

Strouhal-Zahl muss zwischen 0,2 und 0,4 liegen

Oxford (pte, 16. Okt 2003 09:15) - Eine einzige Zahl reicht aus, um die Fortbewegung von fliegenden und schwimmenden Tieren zu beschreiben. Zu diesem Ergebnis sind die Forschungen eines Teams der Oxford University http://www.ox.ac.uk gekommen. Die so genannte Strouhal-Zahl beschreibt die Fortbewegung, die durch das Schlagen von Flügeln oder Bewegen von Flossen ermöglicht wird. Sie entspricht der Frequenz des Flügelschlages oder der Flossenbewegung multipliziert mit ihrer Amplitude und dividiert durch die Vorwärtsgeschwindigkeit. Die höchste Effektivität wird bei Werten zwischen 0,2 und 0,4 erreicht.

Graham Taylor, Robert Nudds und Adrian Thomas untersuchten, ob die Fortbewegung fliegender Tiere genauso wie die schwimmender den Gesetzen der Strouhal-Zahl folgt. Sie analysierten 42 Fledermaus-, Insekten- und Vogelarten. Es zeigte sich, dass auch bei diesen Lebewesen ein Wert zwischen 0,2 und 0,4 eine optimale Fortbewegung ermöglicht. Laut Thomas sei es absolut erstaunlich, dass dieser Wert für so verschiedene Tiere wie Motten und Wale gelte. Die Geltung dieser Regel ist laut New Scientist http://www.newscientist.com so allgemein, dass sie auch auf fliegende oder schwimmende Organismen Anwendung finden könnte, die von einem anderen Planeten stammen.

Zusätzlich zur Gewinnung von Informationen über die Fortbewegung bereits ausgestorbener Tierarten soll die Strouhal-Zahl auch bei der Entwicklung von Drohnen für militärische Zwecke zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse der aktuellen in Nature http://www.nature.com veröffentlichten Studie gehen davon aus, dass ein fliegender Überwachungsroboter mit einer Flügelspanne von 15 Zentimetern und einer Schwingungsweite von zehn Zentimetern seine Flügel 30 Mal in der Sekunde schlagen sollte.

 

AZV bildet Fachkräfte für Abwassertechnik aus

Hamburger Abendblatt, den 15.10.2003 

Premiere in der Kläranlage Hetlingen: Drei künftige Fachkräfte für Abwassertechnik legten jetzt den praktischen Teil ihrer Zwischenprüfung beim Abwasser-Zweckverband Pinneberg ab. Es war die erste Zwischenprüfung in Schleswig-Holstein für diesen neuen umwelttechnischen Beruf, der aus dem früheren Ausbildungsgang zum Ver- und Entsorger hervorgegangen ist.

Eine novellierte Berufsausbildungsverordnung ermöglicht es, zielgerichtet Fachleute auszubilden, die alle Anlagen zur Abwasserreinigung und Klärschlammbehandlung eigenständig bedienen, überwachen und steuern können. Um diese anspruchsvolle Aufgabe erfüllen zu können, müssen sich die Auszubildenden nicht nur verschiedene handwerkliche Fähigkeiten aneignen, sondern auch lernen, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und zu beurteilen.

Die Prüfungskandidaten erhielten den Auftrag, den Prozess Abwasserreinigung zu untersuchen und die Ergebnisse zu bewerten. "Anspruchsvoll, aber lösbar", lautete das Urteil von Bernd Müller, Auszubildender des AZV, die in acht Teile untergliederte Arbeitsprobe. Zunächst fertigte er in der Metallwerkstatt einen Ansaugfilter für die Probeentnahme und schloss ihn anschließend an einen automatischen Probenehmer an. Nach der Entnahme der Wasserprobe aus dem Ablaufgerinne ging es ins Labor, um die Qualität des Wassers zu untersuchen. Die Analysedaten wurden anschließend ausgewertet, und es wurde daraus am PC ein kritischer Bericht erstellt. Zusätzlich mussten die relevanten Vorschriften zum Schutz von Mensch, Umwelt und Maschinen beachtet werden. Je zwei Prüfer nahmen während der viereinhalbstündigen Prüfungen die Leistung der Auszubildenden kritisch unter die Lupe.

Zufrieden über die Premiere äußerte sich der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, Detlev Rogge, bei der Abschlussbesprechung. Er bedankte sich herzlich bei Georg Thielebein und seinen Mitarbeitern vom AZV für die sorgsame Vorbereitung und den reibungslosen Ablauf der Prüfung. man

 

Entwicklung der städtischen Hygiene

Weite Wege vom Plumpsklo bis zum Badezimmer

Frankfurter Neue Presse, den 15.10.2003 

Vom Plumpsklo neben der Jauchegrube oder neben dem Misthaufen zum Badezimmer mit gefliesten Wänden und Böden, mit Badewanne, Waschbecken, Dusche und Toilette mit Wasserspülung war es ein weiter Weg. "Badezimmer haben sich in den letzten Jahrzehnten wohl mit am stärksten gewandelt", so Dieter Frank, Vorsitzender des Sindlinger Heimat- und Geschichtsvereins.

Trotz Wasser- und Kanalanschlusses seien Häuser in der Bahnstraße noch 1926 mit einer Sickergrube ausgestattet gewesen, erinnert sich eine Sindlingerin. Denn auf die Verwendung des Inhaltes als Dünger habe man auch da noch nicht verzichten wollen. Das "Spannungsverhältnis zwischen der Stadthygiene einerseits und der Dungverwertung andererseits" wie es Dieter Frank bezeichnete, hielt also länger an, als so mancher vermutet. Das 90-jährige Bestehen der Sindlinger Ortskanalisation nahm Frank zum Anlass, sich wissenschaftlich mit dieser Thematik auseinander zusetzen. "Zwischen Cholera und Balsam – zur Geschichte der Frankfurter und Sindlinger Kanalisation" lautete sein Vortrag, den der Lehrer für Geschichte im vollbesetzten Vereinsheim der Kleintierzüchter hielt.

Bei seiner Recherche erfuhr er selbst so manch Überraschendes. Dazu zählt die Rolle des Scharfrichters im mittelalterlichen Frankfurt. Dieser war nämlich nicht nur Scharfrichter und Abdecker in einer Person, sondern auch für die Entleerung der Abortgruben verantwortlich. Daher habe er seinen Vortrag zunächst "Nachts, wenn der Henker kam" nennen wollen, scherzte Dieter Frank. Bemerkenswert sei ebenfalls, welch enormes finanzielles Risiko die Stadt Frankfurt zwischen 1870 und 1895 mit einer kolossalen Verschuldung auf sich nahm, um mit der Schaffung eines Kanalisationssystems auch für nachfolgende Generationen den Grundlagen für Gesundheitshygiene zu setzten. Im Gegensatz zu anderen großen Städten wie Hamburg blieb Frankfurt zwar von Typhus- und Cholera-Epidemien weitgehend verschont, doch als Messestadt hatte man Sorge, dass Reisende Krankheiten oder Seuchen einschleppen könnten.

Verantwortlich für die Verbesserungen der stadthygienischen Einrichtungen zeichnetet bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts vor allem die Berufsgruppen der Ärzte und Ingenieure. Die Parole "Stadtluft macht krank" prägte entscheidend die Auseinandersetzung um Vorzüge und Nachteile der entstehenden Großstädte, so Frank.

Das Amt Höchst beobachtete kritisch die Entwicklungen in Frankfurt. Dort erleichterte man sich auf Kosten der flussabwärts lebenden Bevölkerung, denn die Fäkalien wurden nun in den Main geschwemmt. Das königliche Amt Höchst schwang sich zum Anwalt des Mains auf und forderte zwischen 1870 und 1876 die Bürgermeister von Griesheim, Schwanheim, Nied, Höchst, Sindlingen und Höchst auf, über den Grad der Wasserverschmutzung zu berichten. Klagten zunächst nur Griesheim und Schwanheim über "Ekel erregende Ingredienzien", stimmten sechs Bürgermeister in der Klage über die gestiegene Flussverschmutzung überein. Lediglich Sindlingen wies stärker auf die Abwässer der Chemiefabriken hin, die das Wasser zuweilen rot und schwarz färbten.

Auch in Sindlingen selbst wuchsen die Diskussionen um die fehlende Kanalisation, angeheizt durch einen Typhus-Fall in der Bahnhofstraße. Die damals noch selbstständige Gemeinde Sindlingen als eine der vermögendste des Kreises Höchst strebte zunächst den Bau eines eigenen Kanalisationsnetzes an, nicht zuletzt, um der im Raum stehenden Eingemeindung keinen Vorschub zu leisten.

Die Umsetzung scheiterte an mangelhafter Planung des Projektes, auch sprach sich mit von Meister ein prominenter Bürger für den Anschluss nach Höchst aus. In einem Grundsatzgespräch wurde 1912 beschlossen, eine gemeinsame Kläranlage zwischen beiden Orten auf Sindlinger Gemarkung an der Farbwerksgrenze zu bauen, 1913 erfolgte dann die offizielle Genehmigung, dass der Schmutzwasserkanal nach Höchst führen sollte. Dieter Frank erzählte zudem, welch weitere Anstrengung die Gemeinde unternahm, um öffentliche Wege und Straßen sauber zu halten. In einem Ortsstatut von 1909 ist festgehalten, welche Reinigungspflicht jeder Eigentümer hat (mittwochs und samstagnachmittags) – bei Zuwiderhandlungen waren 9 Mark Strafe oder ein bis drei Tage Haft fällig.  Von Ulrike Grohmann

 

Umwelt schonen

Hamburg hilft Firmen mit Zuschüsse für Investitionen, die Energie und Wasser sparen.

Hamburger Abendblatt, den 14.10.2003 

Hamburg - Michael Durst, Schlachter in Hamburg-Barmbek, spart durch seine neue Kälteanlage jährlich 7500 Euro Betriebskosten für Trinkwasser, Abwasser und Strom. Seine Firma ist eine von 35, die seit Oktober 2002 von der Stadt Zuschüsse für Investitionen in den Umweltschutz erhielten. Insgesamt wurden so Investitionen in Höhe von 6,4 Millionen Euro angeschoben.

Möglich macht dies das Programm "Unternehmen für Ressourcenschutz". "Die Mittel sind noch nicht ausgeschöpft", sagt Referatsleiter Hinrich Hartung von der Umweltbehörde.

Für die Unternehmen ist die Beratung zunächst kostenlos. Die Behörde klärt über Einsparmöglichkeiten beim Energie- und Wasserverbrauch auf, gegebenenfalls erfolgt eine Betriebsbegehung. Kosten fallen erst beim zweiten Schritt an, dem so genannten Effizienz-Check. Dabei überprüfen spezialisierte Ingenieurbüros oder andere Fachkräfte das Einsparpotenzial in den jeweiligen Unternehmen.

"Wir beteiligen uns mit der Hälfte der Entwurfkosten. Wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, erhalten die Unternehmen zudem einen Zuschuss für die erforderlichen Investitionen", sagt Hartung. Bei kleinen und mittleren Unternehmen kann dieser Zuschuss bis zu 40 Prozent der Investitionskosten betragen.

Um die Kosten gerade für kleinere Unternehmen noch weiter zu senken, entwickelte die Behörde in Zusammenarbeit mit den Innungen Branchenkonzepte. Das erleichtert den beteiligten Ingenieurbüros die Arbeit. So müssen zum Beispiel Bäckereien nur noch 500 Euro für den Effizienz-Check bezahlen. Normalerweise kostet er 8000 bis 10 000 Euro.

"Bei uns steht der Umweltschutz im Vordergrund und für die Firmen rechnet es sich sogar. Kleinbetriebe sparen die Kosten oft schon nach zwei bis vier Jahren wieder ein", sagt Hartung. Die neue Technik sei durchweg besser. Zum Beispiel könnten neue Beleuchtungskonzepte den Stromverbrauch halbieren. Zudem reduzierten die vorgeschlagenen Maßnahmen häufig auch Lärm- und Geruchsbelästigungen, erklärt der Referatsleiter.

Bislang waren die Berater bei 141 Hamburger Unternehmen vor Ort. 35 Projekte sind bereits abgeschlossen, 87 weitere befinden sich gerade in der Planung. Allein durch die bisher realisierten Projekte können nach Angabe der Behörde für Umwelt jährlich etwa 2000 Megawattstunden Strom, 360 000 Kubikmeter Wasser und 6300 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen eingespart werden.

Weitere Informationen erhalten interessierte Unternehmen unter Telefon 428 45-2259 bei der Umweltbehörde. Von Andrea Kaeser

 

Abwasser soll Millionen ins Säckel spülen

Kölnische Rundschau, den 14.10.2003 

Aus Dreck Gold zu machen, gelingt eigentlich nur im Märchen. Die Stadt hat einen Weg gefunden, ihr Schmutzwasser zu versilbern. Cross-Border-Leasing heißt das Zauberwort für das bevorstehende Finanzgeschäft mit Kläranlage und Kanalnetz, das rund zehn Millionen Dollar ins klamme Stadtsäckel spülen soll. Zur Vertragsunterzeichnung, neudeutsch „Closing“ genannt, fliegen Bürgermeister Klaus Schumacher und Kämmerer Ulrich Lehmacher ins ferne New York - wenn der Stadtrat in seiner Sondersitzung am morgigen Mittwoch, 15. Oktober (18 Uhr, Konrad-Adenauer-Stiftung) zustimmt.

Angesichts der immer größer werdenden Löcher im Haushalt „sahen wir uns verpflichtet, jede Möglichkeit auszuschöpfen“, sagte Schumacher gestern in einem Pressegespräch. 250 Millionen Dollar zahlt der US-Trust PNC Capital Leasing an die Stadt für den Leasingvertrag, der über 27 Jahre läuft. Die Stadt mietet die Anlagen zurück und hat nach Vertragsablauf eine Kaufoption. Der Rückkaufswert werde bei der Unterzeichnung festgelegt, sagte der Kämmerer. Diese Summe werde sicher erwirtschaftet. PNC, zu diesem Zweck von Investoren gegründet, ist auch im Geschäft mit Königswinter und Eitorf. Die zehn Millionen Dollar Netto-Barwertvorteil lege die Stadt an, nur die Zinsen in Höhe von 300 000 bis 400 000 Euro im Jahr sollen in den Haushalt fließen, sagte Schumacher. Es sei eine „einmalige Chance“, die Risiken seien „beherrschbar“. So habe eine Änderung des amerikanischen Steuerrechts keinen Einfluss auf Sankt Augustin.

Über alle Details können sich die deutschen Partner jedoch nicht informieren. Der 800-Seiten-Vertrag ist auf Englisch verfasst, der Kämmerer wird nur den 150-seitigen Rahmenvertrag lesen.  Von CORDULA ORPHAL

 

Fluthilfe-Geldhahn bleibt geöffnet

Bergfest: Staatliche Fördergelder im Elbland zur Hälfte ausgezahlt

Sächsische Zeitung, den 14.10.2003 

Es ist Bergfest im Elbland. Mit 113 Millionen Euro ist fast die Hälfte der staatlichen Fluthilfen ausgezahlt worden. Etwa 123 Millionen Euro an bewilligten Geldern stehen noch aus. Die Arbeit des Regierungspräsidiums Dresden und der Sächsischen Aufbaubank wird von Radebeul bis Riesa weitgehend positiv beurteilt.

Wenn's in der Stadtkasse klingelt, freut sich der Kämmerer. Das ist auch in Coswig so. Mit Kötitz, Brockwitz und Sörnewitz waren drei Ortsteile der Großen Kreisstadt direkt vom Augusthochwasser 2002 betroffen. „Von den knapp zehn Millionen Euro an gemeldeten Schäden haben wir bisher fast vier Millionen bekommen“, sagt Kämmerer Thomas Schubert. Am schnellsten sei im Regierungspräsidium Dresden das Geld für Sanierungsarbeiten an Schulen bewilligt worden. Bei den Straßen habe es länger gedauert. Der Ablauf der Auszahlung ist allerdings gleich.

„Die Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände konnten bis Ende Mai ihre Schäden an uns melden“, sagt Holm Felber, der Pressesprecher des Regierungspräsidiums Dresden. Dann muss-ten die Sachverständigen ran. Sie hatten zu prüfen, ob die beschriebenen Schäden tatsächlich dem Hochwasser und nicht dem Zahn der Zeit geschuldet waren. Anschließend wurden Versicherungsleistungen und Eigenanteile abgezogen. Um bis zu 60 Prozent schmolzen die beantragten Summen bei diesem Verfahren zusammen.

„Wenn das Geld bewilligt ist, heißt das noch lange nicht, dass es sofort überwiesen wird“, sagt Eberhard Franke, der Pressesprecher des Landkreises Meißen. Damit der Kontostand einen Luftsprung vollführt, müssen erst Nägel mit Köpfen gemacht werden. Der Bau muss ordnungsgemäß ausgeschrieben werden. Parallel zum Baufortschritt oder maximal zwei Monate im Voraus überweist das Regierungspräsidium die Mittel.

„Eigentlich haben wir nur das gemacht, was prinzipiell beim Umgang mit Fördermitteln üblich ist“, sagt Christine Kretzschmar, die Geschäftsführerin des Zweckverbandes Abwasserbeseitigung Oberes Elbtal mit Sitz in Riesa. Die Formulare seien die gleichen gewesen, die im Alltag für staatliche Beihilfen auszufüllen sind. Mit über sechs Millionen Euro ist die Unterstützung für Zweckverbände der zweithöchste Posten unter den vom Regierungspräsidium im Elbland ausgezahlten Entschädigungen.

Unkompliziert und routiniert hätten die Angestellten im Dresdner Regierungspräsidium die Flut von Anträgen abgearbeitet, bestätigt Hartmut Gottschling, der Geschäftsführer des Abwasser-zweckverbandes Gemeinschaftskläranlage Meißen. Kleinere Missverständnisse ließen sich durch einen Telefonanruf aus der Welt schaffen. Vorausgesetzt, die Schadensmeldungen erwiesen sich als gerechtfertigt. „Wer da geschwindelt hat, schneidet sich ins eigene Fleisch“, so Hans-Joachim Pilz, der Hochwasserschutzbeauftragte von Radebeul. Der Landesrechnungshof habe bereits angekündigt, die Verwendung der staatlichen Fluthilfe genauestens nachzuprüfen. Fällt eine aus Hochwassergeldern bezahlte Baumaßnahme preiswerter aus als geplant, darf sich die Gemeinde den eingesparten Betrag nicht einfach in die Tasche stecken. Das Restgeld muss ans Regierungspräsidium zurück.

Während Kreise, Kommunen und Zweckverbände mit der staatlichen Fluthilfe weitgehend zufrieden sind, sehen Bauwirtschaft und Handwerker den vorübergehenden warmen Geldregen fürs Elbland mit gemischten Gefühlen.
Von Peter Anderson

 

Auch für "Wassermusik" zahlt, wer sie bestellt hat

Bedeutsames OVG-Urteil zum Handeln der Kommunalaufsicht

Ostthüringer Zeitung, den 13.10.2003 

Wer die Musik bestellt hat, zahlt sie auch. Den alten Grundsatz schrieb jetzt das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar dem Thüringer Innenministerium ins Stammbuch. Das bedeutsame Urteil (Aktenzeichen 5 E 2437/02 GE) korrigiert nicht nur eine falsche Auslegung der eigenen Gesetze durch das Land. Es beschert der Freistaatskasse auch einen möglichen Millionenschaden im Wasser/Abwasser-Streit.

Anlass für den OVG-Beschluss war ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gera. Es ging darum, ob die Gemeinde Krölpa bei ihren Grundstückseigentümern einmalige Beiträge für Trinkwasseranlagen erheben muss. - Kommt gar nicht in Frage, befand der Gemeinderat. In Krölpa seien die Wassergebühren kostendeckend. Außerdem habe man keine gültige Satzung zum Ziehen von Beiträgen. Das sah die Kommunalaufsicht im Saale-Orla-Kreis, angetrieben von einer landesweiten Blitzaktion des Innenministeriums, ganz anders. Noch vor Weihnachten 2002 zwang sie auch Krölpa, Beitragsbescheide zu verschicken. Im Bürokratendeutsch heißt das Ersatzvornahme. Da packte Bürgermeister Lothar Detko der Kleister. Er schnappte sich seinen eigenen Bescheid (über 1186,88 Euro) und zog widersprechend vor das VG Gera. Hier entschied die 5. Kammer schon am 15. Februar, dass Detkos Widerspruch aufschiebende Wirkung hat. Weil die Wassersatzung ganz offensichtlich nichtig ist. Tiefenbegrenzung noch drin, dicke Bekanntmachungsfehler, ein ziemlich klarer Fall. Außerdem habe der Freistaat, vertreten durch seine Kommunalaufsicht, die Verfahrenskosten zu tragen.

Wir sind die ganz und gar falsche Adresse, argumentierten die Behördenvertreter. Schließlich habe man mit der Ersatzvornahme an Stelle von Krölpa gehandelt. Wenn Detko also wen verklagen will, dann bitteschön seine eigene Gemeinde.

Das fanden wiederum die Geraer Richter unlogisch. Denn dann wäre ja Krölpa verpflichtet, einen Verwaltungsakt zu verteidigen, den die Gemeinde nicht gewollt und sogar bekämpft hatte. Wenn schon Ersatzvornahme, dann müsse die Aufsichtsbehörde auch für alle weiteren Folgen ihrer Amtshandlung einstehen.

Die Beschwerde dagegen beim OVG hatte keinen Erfolg. Mit einer glasklaren Begründung schloss sich Weimar dem Urteil der ersten Instanz an. "Sehr schön", freut sich Detkos Rechtsbeistand, die Fachanwältin Sabine Kraft-Zörcher. Wenn Kosten nicht mehr bei den Aufgabenträgern abgeladen werden können, werden Kommunalaufsichten etwas vorsichtiger in ihren Entscheidungen, vermutet sie. Verwaltungsaufwand für tausende rechtswidrige Beitragsbescheide, Widerspruchsbearbeitung, Gerichts- und Anwaltskosten - da kommt etliches zusammen.

Man habe die Begründung des OVG-Urteils noch nicht vorliegen und müsse die erst prüfen, verlautet aus dem Innenministerium. Viel wird da nicht zu prüfen sein. Ein letzter Hinweis im OVG-Urteil lautet: "Der Beschluss ist unanfechtbar." Von Volkhard Paczulla 

 

Ein Fluss schäumt über

Weiße Berge türmen sich regelmäßig auf dem Rio Tietê in Brasilien, der auch den Dreck von São Paulo wegschwemmt

Frankfurter Rundschau, den 10.10.2003 

Hier oben über dem Städtchen Pirapora do Bom Jesus, wo die Gemeinde gerade den neuen Friedhof anlegt, könnte man zur Not ein bisschen Verständnis aufbringen für die Bemerkung von Teresa Oliveira Lucas, die unten in der Stadt, nahe am Fluss, so absurd wirkt. "Lästig ist ja vor allem der Gestank", hatte die alte Dame gesagt, die strickend im Eingang ihres Ladens saß, "der Schaum, der sieht doch ganz hübsch aus." Ja, wenn man nicht wüsste, wo das Weiße auf dem Fluss da unten herkommt. Wenn man es für Schnee oder Eis halten könnte, so wie Piraporas Bürgermeister Raul Bueno im Spaß zu seiner siebenjährigen Tochter gesagt hat, als die ihn einmal gefragt hatte, wie denn eigentlich Schnee aussehe.

Von hier oben, vielleicht 150 Meter über dem Wasser, hat man einen guten Ausblick auf die bergige Landschaft, die der Tietê durchquert, bis er sich an einem Damm zu einem dunklen, düsteren See staut. Das Wasser wird nicht über die Staumauer abgeleitet, sondern fließt in einen unsichtbaren, 25 Meter langen, fast senkrechten Kanal, dessen Ausgang am Fuß der Staumauer zutage tritt: Ein gewaltiger Springbrunnen, der das graue Wasser vier, fünf Meter hoch schleudert. Und was von dort wegfließt, ist nicht mehr schwarz oder grau, sondern weiß.

Die Schaumdecke, die über dem Fluss liegt, ist an normalen Tagen gut einen halben Meter dick. Im Winter, wenn Wasserstand und Temperatur sinken, steigt der Schaum manchmal fünf, sechs Meter hoch. Zum Beispiel am 3. Juli dieses Jahres: Als die Bürger von Pirapora morgens erwachten, türmten sich vor ihren Haustüren die Schaumgebirge.

An den grau gestrichenen Lampenmasten, die auf den beiden Brücken Piraporas stehen, kann man die Höhe der Schaumberge heute noch ablesen: Erst dort oben, in knapp drei Metern, hören die schmierigen Verschmutzungen auf, die der Schaum hinterlässt - und der Fluss liegt drei Meter unterhalb der Brücke. Stundenlang waren die Brücken damals unpassierbar; nur Regen oder Sonne lässt den Schaum zusammenfallen. Die Landesregierung hat eine Sprenkleranlage über den Tietê legen lassen, die die Schaumbläschen zerstäubt. Aber am Grundproblem ändert das natürlich nichts: Hier, kurz hinter São Paulo, ist der Tietê der schmutzigste Fluss Südamerikas.

Pirapora heißt in der Indianer-Sprache Tupi "Fische, die hüpfen.". Fische? Ja, früher gab es die im Tietê, erzählt Teresa Lourdes dos Santos Silva: Bagué, Cascudo, Lambari und jede Menge andere Sorten. Ihr Vater war Fischer, und "meine Kinder haben vor 30 Jahren im Tietê noch schwimmen gelernt", sagt die alte Dame, die sich hinter dem Tresen ihres Geschäftes gerade maniküren lässt. "Gott hat die Natur geschaffen, aber der Mensch macht sie wieder kaputt", sagt Dona Teresa resignativ. Bei ihr, im Basar Nossa Senhora de Lourdes, liegen die Spielzeuggewehre neben den Rosenkränzen, und der Spiderman steht einträchtig mit der Jungfrau Maria in der Auslage.

Pirapora do Bom Jesus ist einer der berühmtesten Wallfahrtsorte Brasiliens. Zu dem hölzernen Schmerzensmann, der 1725 unversehrt in der Asche eines abgebrannten Gebäudes gefunden wurde, pilgern an normalen Wochenenden rund 4000 Menschen, und im August, wenn Pirapora seine Kirchweih feiert, kommen gut und gerne 50 000. Auf Knien rutschen sie zum gläsernen Schrein hinter dem Altar der Kirche, in dem das Heiligtum aufbewahrt wird.

Die 16 000 Einwohner des Städtchens leben zu 70 Prozent von dem Geld, das eine halbe Million Pilger im Jahr in Pirapora ausgeben. Glücklicherweise lassen sich die frommen Besucher auch durch die reißerischen Schlagzeilen nicht vom Wallfahren abhalten. "Der Schaum des Todes", der Vergleich mit Hiroshima - solche Übertreibungen ärgern Raul Bueno, den Bürgermeister, natürlich. "Aber die Pilger sind treu, die kennen den Schaum ja schon seit zwanzig Jahren und kommen immer wieder", sagt er.

Auf der anderen Seite, hofft Bueno, machen überzogene Schlagzeilen Druck, damit endlich mal etwas passiert. Er leiert alles herunter, so oft hat er das schon vorgetragen: Zwischen 1999 und 2002 haben die Fälle von Atemwegserkrankungen um 161 Prozent zugenommen. Bei Kindern unter fünf Jahren ist die Zahl im vergangenen Jahr um 77 Prozent höher gewesen als 2001. Von 2001 auf 2002 stieg die Kindersterblichkeit in Pirapora von 16,39 auf 23,15 pro Tausend.

Und was haben Bundes- und Landesregierung gegen die Gefahren unternommen, die der Fluss mitbringt? "Nichts", sagt der Bürgermeister nüchtern, "es wird viel geredet, aber in der Praxis hat sich nichts geändert. Und hier glaubt auch niemand mehr dieses ganze Gerede, dass es in vier, fünf Jahren vorbei sein wird." Den Europäern fällt zu Brasilien zuerst der Amazonas ein. Aber für die Geschichte des Landes und die Identität seiner Bewohner ist der nur 1100 Kilometer lange Tietê viel wichtiger. Er entspringt nahe am Meer, aber auf 800 Meter Höhe, und fließt landeinwärts. Knapp 100 Kilometer nach seiner Quelle durchquert er São Paulo und wendet sich dann nach Nordwesten, immer von der Küste weg, und wenn er in den Paraná mündet, fließen seine Wasser nach Südwesten weiter und ergießen sich erst bei Buenos Aires in den Atlantik. 

So war der Tietê ein wichtiger Weg zur Erschließung des Landes: Sklaven und Gold, Zucker und Kaffee wurden auf ihm transportiert. Schon 1591 musste das Fischen mit Gift verboten werden, um 1700 verfärbten Gold- und Eisenerzgewinnung seine Fluten. Seine Ufer wurden abgeholzt, zuerst um Zuckerrohr zu pflanzen, später um Holz für die Kessel der Dampfschiffe zu gewinnen. In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts betrieb der Lübecker Johann Ludwig Hermann Bruns die Tietê-Schifffahrtsgesellschaft - gerade zu der Zeit, als sich seine Tochter Julia in Lübeck mit dem Senator Thomas Johann Heinrich Mann vermählte und die beiden später so berühmten Söhne Heinrich und Thomas gebar.

Hundert Jahre später ist der Fluss tot. Der Tietê hat die stürmische Expansion São Paulos, den Aufstieg der Stadt zum wichtigsten Industriezentrum ganz Südamerikas mit dem Leben bezahlen müssen. In den siebziger Jahren sank der Sauerstoffgehalt von sechs Milligramm pro Liter auf Null. Noch 1994 wurde flossen nicht einmal zwei Drittel aller Abwässer im Großraum São Paulo - 39 Gemeinden mit damals gut 15 Millionen Einwohnern auf 8000 Quadratkilometern - in Abwasserrohre. Und von dem, was das Abwassersystem erfasste, wurde weniger als ein Fünftel geklärt.

Der Tietê, der zusammen mit dem Nebenfluss Pinheiros das Zentrum der drittgrößten Stadt der Welt wie ein Hufeisen umschließt, war endgültig zu einer gigantischen Kloake geworden. Eine Kloake mit Autobahnanschluss: Mit der Expansion der Automobilindustrie wurden die Uferstreifen von Tietê und Pinheiros beidseitig mit vier-, fünf-, sechsspurigen Schnellstraßen zugebaut, die den schon früher begradigten Wasserläufen die letzten Überschwemmungsgebiete raubten. Und die die Menschen vom Fluss abschnitten: Am Tietê gibt es keine Uferpromenaden, keine Radwege, keine Parkanlagen. In wenigen Städte der Welt ist das sie durchfließende Gewässer so merkwürdig abwesend sind wie in São Paulo.

Wo kam der Kaiman her, der 1992 im Tietê entdeckt wurde, und wie hat er ihn überlebt? Auch wenn diese Frage bis heute ungeklärt ist, der Kaiman hat Politik gemacht. 1,2 Millionen Paulistas unterschrieben damals eine Petition zur Rettung des Flusses. Und wie es manchmal so geht, sah sich die Politik unversehens genötigt, die Tietê-Sanierung als wichtig anzusehen. Plötzlich war Geld da, die Interamerikanische Entwicklungsbank fand Gefallen an dem Mammutprojekt, auch die Japaner stiegen ein, und so konnte die kommunale Abwassergesellschaft Sabesp nach Herzenslust Rohre, Röhren und Riesenröhren verlegen und Kläranlagen bauen: für 1,2 Milliarden Euro von 1992 bis 1998.

Wenn 2005 die zweite Sanierungsetappe abgeschlossen wird, dann soll das Abwassersystem von Groß São Paulo 90 Prozent aller Abwässer erfassen, und davon sollen 60 Prozent geklärt werden. Wobei man bei den Prozentzahlen beachten muss, dass die absoluten Zahlen nicht konstant sind. In den neunziger Jahren ist der Großraum São Paulo um rund zwei Millionen Menschen gewachsen. Und die, die dazu kamen, waren meist Favela-Bewohner, die sich, von den hohen Mieten im Zentrum abgeschreckt, wild in den Außenbezirken niederließen, in den Wasserschutzgebieten zum Beispiel.

Nach verheerenden Überschwemmungen in den 90ern wird auch gleich noch der Flusslauf auf Dutzende von Kilometern hin ausgebaggert - zweieinhalb Meter tief. Am schmalen Uferstreifen zwischen dem Wasser und der Autobahn stehen nicht nur die Bagger, die ihre Schaufeln immer und immer wieder ins Wasser fallen lassen und hochziehen, dort liegt auch, was sie hochgezogen haben: Schlamm natürlich, und jede Menge Müll. Darunter sage und schreibe 120 000 Autoreifen, sagt Ricardo Daruiz Borsari, der Chef der für das Ausbaggern zuständigen Behörde, so viele, dass sie als Brennstoff für die Zementindustrie weiterverkauft werden können.

"Der Schurke ist heute nicht mehr die Industrie, sondern der Hausmüll", sagt Fabrizio Violini von der Stiftung SOS Mata Atlántica, eine Nichtregierungsorganisation, die den Paulistas Umweltbewusstsein beibringen soll: "Ein paar hundert industrielle Verursacher kriegen Sie irgendwann in den Griff. Aber Millionen von Leuten, die einfach alles wegschmeißen, so wie sie es immer getan haben - ändern Sie mal deren Verhalten." So hält es Violini für "utopisch", dass der Tietê in absehbarer Zeit mal wieder ganz sauber sein könnte. Auch Borsaris Ingenieurs-Optimismus geht nicht so weit: "Ich würde mich nicht trauen vorherzusagen, wann der Fluss gesund sein wird." Immerhin ist die Strecke des Flusses, die als tot betrachtet werden muss, heute 120 Kilometer kürzer als vor zehn Jahren. "Pirapora", so sagt der Sabesp-Pressesprecher, "gehört leider noch nicht zum sanierten Bereich." Zu den Schurken gehören übrigens auch das Opfer: Bis im nächsten Jahr die Kläranlage gebaut ist, leitet auch Pirapora sein Abwasser unbehandelt in den Tietê. Von Wolfgang Kunath

 

Indischer Ozean verursachte Dürre in der Sahel-Zone

Forscher: Landnutzung spielte wahrscheinlich kaum eine Rolle

Wissenschaft, den 10.10.2003 

Die verheerende Dürre, welche die afrikanische Sahel-Zone in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts heimsuchte, ist nicht durch zu intensive Landnutzung verursacht worden, sondern durch die Erwärmung des Indischen Ozeans. Das ergaben Modellrechnungen amerikanischer Forscher.

Lange hatten die Bewohner des 5.000 Kilometer langen Sahel-Streifens südlich der Sahara im Verdacht gestanden, für die Dürre selbst verantwortlich zu sein. Die Überweidung der ohnehin kärglichen Vegetation, so hatten Experten vermutet, habe dazu geführt, dass noch weniger Regen in der Region fiel. Diese Hypothese widerlegen Alessandra Giannini, die am International Research Institute for Climate Prediction im US-Bundesstaat New York arbeitet, und ihre Kollegen jetzt. Im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 302, S. 210) stellen sie eine Studie vor, in der sie das Klima in der Sahel-Zone für den Zeitraum von 1930 bis 2000 berechnen.

Als einzigen äußeren Einfluss berücksichtigten die Forscher die Oberflächentemperaturen im Indischen, Atlantischen und Pazifischen Ozean. Der Einfluss der Vegetation wurde dagegen nicht einbezogen. Als Ergebnis erhielten die Wissenschaftler den Niederschlagstrend in der Sahel-Region, der die tatsächliche Entwicklung bis ins Detail widerspiegelte: Das Modell berechnete einen Anstieg der Niederschlagsmenge in den 50er Jahren, die schleichende Abnahme der Regenmenge von den 60ern bis Ende der 80er Jahre und eine unvollständige Erholung in den Neunzigern.

Wie die Forscher schreiben, sei vor allem der Indische Ozean, der sich in den vergangenen Jahrzehnten von allen Meeren am stärksten erwärmt hat, an der Entwicklung schuld. Der Temperaturunterschied zwischen Land und Meer habe durch diese Erwärmung abgenommen, was wiederum den Monsun über dem Land geschwächt habe.

Ob die Erwärmung des Indischen Ozeans auf die globale Klimaveränderung zurückzuführen ist, haben Klimaforscher noch nicht untersucht. Falls ja, wäre womöglich doch der Mensch an der Dürre schuld – allerdings eher die Bewohner der Industrienationen als die Einwohner der Sahel-Zone. Von Ute Kehse

 

Fischei-Test spürt gefährliches Abwasser auf

Neue Methode ersetzt Versuchstiere

Geo-Sience-Online, den 08.10.2003 

Ein neues Verfahren soll in Zukunft auf Initiative des Bundesumweltministeriums Abwässer auf unerwünschte biologische Wirkungen untersuchen. Der so genannte Fischei-Test wird dabei 50.000 Exemplare der kleinen Fischart Goldorfe ersetzen, die bislang zur Bestimmung der Qualität von Abwasser eingesetzt wurden. Dabei waren stets zahlreiche Versuchstiere verendet.

Mit dem Fischei-Test wird nun laut BMU ein Untersuchungsverfahren eingeführt, das bei gleicher Aussagekraft den Forderungen an einen anspruchsvollen Tier- und Umweltschutz gerecht wird.

Durch die Einführung des neuen Fischei-Testes können die bisherigen Untersuchungen mit rund 40.000 bis 50.000 Fischen pro Jahr vollständig entfallen. Hierzu sollen das Abwasserabgabengesetz (AbwAG) und die Abwasserverordnung (AbwV) geändert werden. Das Bundesumweltministerium hat jetzt entsprechende Entwürfe den beteiligten Kreisen zur Stellungnahme vorgelegt.

Fischtests sind bislang nötig, um unerwünschte biologische Wirkungen im Abwasser erfassen zu können, die grundsätzlich nicht mit chemisch-physikalischen Messmethoden feststellbar sind. Zum Schutz der Organismen im Gewässer werden daher biologische Testverfahren eingesetzt. Das erste angewandte Verfahren war der Fischtest mit der Goldorfe, der in den 60-er und 70-er Jahren wegen der häufig auftretenden Fischsterben in den Oberflaechengewässern eingesetzt wurde. Der bisher unvermeidliche Goldorfen-Fischtest kann nun vollständig durch den Fischei-Test ersetzt werden.

Auch andere Überwachungsverfahren sollen aktualisiert werden. So soll die Bestimmung des Chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) durch das TOC-Verfahren (Total Organic Carbon) ersetzt werden, das erheblich kleinere Arbeitsschutzrisiken aufweist und weitestgehend ohne Einsatz problematischer Testchemikalien durchgeführt wird. 

 

Druckwellen reinigen Wasser

Kräfte treiben Salz aus der Lösung

Wissenschaft, den 08.10.2003 

Israelische Wissenschaftler wollen unterirdische Wasserreserven mithilfe von Druckwellen von Salz und Schadstoffen befreien. Das Verfahren könnte besonders für Mittelmeerländer interessant sein, deren Wasserreserven häufig durch eindringendes Salzwasser gefährdet sind. Das berichtet der Online-Dienst des Fachmagazins "Nature".

In ihren Versuchen befüllten die Forscher um Shaul Sorek von der Ben-Gurion-Universität ein Gefäß mit Sand und salzhaltigem Wasser und setzten das Gemisch den Druckstößen einer zerplatzenden Membran aus. Die Druckwellen trieben Salz aus der Lösung, so dass die Konzentration der Verunreinigung im Wasser deutlich sank. Ähnliches beobachteten die Wissenschaftler auch bei Versuchen in unterirdischen Wasserreserven, so genannten Aquiferen.

Das Verfahren könne auch bei Verunreinigungen durch Öl, Abwasser oder Chemikalien funktionieren, vermuten die Wissenschaftler. Allerdings sei es noch weit von einer großtechnischen Anwendung entfernt, denn bislang sei die Reinigungswirkung noch recht gering. ddp/bdw Von Ulrich Dewald.

 

Trinkwasser in Halle mit Blei belastet 1 000 Haushalte betroffen

Gesundheitsamt warnt vor Panik

Mitteldeutsche Zeitung, den 08.10.2003 

Das Trinkwasser in Halle und Umgebung kann mit Blei belastet sein, berichtet Stiftung Warentest in seiner Oktober-Ausgabe. Durch die Belastung drohten kleinen Kindern Gesundheitsschäden. Wasserversorger und Gesundheitsamt bestätigen zwar die Problematik, warnen aber vor Panik.

Als Risiko sieht die Stiftung Bleirohre: Hier könne sich das Metall in durchfließendes Wasser lösen. Trinkt man dies, könne sich das Metall im Körper ablagern und das Nervensystem beeinträchtigen. Das sei vor allem gefährlich für Kleinkinder und Ungeborene.

Oliver Schreiber von der Halleschen Wasser und Abwasser Gesellschaft (HWA) betont, das von der HWA gelieferte Wasser sei prinzipiell von hervorragender Qualität. Alte Wasserleitungen aus Blei indes finden sich in Halle "ausschließlich in Altbauten", so Schreiber. Diese Rohre gebe es vornehmlich nur noch in unsanierten, unbewohnten Altbauten. "Wo Häuser saniert sind, wurden in der Regel auch die Leitungen ausgetauscht." Eine zweite Quelle für Bleibelastungen könnten auch so genannte Hausanschlüsse sein: die Verbindungsrohre zwischen Trinkwassernetz und Wohnhaus.

Zunächst spekulierte Schreiber, es gebe in Halle noch "höchstens eine Hand voll" dieser Blei-Anschlüsse. Nach internen Nachforschungen musste er die Zahl aber korrigieren: "Es gibt noch etwa 1 000 Hausanschlüsse aus Bleileitungen." Das sei aber im Verhältnis eine geringe Zahl. "Wir haben insgesamt 48 000 Hausanschlüsse." Zudem sei geplant, in den nächsten zehn Jahren sämtliche Blei-Hausanschlüsse auszutauschen. Die HWA nehme Stichproben in betroffenen Häusern, um die Einhaltung der Grenzwerte zu kontrollieren.

Einen dringenden Handlungsbedarf sieht Schreiber deshalb nicht: "Die Leute sollen sich nicht verunsichern lassen. Wenn das ein Sicherheitsrisiko wäre, hätten wir unseren Zeitplan enger gesteckt." Sein Tipp: "Wir empfehlen, erst ein bisschen Wasser ablaufen zu lassen." Belastet sei wenn überhaupt, dann vor allem das so genannte Stagnationswasser, das etwa über Nacht in den Rohren stand. Gudrun Beck, Leiterin des Bereichs Hygiene beim Gesundheitsamt Halle, bestätigt: "Eine Gefährdung besteht nur bei Stagnationswasser." Auch sie rät, zur Sicherheit dieses Wasser ablaufen zu lassen. Vor dem Hintergrund dieser Vorsichtsmaßnahme und der Überprüfung der Grenzwerte beruhigt Beck: "Grund zur Panik besteht nicht." Von Kai Gauselmann.

 

Wie die dörfliche Wasserversorgung zum Schutz der Regenwälder beiträgt

DFG-Förderung für den SFB "Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien"

Storma, den 07.10.2003 

Weltweit wird die Vernichtung tropischer Regenwälder mit großer Sorge betrachtet. Besonders gefährdet sind, so Wissenschaftler der Universität Göttingen, die Waldränder. Besiedelung, Rodung, Holzeinschlag und Landwirtschaft bedrohen diese "sensibelsten Bereiche des gesamten Ökosystems", deren Zustand Einfluss auf alle Prozesse des Waldes hat, so Prof. Dr. Gerhard Gerold, bisheriger Sprecher des Sonderforschungsbereichs "Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien". Im SFB 552 werden seit drei Jahren die Wechselbeziehungen zwischen ökologischen Anforderungen, ökonomischen Rahmenbedingungen und sozialen Faktoren im Lore-Lindu-Nationalpark und den angrenzenden Regionen auf der indonesischen Insel Sulawesi analysiert. Auf der Basis dieser Ergebnisse entwickeln die Göttinger Wissenschaftler mit ihren Kollegen vor Ort die Grundlagen für nachhaltige Landnutzungskonzepte, die einerseits die Lebenssituation der dörflichen Bevölkerung berücksichtigen und andererseits eine Stabilisierung der Waldrandgebiete mit dem Erhalt der Artenvielfalt und dem Schutz der Stoffkreisläufe zum Ziel haben. Nach der Begutachtung des Sonderforschungsbereichs durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Frühjahr 2003 hat inzwischen die zweite dreijährige Foerderphase begonnen. Die DFG stellt dafür Foerdermittel in Höhe von 3,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Eine starke Bevölkerungszunahme hat in Indonesien in den vergangenen Jahren zu einem wachsenden Landbedarf geführt. "Mit der zunehmenden Zahl der Landnutzer koennen die bisherigen Formen einer nachhaltigen Brandrodung mit langer Brachdauer immer seltener praktiziert werden", erläutert Prof. Gerold, der die Abteilung Landschaftsökologie am Geographischen Institut der Universität Göttingen leitet. Ein weiteres Problem: Viele der in die feuchten Waldzonen eingewanderten Siedler kennen die alten Methoden konservierender Bodennutzung nicht und neigen dazu, die Baumvegetation vollständig zu entfernen. Der Wissenschaftler: "Wenn der Zyklus zur Erholung der Bodenfruchtbarkeit und die natürliche Unkrautkontrolle unterbrochen werden, verwandeln sich ausgedehnte landwirtschaftliche Flächen mit der Zeit in kaum nutzbares Grasland, das in Indonesien heute schon eine Groesse von 8,5 Millionen Hektar erreicht hat." Die Folge: Die Bauern sehen sich gezwungen, immer neue Waldflächen für den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Mais oder Bohnen zu roden.

Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, arbeiten die Wissenschaftler im Sonderforschungsbereich an vier zentralen Fragestellungen. Im Projektbereich "Soziale und ökonomische Dynamik" untersuchen sie die kulturgeographische und sozio-ökonomische Entwicklung der Region und die Situation der Menschen in ländlichen Haushalten. Das Projektgebiet umfasst 119 Dörfer mit rund 24.000 Haushalten. Bereich zwei befasst sich mit dem "Wasser- und Naehrstoffumsatz" in der Waldrandzone. Wie sich das Artenspektrum, die Tier- und Pflanzenpopulationen und deren Wechselwirkungen im Ökosystem bei Eingriffen durch Landnutzung entwickeln, steht im Mittelpunkt des dritten Bereichs "Biodiversität". Der vierte Projektbereich trägt den Titel "Landnutzungsmodellierung". Hier beschäftigten sich die Wissenschaftler mit der integrativen Modellierung der Landnutzungsentwicklung und der Szenarienentwicklung zu den ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen, die in den untersuchten Randgebieten ablaufen und diese dauerhaft verändern. Prof. Dr. Manfred Zeller, der seit Juli dieses Jahres Sprecher des Sonderforschungsbereiches ist: "Unsere Forschungsergebnisse werden nicht direkt in Entwicklungsprogramme umgesetzt. Sie sind aber für die staatliche Regionalplanung und die entwicklungsorientierten Organisationen von erheblicher Bedeutung, die in den Waldrandgebieten tätig sind und dort komplexe Probleme im Schnittfeld von Ökonomie, Ökologie, und sozialer Gerechtigkeit zu lösen haben, ohne jedoch über entsprechende wissenschaftlich basierte Informationen und Mittel für eine eingehende Analyse der Region zu verfügen."

Koordiniert werden die Forschungsarbeiten im Tropenzentrum der Universität Göttingen, das über langjährige Erfahrungen mit internationalen Kooperationen verfügt und enge Beziehungen zu Indonesien aufgebaut hat. Kooperationspartner vor Ort sind Wissenschaftler der Universität Bogor auf der Insel Java, zu der bereits seit mehr als zehn Jahren über das Tropenzentrum intensive Lehr- und Forschungskontakte bestehen, Nachwuchsforscher der regionalen Hochschule Tadulako in Palu sowie Experten verschiedener außeruniversitärer agrar- und forstwissenschaftlicher Forschungseinrichtungen in Indonesien. Am SFB 552 ist außerdem die Universität Kassel beteiligt. Kennzeichnend für den Sonderforschungsbereich sind die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Gesellschafts- und Naturwissenschaftlern, die Einbindung lokaler Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen und die Einbeziehung der Bevölkerung im Projektgebiet. Nach Angaben von Prof. Zeller haben die Bewohner der Region die Möglichkeit, "einheimisches Wissen und lokale Prioritäten in allen Phasen des Forschungsprozesses einzubringen".

Eine Reihe wichtiger Forschungsergebnisse können die Wissenschaftler am Sonderforschungsbereich "Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien" bereits vorweisen, wie Prof. Gerold und Prof. Zeller am Beispiel der Wasserversorgung deutlich machen: In einem Dorf am Rand des Lore-Lindu-Nationalparks haben die Forscher die Verfügbarkeit und die Qualität des Wassers mit Blick auf bewaldete und gerodete Flächen untersucht, den Wasserverbrauch in verschiedenen Haushalten erfasst sowie Gründe und Formen der Landnutzung ermittelt. Die Ergebnisse dieser hydrologischen und sozio-ökonomischen Untersuchungen wurden in gemeinsamen Szenarien verknüpft, um die Auswirkungen der fortschreitenden Waldrodung abzuschätzen und Aussagen über die zukünftige Wasserverfügbarkeit und -qualität zu treffen. Die Szenarienmodellierungen werden lokalen Organisationen zur Verfügung gestellt, damit sie diese Erkenntnisse in ihre Umweltbildungsprogramme einfließen lassen. Prof. Gerold: "Wenn das Interesse der lokalen Bevölkerung an einer gesicherten Wasserversorgung zum Schutz des Regenwaldes beiträgt, können damit auch weitere Ziele wie etwa der Erhalt der biologischen Vielfalt besser erreicht werden." (pug) 

 

Barther erproben Energiekreislauf

Ostsee Zeitung, den 07.10.2003 

Arabische Wissenschaftler und Gäste aus Nordrhein-Westfalen inter-essierten sich für das Pilotprojekt der solaren Wasserstofferzeugung in der Barther Kläranlage. Dieses Gemeinschaftsprojekt wird von der Stadt, der Fachhochschule Stralsund, der Ostseebus GmbH und der Wasser- und Abwasser GmbH Boddenland getragen. Hans Köhler von der „Boddenland“ betont: „Wir müssen die Bio-Technologie nutzen.“ Mit Sonnenenergie und Wasserstoff konnte die Leistung der bestehenden Kläranlage wesentlich vergrößert werden, weil ein Energiekreislauf geschaffen wurde.

 

Geschichte des Trinkwassers

Hamburger Abendblatt, den 07.10.2003 

Die Bewohner der Siedlung Am Hagen in Ahrensburg haben in den Dreißigerjahren noch erlebt, was es heißt, ohne fließendes Trinkwasser und nur mit einer Pumpe auszukommen. Kaum jemand macht sich heute darüber Gedanken, dass Großstädte wie Hamburg oder Frankfurt noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihre Abwässer einfach in die Flüsse oder Gräben leiteten. Furchtbare Cholera-Epidemien waren die Folge.

Über die Entwicklung des Trinkwassers von der Historie bis zur Gegenwart informiert Conrad Leonhard von den Hamburger Wasserwerken bei einem Vortrag am Montag, 20. Oktober, um 14.30 Uhr im Restaurant Strehl am Reeshoop in Ahrensburg. Veranstalter ist der Landfrauenverein Ahrensburg und Umgebung. Eintritt: 3 Euro. Anmeldung bei Hildegard Siems (Telefon 04102/426 19) oder Anna Schostok (Telefon 04102/594 78). sch

 

BUND begrüßt Bundesverwaltungsgerichtsurteil:

Gesplittete Abwassergebühr muss jetzt eingeführt werden!

Bund, den 06.10.2003 

Düsseldorf, 06. 10. 2003 Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt entschieden, dass gegen das sogenannte "Abwasser-Gebühren-Splitting-Urteil" des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Az. 23B02.1937 ­ W 2 K 01.997) keine Revision zulässig ist (BVerwG 9 B 51.03). Damit wird das "Abwasser-Gebühren-Splitting-Urteil" rechtskräftig. Die fränkische Gemeinde Untermerzbach muss nun in Zukunft eine gesplittete Abwassergebühr erheben, bei der als Berechnungsgrundlage nicht nur der Trinkwasserverbrauch, sondern auch die Größe der versiegelten Fläche mit Kanalanschluss dient. Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wertet dieses Urteil als richtungsweisenden Erfolg für die Förderung einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung. Bislang berechnen noch rund 50 % der Kommunen in NRW die Abwassergebühren allein anhand des Trinkwasserverbrauchs. Wer viel Trinkwasser verbraucht, zahlte auch hohe Abwassergebühren. Dabei spielt es keine Rolle, wie viel Niederschlagswasser zusätzlich noch von dem Grundstück in die Kanalisation eingeleitet wird, obwohl dies den Kommunen ebenfalls Kosten verursacht. BUND-Wasserexperte Willi Hennebrüder: „Benachteiligt von dieser Berechnungsmethode werden Familien mit Kindern, insbesondere dann, wenn sie in Mehrfamilienhäusern wohnen. Verbrauchermärkte mit großen Verkaufs- und Parkflächen dagegen profitieren von dieser Regelung, weil ihr Trinkwasserverbrauch in Bezug zur versiegelten Fläche relativ gering ist.“ Bei der gesplitteten Abwassergebühr dagegen werden die Kosten für die Schmutzwasserbeseitigung und die Niederschlagswasserbeseitigung getrennt berechnet: die Kosten für die Schmutzwasserbeseitigung nach dem Trinkwasserverbrauch und die Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung nach der versiegelten Fläche mit Kanalanschluss. Das Urteil des BayVGH stellt einzig und allein die Notwendigkeit der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auf den Kostenanteil der Niederschlagswasserbeseitigung ab. Ab einem Kostenanteil von 12 % sieht der BayVGH es als zwingend notwendig an, die gesplittete Abwassergebühr einzuführen. Damit entsteht ein Widerspruch zu Gerichtsurteilen in NRW, wo man die Berechnung nach dem alleinigen Maßstab Frischwasserverbrauch auch akzeptiert, wenn die Kommune eine gleichmäßige Bebauungsstruktur aufweist.

Willi Hennebrüder vom BUND Landesarbeitskreis Wasser dazu. „Die Auffassung der Gerichte in NRW ist völlig überholt, weil es keinen Zusammenhang zwischen dem Trinkwasserverbrauch und der versiegelten Fläche eines Hauses gibt. Allein die Tatsache, dass es rund 36 % Singlehaushalte gibt und diese bei Einfamilienhäusern (EFH) eine durchschnittliche Wohnfläche von 91,4 qm, bei Mehrfamilienhäusern (MFH) 58,7 qm beanspruchen, ein 4-Personenhaushalt dagegen je Person im EFH 33,7 qm und im MFH 22,9 qm macht deutlich, dass die Gebührenberechnung für die Niederschlagswasserbeseitigung nach Trinkwasserverbrauch Familien mit Kindern massiv benachteiligt. Um es noch deutlicher zu sagen, hier betreiben Kommunen eine kinderfeindliche Gebührenpolitik.“

Nach Auffassung des BUND fördert die gesplittete Abwassergebühr die Entsiegelung der Landschaft, denn Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung fallen nur an, wenn Regenwasser in das Kanalnetz eingeleitet wird, nicht aber, wenn es auf dem eigenen Grundstück aufgefangen wird oder versickert. Die gesplittete Abwassergebühr trägt damit auch zur Verminderung des Hochwasserrisikos bei. Der BUND erhofft sich von dem Urteil eine Signalwirkung. Hennebrüder: „Wir haben mit dem diesem Präzedenzfall gute Chancen, die gesplittete Abwassergebühr jetzt flächendeckend in Nordrhein-Westfalen zu erreichen. Hierfür sollten die Bürgerinnen und Bürger mit Widersprüchen gegen die eigenen Wasserabrechnungen vorgehen und damit Druck auf die Kommunen ausüben, auf breiter Front die ökologisch sinnvolle gesplittete Abwassergebühr einzuführen.“

Musterwiderspruch, eine Kopie des Gerichtsurteils sowie weitere Informationen zur gesplitteten Abwassergebühr können gegen Einsendung von 5,50 € in Briefmarken beim BUND Landesarbeitskreis Wasser, Liebigstr. 92a, 32657 Lemgo angefordert werden.

Für Rückfragen: Willi Hennebrüder, Tel.: 05261/970975, Email: hennebrueder@t-online.de

 

Abwasser darf wieder verwendet werden

Dresdener Neueste Nachrichten, den 06.10.2003 

Lüneburg/München - Verbraucher dürfen nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (OVG) Abwasser wieder verwenden. Die Bürger seien nicht verpflichtet, das auf ihren Grundstücken entstehende Abwasser unmittelbar in die öffentliche Abwasseranlage zu leiten (Az: 9 LC 540/02).

Dies berichtet das Nachrichtenmagazin «Focus». Um zu sparen, dürfen sie bereits benutztes Wasser etwa für die Toilettenspülung wieder verwenden. Damit verlor die Stadt Bad Gandersheim einen Rechtstreit.

 

Das Meer wird sauer

Der steigende Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre senkt den pH-Wert der See

Natur und Kosmos, den 02.10.2003 

Forscher des Lawrence Livermore National Laboratory haben nachgewiesen, dass die Meere langsam saurer werden. Ken Caldera und Michael Wickett warnen im Magazin Nature davor, dass die derzeit noch geringen Veränderungen des pH-Wertes eine ernste Bedrohung für marine Lebensformen darstellen können. Diese Veränderungen sind eine Reaktion auf die Zunahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Das bedeutet, dass die in den vergangenen Jahren begrüßte Kohlendioxid-Aufnahme der Meere nicht nur Vorteile haben wird.

Je mehr Öl oder Kohle verbrannt werden, desto mehr Kohlendioxid gelangt in die Luft. Der Großteil wird in den Meeren gelöst, wobei sich Kohlensäure bildet. Bleibt der Kohlendioxidausstoß gleich, kann laut BBC der pH-Wert um 0,77 sinken. Derzeit sind die Folgen einer derartigen Absenkung nicht vollständig vorhersagbar.

Die meisten Organismen leben nahe der Wasseroberfläche, wo die größten Veränderungen des pH-Wertes erwartet werden. Denkbar ist auch, dass Tiefsee-Lebensformen wesentlich empfindlicher auf derartige Veränderungen reagieren. Korallenriffe und andere Organismen, deren Skelette oder Gehäuse Kalziumkarbonat enthalten, könnten besonders betroffen sein. Für sie könnte es zunehmend schwieriger werden, diese Strukturen bei einem geringeren pH-Wert zu bilden. pte

 

Deutliche Niederlage für Bürgerinitiative

 Mehrheit der Kleingießhübler spricht sich in Umfrage für zentrale Kläranlage aus

 Sächsische Zeitung, den 01.10.2003 

Seit nun schon über zwei Jahren sucht Kleingießhübel nach der günstigsten Abwasser-Lösung für das Dorf. Eine Bürgerinitiative favorisiert etwa zehn einzelne Kleinkläranlagen. Die Gemeinde Reinhardtsdorf-Schöna setzt auf eine zentrale Entsorgung.

Seit Jahren entbrennt in Kleingießhübel der Streit darum, ob nun eine große oder etwa zehn kleine Kläranlagen günstiger wären.

Dass man nur das Beste für die Einwohner wolle, beteuert die Bürgerinitiative „Kleinkläranlagen“ (KKA) genauso wie die Kommune, die das Dorf zentral anschließen will. Für Reinhardtsdorf und Schöna ist das Thema inzwischen fast abgeschlossen. 97 Prozent der Haushalte sind am zentralen Netz des gemeindeeigenen Entsorgungsbetriebes.

Für Bürgermeister Arno Suddars (Freie Wähler) steht fest, dass bald auch Kleingießhübel zentral entsorgt wird. Er sieht „keine Gründe, von unserem Abwasserbeseitigungskonzept abzuweichen“. Das sei die kostengünstigste und vor allem auch juristisch sauberste Variante für Kommune und Bürger.

Dieser Meinung hat sich jetzt die Mehrheit in Kleingießhübel angeschlossen. Das ergab eine Umfrage der Bürgerinitiative im Ort. Hintergrund: Um ihr Konzept für Kleinanlagen voranzutreiben, brauchte sie ein aussagefähiges Gutachten. Denn die Bürger wollen wissen, was an Kosten auf sie zukäme. Da hatte die KKA bisher nur Schätzungen. Doch ein Gutachten wird teuer. Das sollten die Einwohner nach erfolgreicher Umfrage dann mit bezahlen. Die Gemeinde verspricht einen konstanten Beitragssatz von 2,81 Euro pro Quadratmeter Nutzungsfläche und eine Gebühr von 3,18 Euro pro Kubikmeter Abwasser. Die meisten Bürger haben sich für die Varinate der Gemeinde entschieden, gesteht Sieghardt Glaser von der Bürgerinitiative ein. Das ist eine klare Niederlage. Trotzdem wolle er noch nicht aufgeben.

Das darf verwundern. Immerhin ist seine Ortsgruppe ein Ableger des Verbandes für Bürgerinteressen (VBI). Und der hat bekanntermaßen in Pirna die „große“ Lösung mit durchgepeitscht, die Abwässer der Stadt nach Dresden zu pumpen, statt eine eigene Anlage zu bauen.

Manfred Elsner kann Reinhardtsdorf-Schöna nur raten, für Kleingießhübel eine zentrale Lösung umzusetzen. Der Bürgermeister von Hohwald hat in den vergangenen Jahren seine Erfahrungen mit Kleinanlagen gemacht. Allerdings, weil die zentrale Entsorgung noch im Bau war und Wohngebiete dringend entsorgt werden mussten. „Die Kosten für Anschaffung und Anschlüsse klingen anfangs verlockend“, weiß Elsner. Doch der Betrieb kleiner Anlagen, egal ob als Container oder feste Bauwerke, werde durch die Wartung, Kontrolle und Schlammentsorgung so teuer, „dass sie die Kosten irgendwann nicht mehr vertreten können“.

Und da habe er noch gar nicht mit beachtet, dass es sich ja um gemeindeeigene Anlagen handelte, bei denen nicht noch Eigentumsprobleme zu klären waren. Ganz zu schweigen von späteren Kosten für Reparaturen oder ähnliches. Hohwald jedenfalls trenne sich möglichst schnell von den kleinen Anlagen oder hat es schon getan.

Dass die erst gar nicht gebaut werden, hofft Henri Krätzel aus Kleingießhübel. „Die Bürgerinitiative blockiert doch bloß, dass es endlich los geht. Die Gemeinde muss nun mal ein Machtwort sprechen.“ Von Heidi Körner.

 
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